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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Fleet-Hochzeit erschien ihm zunehmend wahrscheinlicher. Wie hätte Juliana auch in der kurzen Zeit, die sie erst in London war, den Cousin eines waschechten Herzogs aufgabeln können? George wußte zwar nicht viel über die höchsten Ränge der Aristokratie, aber er war sich ziemlich sicher, daß sie nicht einfach aus einer Laune heraus heirateten. Und sie ehelichten auch keine Frauen bescheidenerer Herkunft, selbst wenn sie eine erstklassige Erziehung genossen hatte wie die stolze Juliana. Es musste demnach irgendein unzüchtiges Arrangement sein. Vermutlich hatten sie sie mit einer illegalen Trauungszeremonie über ihre wahre Rolle bei diesem Spiel hinweggetäuscht. Wahrscheinlich verhielt es sich ungefähr so, da George trotz all seiner Niedertracht Juliana einen solchen Absturz auch wieder nicht zutraute.
    Seine Laune hob sich beträchtlich, er wischte sich sein triefendes Kinn am Ärmel ab und rief nach einer Flasche Port und einer Portion Räucheraal. Juliana würde allen Grund haben, dankbar zu sein bei der Aussicht auf Rettung, wenn ihr erst einmal aufging, daß ihre derzeitige Position auf Lug und Trug beruhte. Er, George, müßte allerdings erhebliche Großherzigkeit walten lassen. Nicht viele Männer würden bereit sein, eine Hure zu heiraten. Und Juliana sollte das auch zu hören bekommen. Dies und das Versprechen, sie von jedem Verdacht der Beteiligung am Tod seines Vaters zu befreien, müßten ihm ihren absoluten Gehorsam in jeder Beziehung sichern.
    Er grinste wölfisch und spießte mit seiner Gabel die fettigen Fischstücke auf, schaufelte sie ohne Pause in seinen Mund, bis der Teller leer war; dann setzte er zum Angriff auf einen dampfenden Pudding an, gespickt mit Rosinen und Johannisbeeren.
    Zwei Stunden später ließ er – nachdem er sich zuvor versichert hatte, daß er fest auf seiner Geldbörse hockte – von satter Schläfrigkeit übermannt, den Kopf auf die Brust sinken und schnarchte bald laut inmitten der Überreste seines Dinners. Niemand nahm auch nur die geringste Notiz von ihm.
    Viscount Edgecombe trank einen Schluck Cognac und lachte amüsiert auf, als er nach dem Dinner mit seiner Ehefrau in deren Salon saß. »Aber natürlich werde ich Ihnen die Stadt zeigen, meine Liebe.« Er rülpste einmal dezent und wiegte den Kopf. »Ich kenne da interessante Ecken. Bei Gott, und ob ich die kenne.« Er leerte sein Glas und grinste verschlagen.
    »Seiner Gnaden wird das gar nicht gefallen«, gab Juliana zu bedenken.
    »Hm, da haben Sie recht.« Lucien versuchte, seinen glasigen Blick auf sie zu konzentrieren, brachte jedoch nur ein Blinzeln zustande. »Er wird es natürlich strikt verbieten.« Seine Stirn legte sich in nachdenkliche Falten. »Sogar lästig könnte er werden, wissen Sie.«
    »Aber Sie lassen sich doch sicher keine Vorschriften von ihm machen, oder, Sir?« fragte Juliana mit weit aufgerissenen, betont erstaunten Augen. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie sich irgend jemandes Befehlen beugen würden.«
    »Oh, normalerweise würde ich das bestimmt nicht tun«, stimmte er zu, während er sein Glas aus der Karaffe nachfüllte. »Aber ich sage es Ihnen ganz offen: Tarquin hat meine Finanzen in der Hand. Er ist zwar sehr großzügig, das gebe ich gerne zu, aber ich kann es nicht riskieren, daß er mir den Geldhahn zudreht. Sie glauben gar nicht, wie teuer das Leben heutzutage ist.«
    »Warum finanziert er Sie?« Sie wartete darauf, daß er wieder zu Atem kam, nachdem er sich an seinem Cognac verschluckt hatte und von einem heftigen Hustenanfall geschüttelt wurde.
    »Warum? Nun, meine Liebe, als Gegenleistung für meine Einwilligung in diese etwas ungewöhnliche Eheschließung«, erklärte Lucien schließlich, als er ein letztes Mal pfeifend Luft holte.
    »Dann könnten Sie doch einfach sagen, daß Sie mich als Ihre Ehefrau verstoßen, wenn er sich weigert, Sie weiterhin zu unterstützen«, schlug Juliana beiläufig vor, während sie unentwegt den Damastbezug des Sofas glättete, auf dem sie saß.
    Lucien starrte sie verblüfft an. »Großer Gott, aber Sie sind wirklich ein durchtriebenes Geschöpf. Was veranlaßt Sie, Tarquin eins auszuwischen?«
    Juliana zuckte die Achseln. Lucien kannte vermutlich nicht sämtliche Details ihres Vertrages mit dem Herzog. »Ich habe nun einmal etwas dagegen, auf seine Weise manipuliert zu werden.«
    Ein gerissener Ausdruck trat in Luciens trübe, tief in ihren Höhlen liegenden Augen. »Ah«, bemerkte er, »Tarquin hat damals gesagt, Sie wären

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