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Wikingerfeuer

Wikingerfeuer

Titel: Wikingerfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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bist aber auch ein Dummkopf. Ein ziemlich abenteuerlustiger Dummkopf. Aber eigentlich finde ich es ganz schön, dass du da bist.«
    In der Dunkelheit des Lagerraums, der ihnen wieder als Rückzugsort diente, verdrehte sie die Augen. Gleich würde sie noch zugeben, dass sie ihn ganz fürchterlich vermisst hatte! Dabei war er doch manchmal ein recht lästiges Gewächs. Sie räusperte sich, um ihrer Stimme Autorität zu verleihen. »Das hier ist nicht irgendeine Wikingfahrt. Auf dieser Fahrt ist ein … Junge nun einmal fehl am Platz.«
    Er hatte die Pause in ihrem Satz bemerkt. »Was für ein Junge?«
    »Ein kränkelnder«, gab sie zu. »Du hustest wieder wie zuvor. Rouwens italienische Arznei scheint wohl doch kein Wundermittel zu sein.«
    Trotzig zog er die Nase hoch. »In Yotur huste ich auch. Wo ist da der Unterschied, ob ich hier bin oder dort?«
    »Jetzt sei nicht so altklug! Du weißt genau, wo der Unterschied liegt. Diese Reise wird gefährlicher als die üblichen. Und wende nicht ein, dass wir bei meiner Wikingfahrt ja auch Einheimische überfallen hätten.«
    »Genau das hätte ich jetzt gesagt.«
    Seine Stimme war noch heiser von den unterdrückten Tränen; trotzdem konnte sie hören, dass er mit einem Auflachen kämpfte. Gleichzeitig stießen sie sich an und kicherten.
    Manchmal vergaß er, dass er in einem Alter war, in dem sich ein Junge stets so erwachsen wie möglich gab. So auch jetzt – er kuschelte sich an sie.
    »Rouwen meinte einmal, es wäre gut für mich, die Hjaltland-Inseln zu verlassen. Eine Zeit lang dort zu sein, wo es wärmer ist. Damit mein Husten mal ausheilt. Am besten weit im Süden, wo man so braune Haut kriegt wie er. Wenn ich in den Kreis der Männer aufgenommen werde, segele ich da vielleicht hin. Du wirst ja eines Tages über Yotur herrschen und nicht etwa ich. Da macht es dann ja nichts, wenn ich ein Jahr oder länger weg bin.«
    »Ärgert es dich, dass Vater mir eher zutraut, über Yotur zu herrschen?«
    »Nein. Ich hab gar keine Lust, Häuptling zu sein. Rouwen meinte, in Italien und Frankreich gäbe es Schulen, die Medizin lehren. Man nennt sie Universitäten. Da würde ich lieber hin.«
    »Was Rouwen so alles meint!«, stichelte sie. »Hat er dir auch gesagt, dass man dazu Christ sein muss?«
    Sie spürte, dass sein Kopf hochruckte. »Nein! Hat er dir das gesagt?«
    »Pah, mit mir redet er nicht über solche Dinge. Ich vermute es einfach.«
    Sie dachte an das, was sie zu ihrem Vater gesagt hatte: Diese Augen haben schon mehr gesehen als nur eine Klingenspitze. Und jetzt fügte sie für sich hinzu: Und er kennt die Welt. Man könnte ihn darum beneiden .
    »Wenn es wirklich so ist, wird mir schon etwas einfallen«, murmelte Arien. »Dann erobere ich so eine Universität …«
    Sanft drückte sie seinen Kopf wieder an ihre Schulter. »Ja, unternimm du nur deine eigenen lehrreichen Fahrten, Arien Adlerjunges. Ich werde dich vermissen.«
    Angenehmes Schweigen setzte ein. Dicht über ihren Köpfen knarrten die Planken von Baldvins Schritten. Zwei Tage würde es noch dauern, bis sie ihr Ziel erreichten, hatte ihr Vater gesagt. War es jener Ort, wo sich das Benediktinerkloster befand, zu dem der verfluchte Mönch gehörte? Übermorgen schon , dachte sie. Freya, steh uns bei .
    Sie landeten in der Abenddämmerung an einem verborgenen Küstenabschnitt, dem Algen und Schlamm ein trostloses Aussehen verliehen. Eastfield-upon-Eye-Water lag nur eine Wegstunde weiter südlich. Aber da niemand freiwillig an einem so unwirtlichen Ort anlanden würde, wenn sich eine Stadt mit einem gut befestigten Hafen in der Nähe befand, und es auch keine Gehöfte oder befestigten Wege in der unmittelbaren Umgebung gab, waren sie vor Entdeckung sicher. Baldvin kannte die Gegend, und Rúna vertraute ihm. Dennoch unterließen sie es, Feuer zu machen. Die Männer errichteten Zelte. Andere kümmerten sich um das Schiff, das in hüfthohem Wasser vor Anker lag und notfalls innerhalb weniger Augenblicke flottgemacht werden konnte. Wieder andere behielten das Land im Auge.
    Viel gab es nicht zu sehen: Schilf, Gestrüpp, Morast und in einiger Entfernung die schwarze Wand eines Waldes. Aber immerhin, Wald! Auf Yotur gab es kaum etwas, das den Namen Baum verdiente, geschweige denn einen Wald. Rúnas Herz schlug vor Aufregung, als sie sich umblickte. Dann fiel ihr Blick auf Rouwen. Er war bei den sechs Männern, die den Mast aus dem Kielschwein hoben und niederlegten. Mit leiser, doch entschiedener Stimme gab Yngvarr

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