Wikinger meiner Träume
Schulter. »Ich suche ein Nachthemd.«
Eigentlich erwartete sie, er würde protestieren. Stattdessen überraschte er sie wieder einmal. »Zieh das grüne an.«
Sie wollte es aus einer der Truhen nehmen. Dann hielt sie inne und betrachtete ihn. Völlig unbefangen lag er auf der Seite, nicht im Mindesten beeindruckt von der intimen Atmosphäre, die sie verlegen, aber auch seltsam zufrieden stimmte.
Hastig ergriff sie das Nachthemd und schlüpfte hinein. Dragon verbarg ein Lächeln. Wahrscheinlich wusste sie nicht, welchen Anblick sie bot, von einem hauchdünnen Stoff umhüllt, der dem Schaum auf Meereswellen glich, schimmernd im schwachen Sternenschein, der durch die Ritzen der Fensterläden drang. Das wollte er ihr nicht verraten, denn sie war schon nervös genug. Wortlos richtete er sich auf und streckte ihr eine Hand entgegen.
Rycca zögerte. Da er schwieg und einfach nur wartete, wurde sie schließlich schwach. Könnte sie doch irgendetwas an ihm entdecken, dass ihr missfiel... Dann würde sie sich gegen das tückische - und so köstliche Verlangen wehren, das er immer wieder in ihr entzündete. Zudem war sein vollkommener Körper nur das Gefäß eines wahrhaft edlen Geistes. Wie sollte sie nicht in seinen verlockenden Bann geraten -und sich nicht in die zweifellos sehr lange Reihe schmachtender Frauen einordnen, die seine Aufmerksamkeit ersehnten?
Voller Abscheu erschauerte sie.
»Rycca... ?«
»Mir ist nur kalt.«
Da stand er auf, legte einen Arm um ihre Schultern und führte sie zum Bett zurück. Mit einem kostbaren Pelz deckte er sie zu, bevor er den Weinkrug holte. »Ist dir jetzt wärmer?«, fragte er und kroch neben ihr unter die Felldecke.
An ihren Mann gekuschelt, fühlte sie sich so umsorgt und beschützt wie noch nie in ihrem Leben. Tief bewegt, brachte sie kein Wort hervor und nickte nur. Etwas später schloss sie die Augen, ermattet vom Wein und allem, was in dieser Nacht geschehen war.
Dass Dragon den Kelch aus ihrer Hand nahm, merkte sie kaum. »Ich will nicht schlafen«, flüsterte sie.
»Und was willst du?« Im Halbdunkel klang seine Stimme wie eine Liebkosung.
»Einfach nur hier liegen...«
Da er ein Mann war, glaubte sie, er würde widersprechen und viel mehr fordern. Stattdessen küsste er ihre Schulter und drückte ihren Rücken an seine Brust, sein Arm umfing ihre Taille, seine Finger berührten ihren Bauch.
Wohlig seufzte sie. Ihre Glieder fühlten sich schwerelos an. Durch die dünne Seide ihres Nachthemds spürte sie Dragons wachsende Erregung. Trotzdem unternahm er nichts, sagte nichts, hielt sie nur fest.
»Verlierst du niemals deine Selbstbeherrschung?«, fragte sie neugierig.
Ehe er antwortete, verstrichen mehrere Sekunden. »Das ist schon lange nicht mehr geschehen.«
»Willst du's?« Die Frage überraschte sie, und sie wusste nicht, wieso sie darauf kam.
Dragon wunderte sich wahrscheinlich genauso. Trotzdem erwiderte er: »Selbstkontrolle ist sehr wichtig. Vor allem auf dem Schachtfeld, wo sie oft den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeutet. Aber auch in anderen Situationen hängt vieles davon ab.«
»So wie damals, als du deine Wunde genäht hast?«
»Ja. Ohne Selbstbeherrschung wäre ich nicht am Leben geblieben.«
»Und wie war's in deiner Kindheit?«
»Da hatte ich Glück, weil Wolf mich stets beschützte.«
Leise raschelte die Seide ihres Nachthemds, als sie sich in seinen Armen zu ihm drehte. Mit sanften Fingern streichelte sie sein markantes Kinn. »Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.«
»Die verstehe ich nicht. Warum sollte ich mir wünschen, die Kontrolle zu verlieren?«
»Vielleicht merkst du, dass du sie nicht immer brauchst. Du vertraust deinem Bruder und weißt, du kannst dich stets auf ihn verlassen. Hast du jemals einem anderen Menschen so rückhaltlos vertraut?«
»Nein«, erwiderte er prompt.
Ryccas Beine schlangen sich um seine, ihre Zehen zeichneten die Muskeln seiner Waden nach. »Möchtest du auch jemand anderem dein Vertrauen schenken?«
»Musst du das wirklich fragen?« Dragon lachte leise. »Verzeih mir, dass ich kein Blatt vor den Mund nehme, meine Süße - aber ist es nicht offensichtlich?«
Allerdings. Doch sie ließ sich nicht beirren und beschloss, ihre Kühnheit zu nutzen, bevor der Mut sie verlassen würde. »Tu mir den Gefallen«, murmelte sie an seiner Brust, »verrat mir deine Wunschträume.«
»Versuchst du herauszufinden, ob ich dir gern vertrauen würde? Ja, natürlich. Aber wie du zugeben musst, war der
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