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Wikingerfeuer

Wikingerfeuer

Titel: Wikingerfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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über seinen eigenen Gedanken. Ein Ziegenbalg mit Bier ging herum; Rouwen empfing ihn aus Haakon Steinrieses Hand, der ihn wie üblich auf finstere Art musterte. Er trank und gab den Balg Sverri, der seine Aufnahme in ihre Gruppe von allen Wikingern am bereitwilligsten hingenommen hatte. Unter Sverris zotteligem Bart war ein Lächeln erkennbar. Er nahm einen Schluck, wischte sich den Schaum vom Mund und reichte Hallvardr den Lederbeutel.
    Hinter ihnen erschien plötzlich Yngvarr, beugte sich herunter und ergriff ihn. Er trank geräuschvoll.
    Alle sahen zu ihm auf, vermutlich genau die Reaktion, die er gewollt hatte.
    Als er sich satt getrunken hatte, verschloss er den Balg und warf ihm einen der Männer zu. Dann musterte er mit seinen grauen Augen jeden im Kreis. Besonders lange Rouwen.
    »Ich war in der Stadt«, begann er, als er sich der Aufmerksamkeit jedes einzelnen sicher war.
    Und du hast mich gesehen , ergänzte Rouwen in Gedanken. Da Baldvin davon wusste, sollte er sich keine Sorgen machen. Dennoch spürte er ein unangenehmes Prickeln zwischen den Schulterblättern, als Yngvarr langsam hinter ihm vorbeiging.
    Yngvarr umrundete die auf ihren Decken, im Gras und auf einem Baumstamm hockenden Männer. Mit dem Handrücken rieb er sich über den sauber gestutzten Bart. Die Meeresbrise ließ seine hellblonden Locken aufwirbeln. Er war in der Tat ein gut aussehender Nordmann, das konnte selbst Rouwen erkennen. Rouwen hielt sich beileibe nicht für unansehnlich, doch musste eine Frau wie Rúna sich nicht zu einem Mann wie Yngvarr, der ihr so glich, hingezogen fühlen? Es wäre besser, wenn es so wäre , überlegte er grimmig. Für sie, für die Yoturer und auch für mich .
    Aber so war es nicht.
    Yngvarr lächelte selbstzufrieden in sich hinein. Warum sah der Wikinger nur so befriedigt aus? Rouwen wusste, dass Rúna mit ihm nach Eastfield aufgebrochen war. Hatte er ihr unterwegs klargemacht, dass er ihr Gefährte sein würde? Sich ihr aufgedrängt? Rouwen unterdrückte den Wunsch, die Fäuste zu ballen. Wo steckte sie eigentlich? Ihm schoss ein Bild in den Kopf, ein Bild von Rúna, wie sie sich versteckte und weinte, weil Yngvarr ihr zu nahe gekommen war. Sollte es so sein, dann wäre sein Leben verwirkt.
    Rouwen mahnte sich zur Ruhe. Yngvarr würde sich hoffentlich niemals so sehr vergessen, und Rúna war wehrhaft. Vielleicht schlenderte sie nur irgendwo am Strandsaum herum und genoss das Alleinsein.
    »Ich war bei MacCallum«, kam Yngvarr nach seiner langen, bedeutungsschwangeren Pause endlich zur Sache.
    Ungläubiges Staunen. »Bei dem Earl?«, fragte Haakon Steinriese mit vollem Mund.
    Yngvarr versetzte ihm im Vorbeigehen einen Hieb gegen den Hinterkopf. »Wie viele MacCallums gibt’s, he? Natürlich bei dem Earl. Bei Athelnas Vater. Er bewirtete mich mit Bier und fränkischem Wein, und wir haben wie Männer miteinander geredet.«
    Haakon spuckte aus, was er im Mund hatte, und stieß einen nordischen Fluch aus. Gorun der Schiffszimmermann, ein langer Kerl mit dunklen Zotteln, die ihm fast bis zu den Ellbogen reichten, schlug sich kichernd auf die Schenkel. Hallvardr schien die Sache weniger lustig zu finden, denn er rieb sich mit beiden Händen durch das vernarbte Gesicht.
    »Was habt ihr beredet?«, fragte Sverri ruhig.
    »Na, was wohl? Ich habe eine Antwort darauf verlangt, wo sich der mörderische Mönch aufhält. Bruder Oxnac, der Benediktiner.«
    »Und das hat er dir gesagt? Obwohl er Baldvin gegenüber behauptete, keinen Mönch ausliefern zu wollen?«
    »Allerdings. Er ist ein alternder Mann, der so viel wiegt wie ein halber, und mir kaum bis zur Brust reicht. Ein zusammengesunkenes Häuflein Elend, das sich am Feuer wärmen muss und nach der Tochter sehnt. Ich hätte derjenige sein sollen, der voriges Jahr Baldvins Forderung überbrachte, den Mönch im Tausch gegen Athelna auszuliefern. Dann wäre ich nicht nur mit seinem Kopf heimgekommen, sondern mit einem ordentlichen Sümmchen Sühnegeld obendrein. Es hätte nicht viel gefehlt und MacCallum wäre vor mir auf seine knochigen Knie gefallen.« Mit den Fäusten in den Seiten, den Kopf im Nacken, schritt Yngvarr auf und ab. »Er hat mir zugesagt, morgen jemanden zur Verfügung zu stellen, der uns zu Oxnacs Versteck führt.«
    »Mir scheint, es könnte auch eine Falle sein«, warf Rouwen behutsam ein.
    Aber natürlich wollte sich Yngvarr seinen prahlerischen Auftritt nicht verderben lassen. »Was du glaubst, Engländer, ist völlig uninteressant!« Mit zwei

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