Wikingerfeuer
gegen euch stelle?«, schnaubte Rouwen. »Keineswegs.«
Rúna rappelte sich hoch, sprang von der Plattform und eilte auf die beiden Männer zu. Ihr entging nicht, dass Angus interessiert zusah. Sie drängte sich zwischen Yngvarr und Rouwen. »Ich habe Alewold gefangen, also ist es an mir, zornig zu sein«, fuhr sie Yngvarr an.
Alle starrten sie an, als warteten sie darauf, dass sie es nun würde. Sie drehte sich zu Rouwen um.
»Pater Alewold kann uns weder gefährlich werden, noch kann er uns helfen«, erklärte er. »Daher habe ich ihn laufen lassen, sowie das Schiff angelegt hat.«
Insgeheim hatte ihr der arme Alewold längst leid getan, daher war sie ganz froh, dass er fort war. Außerdem war sie sein Gerede über verlorene Seelen leid. Also nickte sie brüsk. »Er war unnütz. Aber das nächste Mal frag vorher!«
»Gut«, schnaubte Baldvin, der sich die Sache mit ungeduldig verschränkten Armen angehört hatte. »Dann packt eure Sachen. Vier Männer bleiben beim Schiff, der Rest macht sich marschbereit. Arien, du bleibst hier.«
»Vater!« Arien drängelte sich zu ihm vor und sah anklagend zu ihm auf. »Was soll ich denn hier machen? Die Vogelnester im Schilf zählen?«
Er gab ihm eine sanfte Backpfeife. »Wir laufen , und zwar bis morgen Abend; ist das noch nicht zu dir durchgedrungen? Das ist zu viel für dich. Außerdem wissen wir nicht, was uns am Ziel erwartet. Es könnte gefährlich werden.«
»Aber hier in der Wildnis zurückzubleiben, ist doch auch gefährlich.«
»Sverri wird bei dir bleiben.«
Arien blähte die Backen. »Bitte!«
»Es ist nicht gefährlich«, warf Angus ein. »Außerdem kann er vor mir im Sattel sitzen.«
Baldvin ließ Arien los und warf dem Schotten einen durchdringenden Blick zu. »Schwöre bei deinem Gott und allem, was dir heilig ist, dass uns keine Hinterlist erwartet.«
Angus hob eine wuchtige, narbenübersäte Pranke. Fest sah er Baldvin in die wasserblauen Augen. »Ich schwöre es bei Gott und allen schottischen Heiligen.«
Sein Blick zuckte zu Rouwen, als dieser näher trat.
»Mir liegt schon seit gestern die Frage auf der Zunge, weshalb man Bruder Oxnac nicht einfach holt und Baldvin übergibt. Wozu die Mühe dieses Marsches?« Rouwen klang ganz entspannt, als wäre die Antwort auf diese Frage nicht weiter von Bedeutung. Aber Rúna sah die Anspannung hinter der gelassenen Miene.
Angus lächelte, doch seine Augen erreichte das Lächeln nicht. »Es wurde nicht nach ihm geschickt, um ihn nicht zu warnen. Wir müssen uns Burg Daenston vorsichtig nähern, damit er keine Gefahr wittert und flüchtet. So wie der da.« Er nickte in die Richtung, die Pater Alewold genommen hatte.
»Wem gehört diese Burg?«
»Sie ist des Lords Eigentum. Sie ist abgelegen und klein; früher, als er noch im Saft stand, hat er sie als Ausgangsbasis für Jagden in die umliegenden Wälder genutzt. Der englische König interessierte sich nie dafür, wie er auch MacCallum selbst in Ruhe gelassen hat, weil dieser ein Mann der Ehre und gottesfürchtig ist. Du bist Engländer, nicht wahr?«
»Allerdings.«
Angus’ Lächeln wurde noch ein Stück breiter und kühler. »Dann verstehe ich dein Misstrauen. Aber wir sollten jetzt aufbrechen.«
Rúna nickte. Ja, sie sollten aufbrechen. Die Frage war nur, was sie am Ziel erwartete. Die lang erwartetet Rache? Oder der Tod?
15.
W enigstens Arien hatte Grund zum Strahlen. Stolz saß er vor der wuchtigen Gestalt des Schotten auf dessen Schlachtross und blickte in alle Richtungen. Rúna freute sich, dass er keine Angst zeigte. Ihr fiel auf, dass er in letzter Zeit weniger gehustet hatte. Woran das wohl lag? Das Hasenohr trug er längst nicht mehr unter dem Ärmel. Vielleicht tat es ihm gut, dass sie den nassen Winter hinter sich hatten? Oder einfach, dass es, seit sie hier angekommen waren, noch nicht geregnet hatte? Die Wolken türmten sich zwar übereinander und zeigten alle Schattierungen von Grau, doch nur ab und zu spürte Rúna einen kleinen Tropfen im Gesicht. Sie war froh darum, denn das Laufen über saftige Wiesen oder schmale Wege, die hin und wieder von alten Wagenspuren durchzogen waren, war anstrengend genug. Liebend gern säße sie an Ariens Stelle dort oben auf dem großen Rappen.
Allerdings nicht mit diesem Schotten hinter sich. Wenn, dann mit Rouwen.
Recht häufig sahen sie Bauern auf den Feldern. Die Männer hatten sich ihre Tuniken zwischen den Beinen hindurchgezogen und in ihren Strickgürteln festgeklemmt, damit sie nicht
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