Wikinger meiner Traeume - Roman
letzten Stunde getroffen, überraschte ihn nicht. Oft genug entstanden solche Pläne im Hintergrund seines Bewusstseins. Dass eine schöne Angelsächsin in seiner Gesellschaft Aufsehen erregen würde, störte ihn nicht im Mindesten. Er war bereit, seine Pflicht zu erfüllen. Wenn das irgendjemandem missfiel – zu schade...
Nachdem er seinen Entschluss gefasst hatte, ging er frohen Mutes weiter. Für einen Mann, der wenige Stunden zuvor einen qualvollen Angriff auf edle Körperteile erlitten hatte, war er erstaunlich gut gelaunt. In einer so heiteren Stimmung hatte er sich nicht mehr befunden, seit ihm vor einigen Monaten klar geworden war, dass er seinem Schicksal nicht entrinnen konnte. Daran hatte sich im Grunde nichts geändert. Trotzdem fühlte er sich jetzt viel besser. Seltsam – so viele schöne, sanftmütige, fügsame Frauen hatte er gekannt. Warum ihn ausgerechnet diese kampflustige, rothaarige kleine Hexe aufheiterte, verstand er nicht. Vielleicht, weil er Herausforderungen liebte.
Aber sie war verletzt, und seine Ehre gebot ihm, bis zu ihrer Genesung alles andere zu vergessen. Erleichtert atmete Dragon auf, als er hinter einem Kiefernwäldchen das Dach der Hütte erblickte.
In der Nähe des kleinen, strohgedeckten Holzhauses stand ein Stall. Bevor seine Begleiter nach Hawkforte weitergeritten waren, hatten sie seine Pferde weisungsgemäß hierher gebracht, gefüttert und ihnen zu trinken gegeben, denn Dragon erfüllte solche Aufgaben nur widerwillig.
Mit einer Schulter stieß er die Hüttentür auf und trat ein. Der Raum war sehr behaglich eingerichtet. In der Mitte, direkt unter dem Rauchabzug, stand ein großes eisernes Kohlenbecken,
in dem bereits ein schwaches Feuer entfacht worden war. Nahe dem Herd, an der Wand, lagen eine Daunenmatratze, feine Wolldecken und ein üppiger Pelz auf der Schlafbank. Wenn das noch nicht genügte, um auf den Reichtum des Besitzers hinzuweisen, mussten die kostbaren Schilde und Banner an den Wänden sogar ein schlecht geschultes Auge überzeugen.
Ein kunstvoll geschnitzter Tisch mit passenden Stühlen und einige Truhen vervollständigten die Einrichtung. Da Dragon schon mehrmals hier gewohnt hatte, kannte er den Schuppen hinter dem Haus, in dem einige Vorräte verwahrt wurden, und die Sauna, die in einen nahen Berghang gegraben war. Hawk hatte die Hütte als Geschenk für seine geliebte Frau bauen lassen, Lady Krysta. Wenn die beiden ihren Pflichten entrinnen wollten, zogen sie sich mit ihrem kleinen Sohn in dieses gemütliche Domizil zurück und genossen für ein paar Tage ihr Familienleben. Großzügig stellten sie es ihren Freunden zur Verfügung, Dragon eingeschlossen.
Vorsichtig legte er die junge Frau auf die Schlafbank. Sie bewegte sich kaum. Nach kurzem Zögern zog er ihr die Sandalen aus. Die übrige Kleidung rührte er nicht an, denn sie war ohnehin schon scheu genug. Behutsam entfernte er den Kopfverband und stellte beruhigt fest, dass die Wunde zu heilen begann. Er deckte das Mädchen zu, dann sah er nach den Pferden.
Wie er es erwartet hatte, waren sie von seiner Eskorte versorgt worden. Unbehaglich musterte er die beiden Füchse mit dem silbrig schimmernden Fell. Sie waren Brüder, im Abstand eines Jahres von derselben Stute geboren. Ohne zu ermüden, konnten die großen Biester stundenlang galoppieren und sich danach kampflustig auf ein Schlachtfeld stürzen. Oder sie tobten übermütig wie Fohlen umher. War Dragon dumm genug, mit Äpfeln in ihre Nähe zu kommen, ließen sie ihm keine Ruhe, bis er sie gefüttert und die samtigen
Nüstern gestreichelt und versichert hatte, sie seien wundervoll.
Er verabscheute sie. Nein, dieser Gedanke war übertrieben – es störte ihn, dass er sie manchmal brauchte. Das durfte er den Tieren nicht verübeln. Er hasste es zu reiten. Aber daran trugen sie keine Schuld. Niemals würde er sich auf dem Rücken eines Pferdes heimisch fühlen – ganz egal, wie lange er grimmig und beharrlich im Sattel sitzen mochte. Nicht, dass irgendjemand sein Geheimnis kannte. Er ritt so gewandt und geschmeidig, wie er alles tat. Doch darauf war er nicht stolz. Die Götter hatten ihn ungewöhnlich groß und stark geschaffen. Dafür dankte er ihnen – aber ganz sicher nicht, wenn er diese Vorzüge bei seiner Reitkunst anwandte. Wann immer es möglich war, spürte er lieber festen Boden unter den Füßen. Die brachten ihn zu jedem Ziel, das er ansteuerte, und mussten nicht gefüttert werden.
Natürlich ahnten die Pferde, diese dummen
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