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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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die Stirn über ihr unordentliches Außeres. Ihre morgendlichen Aktivitäten im Hofmarschallgefängnis hatten sich ziemlich verheerend auf ihre vorher so gepflegte und elegante Erscheinung ausgewirkt. Was für ein beunruhigender Gedanke, daß sie bei ihrer Konfrontation mit dem Herzog wie ein schmuddeliges, zerzaustes Schuldmädchen ausgesehen hatte! Es hatte ihn jedoch nicht abgeschreckt, sie zu küssen. Sie wußte, sie hatte das Verlangen in seinen Augen nicht mißverstanden, und keinesfalls konnte er die Leidenschaft jenes Kusses nur gespielt haben. Wer weiß, vielleicht fand er verlotterte Zigeunerinnen ja erregend. Bella, die Zofe in der Russell Street, hatte ihr in ihrer nüchternen Art von den seltsamen Phantasien der Männer erzählt, die in dem Etablissement der Dennisons verkehrten. Nonnen und Schulmädchen … wer konnte schon sagen, ob der Herzog nicht auch so war?
    An dem Punkt kam Henny voller Tatendrang angesegelt, und Juliana schob diese interessante Frage einstweilen beiseite, als sie sich den schnellen, geschickten Händen der Zofe überließ; sie flocht ihr Haar und arrangierte die ungebärdigen Locken, die sich nicht von den Nadeln zu kunstvollen Ringellocken um ihr Gesicht herum bändigen lassen wollten. Genausowenig hielt Henny sich lange damit auf, Julianas Meinung über ein passendes Gewand einzuholen, sondern wählte kurzerhand ein dunkelviolettes Taftkleid aus, dessen Rock sich über einem dunkelgrünen Unterrock öffnete. Sie band ihr ein Musselintuch um den Hals, zog die Spitzenrüschen an ihren Ellenbogen zurecht, glättete den weiten Rock über den Reifen, reichte ihr einen Fächer und ihre langen Seidenhandschuhe und schob sie dann energisch aus dem Raum wie eine Bäuerin, die ihre Küken zum Futternapf scheucht. Aber Juliana fand diese Behandlung wundervoll tröstlich. Sie hatte nicht das geringste Bedürfnis, mit der Frau zu streiten oder sich ihr gegenüber als Herrin aufzuspielen.
    »Ah, das trifft sich ja gut, Mylady. Wollen wir zusammen hinuntergehen?« Lucien trat aus seinem Schlafgemach, als Juliana den Korridor entlangging. Seine Stimme klang leicht verschwommen, seine Augen hatten einen glasigen Ausdruck, und die Beine knickten unter ihm ein. Der schale Geruch von Cognac umgab ihn wie eine Wolke. »Im allgemeinen speise ich nicht am Tisch meines Cousins. Ist eine ziemlich langweilige Angelegenheit außer den erlesenen Weinen und dem Zauberer von Küchenchef. Aber ich dachte, ich würde meiner Braut die Ehre erweisen, wie?« Er lachte unter Vorbehalt, um keinen erneuten Hustenanfall zu riskieren; es war daher nur ein schwaches Rasseln in seiner Brust zu hören. »Nehmen Sie meinen Arm, Teuerste!«
    Juliana legte ihre Hand auf den in scharlachroten Taft gehüllten Arm. Es war absolut passend und untadelig, wenn sie an der Seite ihres Ehemannes zum Dinner erschien. Aber wie es den Herzog von Redmayne ärgern würde! Sie lächelte Lucien an. »Vielleicht könnte ich Sie später unter vier Augen sprechen, Mylord?«
    »Nur unter der Bedingunge, daß Sie mich nicht langweilen.«
    »Oh, ich werde mich bemühen, Sir, Sie ganz bestimmt nett zu unterhalten.« Ihre Augen, die fast auf einer Höhe mit seinen waren, begegneten seinem plötzlich scharfen Blick, als er den Kopf drehte und sie ansah. Dann lächelte er, auf eine boshafte, hinterhältige Weise.
    »In dem Fall, Mylady, wird es mir eine Ehre sein, Ihnen eine Audienz zu gewähren.« Er trat zur Seite und verbeugte sich schwungvoll, um ihr den Vortritt in den Salon zu lassen.

16. Kapitel
    George Ridge starrte in seinen Teller mit der Miene eines Mannes, der einen unverdaulichen Schock erlitten hat. Um ihn herum in der »Shakespeare's Head«-Taverne nahmen der Lärm und die allgemeine Ausgelassenheit fast turbulente Ausmaße an, während die Gäste die berühmte Schildkrötensuppe der Taverne mit Humpen voll Bordeaux hinunterspülten. Eine Gruppe von
Posture Molk
– Prostituierte, die sich nackt zur Schau stellten – zeigte ihre Darbietungen in der Mitte des Schankraums, aber George nahm kaum Notiz von ihren schamlosen Posen, als sie ihre intimsten Körperteile vor den lüstern starrenden Gästen entblößten. Posture Molls arbeiteten nach dem Prinzip »Ansehen erlaubt, Anfassen verboten« und versetzten ihre Zuschauer in einen Zustand heißer Erregung, weigerten sich jedoch, die Versprechungen ihrer Darbietungen wahrzumachen.
    Es war ein lukratives Geschäft und noch dazu eines, das das Risiko von Geschlechtskrankheiten

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