Wild wie das Meer (German Edition)
Virginia.“
Seine Worte klangen so verheißungsvoll. Sie war ihm von Herzen zugetan, aber sie liebte ihn nicht – wie töricht von ihr, diesen Mann nicht lieben zu können. Dabei wusste sie um seine Vorzüge. Er war ein Mann, der sich nicht verstellte und fähig wäre, einer Frau eine tief empfundene Liebe entgegenzubringen. „Sean, ich kann nicht.“ Sie traute sich nicht, Gründe vorzubringen, nicht einmal vor sich selbst.
Er schwieg und nickte. Für einen Moment hielt er sie, ehe er sie losließ. Doch sie ergriff seine Hände und drückte sie fest. „Verlass mich jetzt nicht! Ich brauche dich mehr denn je!“
„Ich weiß.“ Er lächelte wehmütig, dann verspannten sich seine Züge. „Ich werde immer für dich da sein, Virginia, aber ich kann dich nicht nach Wideacre begleiten. Diese Vorstellung ist fürchterlich für mich. Ich kann nicht mit euch beiden zusammen sein.“
„Aber...“
„Nein“, unterbrach er sie. „Lass mich dir etwas sagen. Ich wollte schon seit geraumer Zeit offen mit dir sprechen.“
Bangen Herzens nickte sie, denn sie war es ihm schuldig, ihn ausreden zu lassen. Aber was mochte er nach diesem Liebesgeständnis noch auf dem Herzen haben?
„Devlin ist kein schlechter Mensch. Aber an dem Tag, als er mit ansehen musste, wie unser Vater ermordet wurde, veränderte er sich. An diesem Tag hat er das Lächeln verlernt, und ich habe ihn nie wieder herzlich lachen hören. Von da an war er wie besessen von dem Gedanken an Vergeltung.“
Sie schluckte und nickte. Es fiel ihr schwer, nicht mit Devlin zu fühlen, aber sie wollte ihm jetzt kein Mitleid entgegenbringen.
„Virginia, ich erzähle dir das, weil ich meinen Bruder liebe. Wie meine Mutter und mein Stiefvater mache auch ich mir Sorgen um ihn und seinen Lebenswandel. Seine Karriere in der Royal Navy bedeutet ihm in Wahrheit nichts. Und für Großbritannien hat er kaum etwas übrig.“
Schlagartig entsann sie sich des geheimen Treffens, das sie belauscht hatte. „Aber warum nicht?“
„Ein Mann wie Devlin kann in der Kriegsmarine reich und mächtig werden, und wie du gesehen hast, hat Devlin genau das erreicht. Er hat seine Karriere nur dazu genutzt, genügend Reichtümer und Titel anzuhäufen, um in der Lage zu sein, Lord Eastleigh zu vernichten.“
Ihr fröstelte. Allmählich begann sie, das ganze Ausmaß dieser Besessenheit zu erahnen.
„Er ist mächtig, vermögend und furchtlos. Man bewundert ihn als großen Schiffskommandanten, und er wird gleichermaßen respektiert wie gefürchtet. Aber er ist kein herzlicher Mensch. Die Fähigkeit, andere Menschen freundlich und zuvorkommend zu behandeln, starb an dem Tag, als unser Vater den Tod fand.“
„Es tut mir so leid“, hauchte sie betroffen.
„Er ist auch kein rücksichtsloses Ungeheuer, und ich glaube, du hast das gespürt. Ich liebe meinen Bruder so sehr, dass ich zu hoffen wage, dass es vielleicht noch Hoffnung gibt.“
„Bloß wie?“, fragte sie.
Er umfasste ihre Schultern. „Der Devlin, den ich kenne, würde niemals dem Verlangen nach einer jungen unschuldigen Frau erliegen. Gott, wir wuchsen mit einer Stiefschwester auf, die wir zu schützen gelobten! Aber was noch wichtiger ist: Als unser Vater starb, kam unsere kleine Schwester in dem Feuer um, das die englischen Soldaten gelegt hatten. Ich kann mich nicht daran erinnern. Aber Devlin hat noch jeden Augenblick vor Augen. Niemals würde er eine unschuldige Frau ausnutzen. Um es überspitzt zu sagen, wenn es ihn nach einer Frau verlangt, würde er sich einer Dirne wie Fiona zuwenden.“
„Was willst du mir damit sagen?“, wisperte sie. Sie zitterte, aber seltsamerweise verspürte sie etwas wie eine aufkeimende Hoffnung.
„Ich glaube, du bist zu einem Winkel seines Herzens vorgestoßen, der vor langer Zeit verkümmert ist, und ich denke – nein, ich hoffe es und bete darum –, dass du diesen Winkel wieder erreichst und Devlin in das Licht eines neuen, helleren Tages ziehst.“
„Was?“
„Es tut ihm leid“, betonte Sean. „Er hat es mir gesagt, und ich weiß, dass es stimmt. Es ist noch nichts verloren.“
Sie konnte Sean nur ungläubig anschauen.
„Er ist nicht gefühllos oder gleichgültig dir gegenüber. Das alles ist reine Verstellung, eine Maske, hinter der er sich versteckt. Wenn du ihn nicht hasst, wenn du ihm je vergeben kannst, dann bist du vielleicht diejenige, die seine Seele retten kann.“
„Bist ... du von Sinnen?“
Er lächelte dünn und ließ sie los. „Nein, nur traurig,
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