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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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gegenüber der herkömmlichen Verfahrensweise erheblich verringerte. George ließ die ganze Sache jedoch kalt. Er bestand darauf, etwas für sein Geld zu bekommen, und betrachtete diese Form der Unterhaltung als Halsabschneiderei und Illusion. Als die Mädchen auf dem Boden umherkrochen, um die Münzen aufzusammeln, die die begeisterten Zuschauer auf sie herabregnen ließen, wandte George der Szene in einer demonstrativen Geste des Mißfallens den Rücken. Eine der Frauen kam auf ihn zu, den Unterrock bis zur Taille hochgerafft. Sie spreizte die Beine, schob ihm ihren Unterleib ins Gesicht und streckte die Hand aus, um über sein Haar zu streichen. Fluchend schlug George ihre Hand weg und erhob sich in einer drohenden Gebärde halb von seinem Stuhl.
    »Stinkender Hurensohn«, fauchte die Maid und verzog wütend die Lippen. »Du gaffst uns an, aber zahlen willst du nicht. Die Pest über dich!« Verächtlich spuckte sie in das Sägemehl zu seinen Füßen und stakste davon, wobei sie ihren Unterrock noch immer in der Taille festhielt, als sie sich auf die Suche nach einem dankbareren Zuschauer im Raum machte.
    George griff nach seinem Humpen mit Punsch und leerte ihn durstig, dann zog er die Schüssel in der Mitte des Tisches zu sich heran und schöpfte ihren köstlichen Inhalt in seinen Zinnbecher. Er trank erneut mit durstigen Schlucken und widmete sich dann wieder seiner Schildkrötensuppe.
    Juliana war mit einem Viscount verheiratet! Er ließ seinen Löffel mit einem lauten Klappern in den Teller fallen, als er sich dieser Tatsache schließlich voll und ganz bewußt wurde. Zuerst hatte er es nicht glauben können, als ihm der Pferdeknecht im Stallhof unbefangen Auskunft gab, er stehe in Diensten des Herzogs von Redmayne. George hatte dem Burschen eine Beschreibung der beiden Männer gegeben, die er in Julianas Begleitung gesehen hatte, und der Pferdeknecht hatte sie als den Herzog und seinen Bruder, Lord Quentin, identifiziert. Auf die Schilderung des ziemlich abstoßend aussehenden Gentlemans, der an jenem Morgen mit den Frauen die Straße hinuntergeschlendert war, hin, grinste der Bursche verächtlich und informierte George, daß es sich zweifellos um Viscount Edgecombe handeln müsse, den Cousin seiner Gnaden. Und dann hatte er die alarmierenden Worte hinzugefügt: »Ist seit gestern verheiratet, der Viscount. Hat seine Ehefrau mit hierhergebracht… armes Ding!«
    Ehefrau!
George vermochte es nicht zu fassen, aber der Pferdeknecht hatte die frischgebackene Lady Edgecombe unmißverständlich als eine Dame von überdurchschnittlicher Größe und mit auffallend rotem, lockigem Haar beschrieben. Nein, da bestand kein Zweifel mehr!
    George griff wieder nach seinem Löffel. Es wäre eine Sünde, diese teure Köstlichkeit verkommen zu lassen. Er kratzte den Teller mit seinem Löffel leer und wischte ihn mit einem Stück Brot aus. Dann lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und starrte auf die schmutzige Wand. Hinter ihm ertönte grölendes Gelächter und Applaus. Verstohlen warf er einen Blick über seine Schulter und wandte dann hastig wieder die Augen ab. Zwei Frauen paarten sich anscheinend auf einem Tisch. George fand die Darbietung zutiefst widerwärtig und abscheulich. Solch geschmacklose Verderbtheit gab es in Winchester nicht – nicht einmal im Hafenviertel von Portsmouth, wo man auf jeder Parkbank einen Seemann und seine Auserwählte damit beschäftigt finden konnte, sich dem Geschlechtsakt hinzugeben.
    Normalerweise hätte George das »Shakespeare's Head« jetzt verlassen, aber der zweite Gang – eine Gans – stand noch aus, und er nahm an, daß ein gutes Dinner den unangenehmen Tumult in seinem Magen beschwichtigen würde. Wenn Juliana wahrhaftig mit einem Viscount verheiratet war, dann konnte sie George Ridge nicht mehr heiraten. Es sei denn natürlich, es wäre eine Fleet-Hochzeit gewesen. Der Gedanke machte ihm wieder etwas Hoffnung, so daß er in der Lage war, sich der Platte mit gebratener Gans, die in ihrem eigenen Fett schwamm, mit größerer Wonne hinzugeben, als es sonst vielleicht der Fall gewesen wäre.
    Er kaute mit großem Genuß, während er den Vogel mit den Fingern auseinanderriß und Kartoffeln auf seine Messerspitze spießte, ohne sich um das Fett zu kümmern, das an seinem Kinn herablief; zwischendurch trank er immer wieder einen großzügigen Schluck von dem Wein aus dem reichhaltigen Wirtskeller. Das obszöne Treiben hinter ihm kümmerte ihn inzwischen überhaupt nicht mehr. Eine

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