Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wikingerfeuer

Wikingerfeuer

Titel: Wikingerfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
Vom Netzwerk:
die Befehle.
    Täuschte sie sich, oder maßen sich die beiden Männer mit abschätzigen Blicken? Nein, eher war es Yngvarr, der Rouwen immer wieder herausfordernd anstarrte. Rouwen gab sich gelassen.
    Und er sah nicht ein einziges Mal zu ihr her.
    Sie stapfte zu dem Zelt, das für sie und Arien errichtet worden war, ignorierte Sverris und Hallvardrs ehrerbietiges Nicken, die sich postiert hatten, um Wache zu stehen, und verschwand im düsteren Innern.
    Männer! Vor allem dieser!
    » Ist was, Rúna?«, fragte Arien schläfrig.
    »Nichts«, antwortete sie kurz.
    »Glaubst du, Rouwen hält sich an seinen Schwur?«
    An alle! , dachte sie erbost. Dann atmete sie einmal tief durch. Arien hatte es nicht verdient, dass sie ihn anfuhr. »Ja. Mach dir keine Sorgen. Und jetzt schlaf.«
    Arien nickte und rollte sich auf die Seite. Sie hörte allerdings noch lange, wie er sich unruhig hin und her drehte. Es fiel ihm offensichtlich schwer einzuschlafen – in der ersten Nacht an einer feindlichen Küste.
    Ihr erging es nicht anders.

10.
    E astfield-upon-Eye-Water war eine verwinkelte, schmutzige und nasse Stadt. Rúnas Hirschlederstiefel schmatzten bei jedem Schritt über die lehmige Straße. Hier würde nicht einmal sie barfuß laufen. Eine große Stadt war es nicht – die Stadtmauer war niedrig und brüchig, und an ihrer Außenseite klebten Hütten wie Pilze an einem Baumstumpf. Beim ersten Versuch, den Mönch Oxnac an sich zu bringen, waren Baldvins Mannen damals einfach des Nachts auf die Dächer und von dort über die Mauer gesprungen. Beim zweiten Mal kurz darauf hatten sie ihre Waffen unter der Kleidung verborgen und waren durch das am Tage offene Stadttor spaziert. Auch Rúna fiel im Gewühl von Bauern und Händlern, die mit ihren Karren und Kiepen alles verstopften, nicht weiter auf.
    Sie trug über den Hosen ein Kleid, dessen Saum durch den Dreck schleifte. Wie kamen andere Frauen nur damit zurecht, sich mit so viel Stoff abzuplagen? Über dem Kleid verbarg ein schlichter dunkelbrauner Umhang ihre Gestalt; vor allem versteckte sie darunter aber den Gürtel mit dem Sarazenendolch und eine Geldkatze mit den unterschiedlichsten Münzen, die ihr Vater ihr gegeben hatte.
    Baldvin hatte Yngvarr und Rúna ausgewählt, sich in der Stadt umzuschauen, ob man einen Angriff der Wikinger fürchtete und sich gewappnet hatte. Viel lieber hätte Rúna Sverri oder Hallvardr als Begleiter mitgenommen – oder Rouwen. Doch es hätte ihr nicht gut zu Gesicht gestanden, vor allen Männern die Entscheidung des Häuptlings anzufechten. Also lief Yngvarr in einiger Entfernung hinter ihr. Auch er sah aus wie irgendein Bauer, wenn auch ein sehr kräftiger und wehrhafter, dem jeder auswich.
    Arien hätte es gefallen, sich diesen Ort anzusehen. Doch ihr Bruder hatte sich, erschöpft von drei weiteren Standpauken des Vaters, weil er sich aufs Schiff geschlichen hatte, ins Zelt zurückgezogen und ihr nicht einmal hinterhergewinkt. Hoffentlich fand sich hier irgendetwas Interessantes, das sie ihm mitbringen konnte. Vielleicht ein beschriebenes Stück Pergament? Ja, das würde ihm gefallen.
    Zu Zeiten des Danelags, des dänisch besiedelten Gebietes in England, hatte es viele Wikinger auf der Suche nach Land hierher verschlagen. So war hellblondes Haar überall zu sehen, und niemand achtete auf Rúna, als sie sich durch die Menge schob. In ihr Gesicht hatte sie ein wenig Erde geschmiert, um es unansehnlich zu machen. Aber es war ohnehin ein grauer Tag mit ständigem Nieselregen, sodass jeder den Blick senkte.
    Rúna spazierte hierhin und dorthin, kam durch Gassen und Straßen und gelangte auf einen Markt, der sich schier endlos hinzog. Sie hatte schon zuvor über die vielen Menschen gestaunt, aber das war kein Vergleich zu dem Gewimmel hier. Auf aufgebockten Brettern boten die Händler verschrumpeltes Wintergemüse und Fische an, die zum Himmel stanken. Frauen keiften mit den Marktleuten, Hunde balgten um Abfälle. Vier Männer trugen einen Herrn in einem Stuhl umher. Ob er nicht laufen konnte? Doch der Mann, gehüllt in eng anliegende glänzende Gewänder und die Hände mit Ringen bestückt, stieg kurz darauf von seinem Stuhl herab, um sich an einem Stand glasierte Tonfläschchen anzusehen. Nacheinander hob er sicherlich zwanzig dieser zerbrechlich aussehenden Gefäße an die Nase und schnupperte. Als eine Gruppe schmutziger Kinder dicht an ihm vorbeistob, quiekte er entsetzt auf. Einer der Stuhlträger schlug nach dem Anführer der Bande, einem

Weitere Kostenlose Bücher