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Wild wie das Meer (German Edition)

Wild wie das Meer (German Edition)

Titel: Wild wie das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Besuch zu nächtlicher Stunde gekreist, und Hoffnung erfüllte ihr Herz.
    Nicht weit entfernt von dem Laden eines Pfandleihers stiegen sie aus der Kutsche. „Soll ich hier auf euch warten?“, fragte Frank.
    „Du könntest doch schon das Mehl kaufen, während wir ein wenig spazieren gehen. Wir treffen uns dann in zwei Stunden bei Dr. Niles“, sagte Virginia.
    Frank nickte und bog mit der Kutsche in eine Seitengasse.
    Virginia lächelte Tillie an, als sie vor dem Schaufenster stehen blieben. Ausgestellt waren eine goldene Uhr, ein hübsches silbernes Medaillon, zwei fein gearbeitete Kameen und Filigranohrringe mit Topasen. Die Ohrringe würden Tillie gut zu Gesicht stehen, dachte Virginia. Sie wollte gerade vorschlagen, den Laden zu betreten, als eine heftige Explosion das Fensterglas erzittern ließ.
    Der laute Knall hatte furchtbar nah geklungen, und Virginia verspannte sich augenblicklich vor Angst. War dort ein Heizkessel explodiert? Vielleicht war aber auch ein Geschütz der Bürgerwehr abgefeuert worden!
    „Was war das?“, fragte Tillie verunsichert.
    „Ich weiß es nicht“, erwiderte Virginia. In Wahrheit befürchtete sie, dass dort einige Straßen weiter nicht bloß ein Kessel explodiert war. Rasch packte sie Tillie beim Arm, und gemeinsam liefen sie die Straße hinunter und bogen um eine Häuserecke, hinter der sie die Hafeneinfahrt und die Bucht von Chesapeake überblicken konnten.
    Ihr blieb vor Schreck das Herz stehen.
    „Großer Gott“, wisperte Tillie.
    Von Entsetzen gepackt, starrte Virginia auf das Wasser. Zwei große Schiffe waren in den Hafen eingelaufen und hielten auf die Küste zu. Dutzende Ruderboote, alle voll besetzt mit Soldaten in scharlachroten Uniformen, wurden zu Wasser gelassen. Und während Virginia und Tillie wie gelähmt auf die zahllosen Soldaten starrten, feuerten beide Schiffe Breitseiten auf die Stadt ab.
    Die Frauen schrien vor Angst und duckten sich. Ein Haus in dem Straßenzug wurde getroffen. Fensterscheiben zersplitterten.
    Virginia und Tillie tauschten furchtsame Blicke und kauerten hinter einem Mauervorsprung. „Wir werden angegriffen!“, rief Tillie.
    Plötzlich liefen einige Männer der Miliz in ihren selbstgeschneiderten blaugrauen Uniformen auf sie zu. Sie waren mit Musketen und Pistolen, vereinzelt auch mit Säbeln bewaffnet. Weitere Kanonenschläge von See her ließen die Häuser erzittern, und schon hatten die ersten Landungsboote beinahe die Küste erreicht. Virginia schaute zu der Fregatte hinüber, die weiter vorn lag. Sie hätte die „Defiance“ aus jeder Entfernung erkannt. Dort drüben war Devlin!
    Tillie sprang auf und lief auf die Männer der Bürgerwehr zu, die hastig dem Hafen zustrebten. „Was geht hier vor?“, rief sie und bekam einen der Milizsoldaten zu packen.
    Der junge Mann hatte wirres blondes Haar und mochte nicht älter als achtzehn sein. Seine Stiefel und Hosenbeine starrten vor Dreck. Er blieb kurz stehen. „Die Stadt wird angegriffen. Es sind O’Neill und Cockburn. Sie haben tausend Mann, und wir haben nur die Miliz, um die Stadt zu verteidigen!“ Dann schüttelte er Tillie ab und folgte den Männern seines Regiments.
    Virginia war Tillie gefolgt und stand nun unschlüssig neben ihrer Freundin. Sie fühlte sich schwach auf den Beinen, und die Angst schnürte ihr die Kehle zu. Als sie sich umwandte, sah sie, wie die ersten englischen Soldaten aus den Booten sprangen und ungehindert an Land stürmten. Erneut wurde eine Breitseite abgefeuert; Tillie und Virginia duckten sich und suchten hinter dem erstbesten Gebäude Schutz. Von dort aus sahen sie, dass weiter nördlich am Stadtrand Rauchsäulen aufstiegen: Offensichtlich war dort ein gewaltiges Feuer ausgebrochen. Wieder ließ eine Kanonensalve die Erde erbeben.
    „Wir müssen Frank finden und nach Hause gehen“, rief Tillie verzweifelt und hielt sich die Ohren zu.
    Sie hatte recht. Aber Virginia war wie gelähmt und dachte nur an Devlin, der nun dort drüben auf dem Quarterdeck stand, seinen Männern Befehle erteilte und die Stadt angriff. Seine Soldaten griffen ihre Landsleute, Tillie und sie selbst an!
    Das Kind bewegte sich, und sie legte beide Hände auf den Bauch, um es zu beruhigen.
    Sie fühlte sich ganz krank, doch es waren nicht die Schwindelanfälle, die ihr in den letzten Monaten zugesetzt hatten. Warum war ihre Ehe – ihre Liebe – nicht von diesem schrecklichen Augenblick verschont geblieben?
    „Virginia, wir müssen fort von hier“, sagte Tillie energisch und

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