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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Juliana«, sagte sie, als sie sich auf die Bettkante setzte. »Und Sie sind im Haus des Herzogs von Redmayne. Ich bin mit seinem Cousin, Viscount Edgecombe, verheiratet.«
    Lucy verstand nichts von alledem. Sie schüttelte den Kopf, als Henny ihr erneut einen Löffel Fleischbrühe anbot. »Ich kann wirklich nichts mehr essen.«
    »Ja, es leuchtet mir ein, daß Ihr Bauch nichts mehr gewöhnt ist«, sagte Henny heiter und nahm die Schale mit. »Sie können jetzt mit Ihrer Ladyschaft ein wenig plaudern. Klingeln Sie einfach, wenn Sie etwas brauchen.« Sie zeigte auf die Schnur neben dem Bett und eilte dann geschäftig hinaus.
    »Woher kennen Sie Lilly und die anderen?« fragte Lucy und lehnte sich wieder in die Kissen zurück.
    »Ach, das ist eine lange Geschichte!« Juliana schnitt eine vergnügte Grimasse. »Aber Sie sehen aus, als brauchten Sie Schlaf, deshalb werde ich sie Ihnen später erzählen, wenn Sie wieder bei Kräften sind.«
    Lucy fielen bereits die Augen zu, und sie protestierte nicht. Juliana zog die Vorhänge um das Bett herum zu und verließ ihre Schutzbefohlene auf Zehenspitzen.
    Sie ging in ihren eigenen Salon und trat ans Fenster, um in den Garten hinauszublicken, die Stirn in nachdenkliche Falten gelegt. Tarquin konnte Lucys Freundinnen daran hindern, sein Haus zu weiteren Treffen zu benützen; aber Juliana begriff nicht so ganz, wie er
sie
davon abhalten wollte, einen Besuch in der Russell Street zu machen, wenn sie die Erlaubnis ihres Ehemannes hatte. Es klang ganz so, als hielte Tarquin sich für die einzige Autorität, aber wie kam er eigentlich dazu?
    Natürlich würde er Lucien zwingen, ihr seine Erlaubnis zu verweigern. Er konnte Lucien unter Druck setzen, indem er ihm seine finanzielle Unterstützung entzog. Und deshalb musste sie mit Lucien sprechen, bevor der Herzog Gelegenheit dazu hatte. Sie musste ihn unbedingt zum Widerstand ermutigen, damit er sich gegen Tarquin behauptete, ganz gleich, mit welchem Druck dieser drohte. Es müßte möglich sein. Sie hatte nicht den Eindruck, daß Lucien sonderlich helle war. Rachsüchtig, boshaft, degeneriert, das schon, aber nicht gerade mit einem scharfen Verstand ausgestattet. Eigentlich sollte sie in der Lage sein, ihn in die Tasche zu stecken, wenn ihr die richtige Vorgehensweise einfiel.
    Unten betrat Quentin den Garten und schlenderte einen mit Steinplatten belegten Pfad entlang. Mit einer Blumenschere in der Hand blieb er neben einem Busch üppig blühender gelber Rosen stehen. Er schnitt ein halbes Dutzend davon ab und fügte dann sechs weiße Rosen aus der Nachbarschaft hinzu. Juliana beobachtete, wie er sie liebevoll zu einem Strauß ordnete, ein kleines Lächeln auf seinen Zügen. Es war schon verblüffend, wie wenig er wesensmäßig mit seinem Halbbruder gemeinsam hatte. Tatsächlich erstaunte es sie aufs höchste, wie enorm verschieden die drei Courtney-Männer voneinander waren. Lucien zeichnete sich durch Gemeinheit und Niedertracht aus. Hingegen glaubte sie, daß Tarquin unter seiner dominierenden Fassade durch und durch anständig war. Sie hatte keine Angst, unter seiner Regie zu Schaden zu kommen. Aber ihm fehlte die Sensibilität und Sanftheit seines Bruders Quentin – oder nicht?
    Dieser kehrte mit seinem Strauß ins Haus zurück, und Juliana fragte sich, für wen sie wohl gedacht waren. Vielleicht für Lady Lydia?
    Aus heiterem Himmel schoß ihr dieser Gedanke durch den Kopf. Etwas hatte ihr den Eindruck vermittelt, daß diese Verbindung glücklich sein könnte. Und gemäß ihren Beobachtungen sehnten sich auch alle beide danach. Oder würden es zumindest tun, wenn auch nur die geringste Hoffnung bestünde. Aber der Herzog von Redmayne stand zwischen ihnen. Obwohl Tarquin wenig Begeisterung zeigte, Lady Lydia zu seiner Ehefrau zu machen – er erfüllte damit lediglich eine Pflicht. Wer weiß, vielleicht konnte sie, Juliana, ja etwas daran ändern. Die Menschen wußten oft nicht, wie sie aus dem selbst verursachten Wirrwarr, in das sie sich verstrickt hatten, wieder herausfinden sollten. Du brauchst nur dich selbst zum Beispiel zu nehmen, hielt sie sich sachlich vor.
    Es klopfte an der Tür, und Lord Quentin betrat den Raum. Er trug die Rosen in der Hand, und einen Moment lang nahm Juliana an, der Strauß sei für sie. Aber mit einem raschen Lächeln rückte er heraus: »Ich dachte mir, Ihre Freundin würde vielleicht etwas Trost aus diesen Blumen schöpfen. Sie haben einen so herrlichen Duft, und sie sind so lebendig in ihrer

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