Wikinger der Liebe
hingen unzählige blank polierte Metallstücke, die den Flammenschein widerspiegelten und den Eindruck erweckten, die Gestalten würden sich inmitten winziger Sonnen bewegen. Die Burschen hielten Stöcke in der Hand, die sie rhythmisch aufeinander schlugen, der uralte Tanz schien ihnen im Blut zu liegen.
Entzückt schaute Krysta zu. Da sie selbst leidenschaftlich gern tanzte, beobachtete sie endlich ein vertrautes Ereignis. Ähnliche Tänze hatte sie auch in Vestfold gesehen.
Hawk beobachtete ihre strahlenden Augen, die glühenden Wangen, und er freute sich, weil ihre düstere Stimmung offensichtlich verflogen war. Aber was sie so bedrückt hatte, wusste er noch immer nicht. Er wollte alle Schwierigkeiten meistern. Jetzt hatten sie lange genug nur versucht, einander kennen zu lernen. Das würde er ihr klar machen, aber nicht inmitten der ausgelassenen Leute, sondern unter vier Augen, in einem kostbaren privaten Moment.
Lächelnd betrachtete er das Meer und sehnte den nächsten Tag herbei.
10
Bevor Krysta die letzten Stufen zur Halle hinabstieg, schaute sie sich vorsichtig um. Glücklicherweise ließen sich weder Daria noch Vater Elbert blicken. Nachdem die Furcht erregende Lady gezwungenermaßen das Spektakel des Erntedankfests ertragen hatte, wenn auch nur aus der sicheren Entfernung ihres Zimmers, war sie zweifellos schlechter gelaunt denn je. Mit aller Macht würde sie versuchen, ihre einstige Position zurückzuerobern. Und in diesem Kampf würde die künftige Schwägerin die wichtigste Zielscheibe darstellen. Deshalb wollte sich Krysta möglichst unsichtbar machen. Während sie darüber nachdachte und einen Apfel verspeiste, kam Hawk in die Halle. »Ah, da bist du ja, meine Liebe. Ich suche dich schon die ganze Zeit. Hast du gut geschlafen?«
Das würde sie nicht mit ihm erörtern. Nach dem Fest - und reichlichem Ale- und Honigweingenuss - waren viele Paare Hand in Hand in der Finsternis verschwunden, sogar der ehrenwerte Edvard und Aelfgyth. Obwohl Krysta das kleinliche Gefühl des Neides verabscheute, konnte sie sich nicht davon befreien. Diesem Kummer verdankte sie eine rastlose Nacht.
»Warum hast du mich gesucht?«, wich sie der Frage aus.
»Ich dachte, vielleicht möchtest du segeln.«
»Segeln? Mit dir?«
»Niemals würde ich dir vorschlagen, allein aufs Meer hinausfahren«, erwiderte er, einen sanften Tadel in der Stimme.
»Nein, natürlich nicht...« Verwirrt rang sie nach Atem und nahm einen neuen Anlauf, trotz ihrer rasenden Herzschläge. »O ja, ich würde sehr gern segeln, und ich weiß deine Einladung zu schätzen.«
Amüsiert über ihre förmliche Antwort grinste er. »Dann beeilen wir uns, ehe wir von unzähligen wohlmeinenden Leuten bestürmt werden, die uns mit unaufschiebbaren Angelegenheiten behelligen.«
Uns... Alle trüben Gedanken verflogen, und sie ergriff lachend die Hand, die er ihr reichte. Durch menschenleere Hintergassen erreichten sie den Kai und das Boot. Hawk half ihr an Bord, löste die Vertäuung und sprang ins Heck. Zwischen Fässern voller Salzheringe schlich eine Katze umher und beobachtete, wie der Kutter ablegte.
Hawk hisste das Segel, das sich sofort im Wind blähte. Eine Hand am Ruder, steuerte er das Boot in schneller Fahrt über die Wellen, in eine der geschützten Buchten.
Während Krysta neben ihm im Bug saß, sog sie die frische Meeresluft tief in ihre Lungen und hob das Gesicht zur Sonne empor. Viel zu lange hatte sie solche Freuden entbehrt und schmerzlich vermisst. Mit jeder Sekunde rückte der Kummer in weitere Ferne. Entzückt sah sie die weißgoldene Kurve des Strandes vorbeigleiten. »Vom Pferderücken aus betrachtet, ist dein Land traumhaft schön, H awk. Aber wenn ich’s aus diesem Blickwinkel bewundere, gefällt’s mir noch besser.«
»Also ziehst du eine Bootsfahrt einem Morgenritt vor?«, fragte er lächelnd.
»Darauf kannst du wetten.«
»Willst du das Ruder übernehmen?« Der Tag war klar, die Brise mild. Deshalb hegte Hawk keine Bedenken.
Erstaunt wandte sie sich zu ihm. »Das würdest du mir erlauben?«
»Solange das Boot nicht kentert. Lass dir zeigen, wie...«
Bevor er zu Ende sprechen konnte, ergriff Krysta das Ruder. Ohne Zögern drehte sie den Kutter, so dass der Wind direkt von achtern heranwehte. Das Boot schien vorwärts zu springen. Zu Hawks Verblüffung kreuzte sie geschickt mit Backbordbug, quer zur Windrichtung. Dadurch drosselte sie das Tempo.
»Oh, du verstehst was vom Segeln«, murmelte er leicht
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