Wild und gefaehrlich
müssten sie lernen, sich wie menschliche Wesen zu benehmen.« Brett zwirbelte eine Strähne ihres feuerroten Haars um den Finger.
»Lasst uns einen Pakt schließen«, schlug Callie vor. Sie war plötzlich ganz versessen darauf, etwas zu unternehmen, damit Easy sie nicht mehr manipulieren konnte.
»Okay«, sagte Jenny schnell, nachdem sie lange geschwiegen hatte. »Wir wär’s, wenn wir alle erst mal beschließen, dass wir uns selbst respektieren, damit uns die Männer respektieren?« Sie biss sich auf die Lippe. »Ich meine, wenn wir den Anfang machen, dann... müssen die Jungs nachziehen.«
»Vielleicht können wir das in den Aufsatz über die verantwortungsbewusste Eule einbauen«, schlug Brett vor und tippte sich mit dem pfirsichfarben lackierten Fingernagel ans Kinn. »Versteht ihr, eine verantwortungsbewusste Eule lässt sich nicht von Jungen herumkommandieren und so weiter. Eine Art Frauenpower-Ding.«
»Meint ihr, wir können alle den gleichen Aufsatz abgeben?«, fragte Kara voller Hoffnung. »Die haben doch sicher den Frühstücksclub im Kino gesehen. Diese Kollektivstrafe ist direkt eine Herausforderung.«
»Es könnte symbolische Bedeutung haben – wir haben nur eine kollektive Antwort, weil...« Jenny grinste etwas verlegen und machte eine Pause. »Weil wir tief im Inneren irgendwie alle gleich sind.«
Genau. So lächerlich das auch klang – und es klang ja wirklich lächerlich -, auf sie vier, wie sie hier saßen und einander anblickten, traf es zu. Jenny im Pyjama, die dunklen Locken zu einem unordentlichen Knoten am Hinterkopf zusammengebunden. Brett, mit verweinten Augen, aber entschlossenem Blick. Kara, die ihnen noch fremd war und die die Situation mit ihren riesigen grünbraunen Augen aufsog, weil sie das ganze Wochenende eigentlich ganz aufregend fand. Und Callie, der es zur Abwechslung mal einerlei war, wie sie aussah, für die aber zählte, dass sie irgendwie ein gutes Gefühl hatte.
»Ein Pakt«, wiederholte Callie.
Die vier grinsten entschlossen, beugten sich vor und legten die Hände aufeinander, und zumindest in diesem Moment hatte Callie das Gefühl, dass sie tatsächlich dazugehörte. Dass sie vielleicht nicht mehr so allein war.
30 Ein verantwortungsbewusster Waverly-Schüler kann ein Geheimnis bewahren – vor allem, wenn er dadurch das Mädchen bekommt
»Unglaublich, dass Heath und ich tatsächlich ein Fass hier raufgeschleppt haben!«, rief Julian aus. Er stand am Rand des Daches und blickte über die Steinbalustrade zu der Feuertreppe aus Eisen.
»Ein Fäss chen , es war ein Partyfässchen«, wies ihn Tinsley spöttisch zurecht, die hinter ihm stand. »Und wie war das noch, warum habt ihr das gemacht?«
»Ein hübsches Mädchen hat’s mir zugeflüstert.« Julian hob einen Kieselstein auf, schwang den Arm und ditschte ihn über den Innenhof darunter, als würde er ihn auf der Oberfläche eines Teiches hüpfen lassen.
»Und du machst alles, was dir hübsche Mädchen sagen?«
»Was soll ich antworten? Ich bin eben gut erzogen.«
Nachdem sich die Party aufgelöst hatte, waren Julian und Tinsley mit ein paar anderen in den kleinen Gemeinschaftsraum nach oben gezogen, in dem der Fernseher und der DVD-Spieler standen. Ein wenig verlegen hatte Julian aus seiner Messenger-Tasche die DVD mit Rosencrantz und Güldenstern hervorgeholt, die aus der Bibliothek stammte. »Weil dein Filmclub verschoben werden musste«, hatte er geflüstert. Tinsley war in diesem Moment froh, dass sie nicht allein waren – wer weiß, was sonst passiert wäre. Während es sich Benny und Lon auf einem großen Sessel bequem machten, setzten sie sich in sicherem Abstand voneinander auf das ausladende Sofa, das in der Mitte etwas durchhing, was sie zwangsläufig näher aneinanderrutschen ließ. Immer wenn eine neue Szene begann, schob Tinsley sich wieder auf ihre Seite, sonst wäre sie auf seinem Schoß gelandet.
An und für sich hätte Tinsley damit kein Problem gehabt. Aber... es gab doch einige Faktoren, die zu bedenken waren. Sie wusste, dass es albern war – das Alter sollte eigentlich keine Rolle spielen. Madonna war zehn Jahre älter als Guy Ritchie! Aber Guy Ritchie war schließlich kein Neuntklässler.
Aber da war noch etwas anderes. Ihre Lieblingsmomente waren diejenigen, die zum ersten Kuss führten – wenn man nicht sicher ist, ob es passiert und wie es passiert, wenn die Nerven angespannt sind und man auf den Kuss wartet. Manchmal – leider allzu oft, fand Tinsley – war die Vorfreude
Weitere Kostenlose Bücher