Wikinger meiner Traeume - Roman
bedrückte ihn. »Sie dachte nur an ihr eigenes Wohl«, fügte er bedauernd hinzu.
Was er damit ausdrücken wollte, verstand Hawk nur zu gut. Jahrelang hatten sie für eine bessere Zukunft gekämpft. Nun galt es, den Frieden zu sichern. Diesem Ziel musste man sich bedingungslos unterordnen, ohne Rücksicht auf persönliche Wünsche, Bedürfnisse oder sogar Ängste. Hawk hatte ebenfalls aus diesen politischen Gründen einer Heirat zugestimmt, den Widerstand seiner Instinkte missachtet-und das Glück seines Lebens gefunden. Manchmal ging das Schicksal seltsame Wege. »Ich dachte, sie würde zu dir passen, Dragon. Immerhin ist sie sehr schön. Und die Leute in Wolscroft wussten nur das Allerbeste über sie zu sagen.«
Plötzlich kehrte eine Erinnerung zurück, und Dragon schnitt eine Grimasse. »Ach ja, du hast die Leute schon immer mühelos zum Reden gebracht.«
Verlegen nickte Hawk. Vor einiger Zeit hatte er Wolfs Hakonsons Festung Sciringesheal in Vestfold aufgesucht, um
herauszufinden, ob seine entführte Schwester eine Sklavin in grausamer Gefangenschaft oder eine bereitwillige, zufriedene Ehefrau gewesen war. Deshalb schickte er seine Männer in die Straßen der Stadt, wo sie sich umhören sollten. Aus ihren widersprüchlichen Berichten hatte er völlig falsche Schlüsse gezogen. »Vielleicht bin ich kein besonders guter Zuhörer«, meinte er reumütig.
»Mach dir keine Vorwürfe. Du hast getan, was dir richtig erschien. Das weiß ich zu schätzen.«
Hawk schwieg eine Weile. In seinen Sessel zurückgelehnt, betrachtete er das Ale-Horn, das er hin und her drehte. Aber er nahm keinen Schluck. Schließlich betonte er: »Du musst sie nicht heiraten.«
»Was?« Dragon zuckte zusammen, als hätte Hawk ihn geschlagen.
»Wolf, du und ich – wir alle sahen in der Ehe ein Mittel zum Zweck, das Bündnis zwischen den Norwegern und den Angelsachsen zu festigen. Trotzdem sind Wolf und ich sehr glücklich geworden. Und ich will mir nicht vorstellen, dir würde es anders ergehen.«
»Dachtest du nicht, die Liebe wäre so selten wie Hühnerzähne? Zumindest hoffst du, ich könnte der Dritte im Bunde werden?«
Seufzend zuckte Hawk die Achseln. »Als ich erkannte, wie innig sich Wolf und Cymbra lieben, glaubte ich, das wäre etwas ganz Besonderes – ein einzigartiges Himmelsgeschenk. Natürlich freute ich mich für meine Schwester, aber ich nahm nicht an, dieses Los wäre auch mir beschieden. Bis ich Krysta kennen lernte.«
»Anfangs hat sie dich verwirrt und erzürnt«, wandte Dragon lächelnd ein. Um jene Zeit hatte er Hawkforte besucht, und er erinnerte sich deutlich an die Spannungen zwischen den beiden, die jetzt eine so wundervolle Ehe führten.
»Nun ja, das stimmt – aber diese Schwierigkeiten habe ich bald überwunden. Jedenfalls – was ich vorhin sagte, war ernst gemeint. Du musst Lady Rycca of Wolscroft nicht heiraten. Indem sie davonrannte, brach sie den Ehevertrag. Niemand wird es dir verübeln, wenn du die Verlobung löst.«
»Obwohl ich mit ihr geschlafen habe?«
»Das war ihre Entscheidung – und ihr Fehler. Sicher werden wir eine andere Braut für dich finden – vielleicht keine so schöne, aber ein sanftmütiges, berechenbares Mädchen.«
»Eine fügsame kleine Frau, die mir die Füße warm reibt?«
»Was?«
Dragon verdrehte die Augen. »Vor einiger Zeit erklärte ich meinem Bruder, so würde ich mir meine künftige Gemahlin vorstellen. Da meinte er, ich würde mich zu Tode langweilen, noch ehe der Brautstrauß verwelkt.«
Vergeblich versuchte Hawk, ein Grinsen zu unterdrücken. Dann nahm sein Gesicht wieder ernste Züge an. »Ich weiß aus eigener Erfahrung, was eine Ehe bedeutet, die auf wahrer Liebe beruht. Und ich wäre ein schlechter Freund, wenn ich dich zu einer Heirat ermutigte, die von Misstrauen und Bitterkeit überschattet wird.«
»Trotz allem...«, begann Dragon langsam. »Ich werde mein Eheversprechen halten. Inzwischen ist es eine Frage der Ehre.«
»Leider ist die Ehre eine kalte Bettgenossin.«
Dragon wollte erwidern, Rycca sei keineswegs gefühlskalt. Aber er besann sich eines Besseren. An die Ereignisse jener Nacht wollte er nicht denken – es war immer noch zu schmerzlich. Dass sie ihn danach verlassen hatte, bereitete ihm Seelenqualen, die er niemals für möglich gehalten hätte. Ebenso die Erkenntnis, wie entschlossen sie ihn abgelehnt hatte, noch bevor sie einander begegnet waren...
Nein, darüber wollte er nicht grübeln. Und so konzentrierte er seine
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