Wikinger meiner Traeume - Roman
Tiere, nichts von seinen Gefühlen. Sie glaubten, er würde sie mögen – was vermutlich erklärte, warum sie sich jedes Mal freuten, ihn wieder zu sehen. Auch jetzt stießen sie ihn an, kämpften um seine Aufmerksamkeit und machten sich zu geifernden Narren. Das ertrug er, bis er die Geduld verlor, und vergewisserte sich, dass sie alles hatten, was sie brauchten. Danach kehrte er in die Hütte zurück.
Die junge Frau schlief immer noch. So bleich und erschöpft, wie sie aussah, würde sie wahrscheinlich erst in ein paar Stunden erwachen. Dragon nahm einen Bogen von einem Wandhaken und einige Pfeile aus einem Köcher, dann ging er hinaus, um Hasen zu jagen.
Als sich die Sonne dem Horizont näherte, erwachte Rycca. Wohlig seufzte sie und drehte sich auf die Seite. Welch ein Luxus, in einem bequemen Bett zu liegen! Wann sie sich das letzte Mal so entspannt gefühlt hatte, wusste sie nicht
mehr. Sicher nicht zu Hause, denn von dort war sie geflohen...
Abrupt öffnete sie die Augen und schaute sich um. Er ließ sich nirgends blicken. Dafür war sie dankbar. Und sie empfand seltsamerweise keine Angst. Die Kopfschmerzen hatten nachgelassen. Aber sämtliche Knochen taten ihr weh. Offenbar spürte sie erst jetzt alle Nachwirkungen ihres Sturzes vom Klippenrand.
Das musste die Hütte sein, die er erwähnt hatte. Erstaunt musterte sie die verschwenderische Einrichtung und zupfte an der weichen Wolldecke, die ihren Körper wärmte. Vor dem Feuer stand ein Tisch mit wuchtigen, spiralförmig geschnitzten Beinen. Die beiden Stühle mit den hohen Lehnen erschreckten sie ein wenig. Solche Möbel hatte sie zuvor nur in ihrem Zuhause gesehen – den Stuhl ihres Vaters und den anderen, der für Ehrengäste bestimmt war. Aber nicht einmal er besaß so schöne, mit bunten Blumen bestickte Kissen, die hier die Sitzflächen zierten und für besonderen Komfort sorgten.
Langsam stand sie auf, schlüpfte in ihre Sandalen, die sie neben dem Bett fand, und wanderte umher. An den Fenstern hingen Ochsenhäute – hochgerollt, um Licht und Luft einzulassen. Darunter standen kunstvoll geschnitzte Truhen. Rycca hob einen Deckel. Zu ihrer Verblüffung wehten ihr die Düfte von Geißblatt entgegen. Sie beugte sich tiefer hinab und entdeckte ein Tablett. Darauf lagen...
Seifenstücke? Tatsächlich – runde Seifen, die nicht nach Tierfett und Lauge rochen. Überrascht ergriff sie eine, schnupperte daran und fühlte sich auf eine sommerliche Wiese versetzt.
Als hätte sie ihre Finger verbrannt, ließ sie die Seife fallen und schloss die Truhe. Doch das hinderte sie nicht daran, weitere Einzelheiten der Ausstattung zu betrachten – all die kleinen Dinge, die auf eine Bewohnerin hinwiesen. An den
Deckenbalken hingen getrocknete Blumensträuße, Schnüre mit Quasten hielten die bestickten Vorhänge zu beiden Seiten der Schlafbank zusammen. Die eisernen Wandhalter waren nicht für Fackeln vorgesehen, die qualmen würden, sondern für kostbare Kerzen.
Keine einfache Frau, sondern eine Lady, die sich offenbar in der Nähe aufhielt, denn die Truhen waren unverschlossen...
Plötzlich wurde Rycca ihr schmutziges Gesicht bewusst, die formlose Kleidung, die Kopfverletzung. Sie biss in ihre Lippen.
Vorerst konnte sie nichts dagegen unternehmen. Und so straffte sie die Schultern und öffnete die Tür.
Ein frischer Wind bewegte die Wipfel der Bäume. Zögernd trat sie hinaus und spähte nach allen Seiten. Nichts regte sich, nichts ließ erkennen, wo die Lady sein mochte.
Aber sie hörte ein leises Wiehern, das aus einem Stall drang, und ging darauf zu. Noch bevor sie ihn erreichte, erschien ein rotbrauner Pferdekopf im Fenster, und sie starrte in das wunderbarste braune Augenpaar, das sie je gesehen hatte. Entzückt seufzte sie, als ein zweiter Kopf auftauchte. Was für bildschöne Füchse... Ohne lange zu überlegen, eilte sie in den Stall, und die beiden begrüßten sie mit fröhlichem Schnauben.
»Oh, wie zauberhaft ihr seid!«, gurrte sie. Hingerissen musterte sie die anmutigen und doch kraftvollen Geschöpfe. Sie liebte Pferde. Schon in ihrer frühen Kindheit war sie zum ersten Mal auf eines dieser Tiere geklettert, als niemand zugeschaut hatte. Dass es ein Schlachtross gewesen war, nur von einem starken Mann zu bändigen, hatte keine Rolle gespielt. Auf einem Pferderücken fühlte sie sich sicher und geborgen, beschützt von der Welt ringsum, eins mit dem Wind, der ihren Galopp begleitete. Nicht einmal der Himmel konnte ihr ein größeres
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