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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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unter dem Schutz des Herzogs von Redmayne. Großer Gott… oder etwa nicht?
    »Fünfhundert Guineen«, sagte Lucien, als er sich George mit einem teuflischen Grinsen zuwandte. »Ich muß schon sagen, Sir, Sie haben die Gebote wirklich sprunghaft in die Höhe getrieben. Aber sie ist ja auch erstklassige Qualität!«
    George schien ihn nicht zu hören. Er starrte Juliana an, versuchte sie mit bloßer Willenskraft zu zwingen, ihn anzusehen.
    Doch sie stand völlig reglos da, den Blick starr geradeaus gerichtet. Er streckte eine Hand aus, um ihren Fuß zu berühren, und sie rührte sich nicht.
    »Bietet noch jemand mehr als fünfhundert Guineen für meine liebe Ehefrau, oder soll dieser Gentleman sie bekommen?« rief Lucien fröhlich. »Er macht ein hervorragendes Geschäft, das kann ich Ihnen versichern.«
    »Es gibt Zeiten, Edgecombe, da überraschst du selbst mich noch mit deiner abgrundtiefen Verderbtheit.« Die kalte Stimme durchschnitt das rauhe Gelächter im Schankraum, als sich der Herzog von Redmayne von der Tür her näherte, wo er die letzten Minuten unbemerkt gestanden hatte, um die Szene zu beobachten.
    Der Alptraum hielt Juliana so fest in seinen Fängen, daß sie einen Moment lang zu keiner Reaktion fähig war. Dann durchdrangen die klaren Töne der Rettung ihr benommenes Bewußtsein. Langsam drehte sie sich auf dem Tisch um, und George war augenblicklich vergessen, als eine Woge ungläubiger Erleichterung in ihr aufstieg. Tarquin war gekommen, um sie zu retten.
    »Tarquin…« Es war eher ein Aufschrei als ein Name, als ob sie noch nicht an das Ende ihrer Not zu glauben wagte.
    »Ich bin hier«, bestätigte er. Seine Stimme war eine Liebkosung, ein köstlich lindernder Balsam für ihre gequälte Seele. Sein Blick aus grauen Augen umfing sie, alles sehend. Dann wandte er sich zu Lucien um.
    Lucien wich gegen den Tisch zurück, als der eiskalte Vernichtungsblick seines Cousins ihn traf. Ein Muskel zuckte an der Wange des Herzogs, aber er sagte kein Wort, klopfte sich lediglich mit einer geballten Faust in die Handfläche seiner anderen Hand. Dann hob er seine Faust ganz langsam und berührte Lucien – fast so sanft, so schien es – am Kinn. Der Viscount sackte lautlos in sich zusammen und fiel rückwärts in die Menschenmenge.
    Ein Murmeln ging durch die Zuschauer, als der Herzog schweigend seinen Blick über die Gesichter schweifen ließ. Plötzlich glänzte eine gefährliche Klinge in seiner Hand am Ende des Stockdegens. Er sagte noch immer kein Wort, doch die Leute wichen Schritt für Schritt zurück, und die beiden Männer, die Julianas Fesseln festgehalten hatten, tauchten feige unter.
    George Ridge räusperte sich. Er wußte nicht, was hier vorging, aber er war sich bewußt, daß ihm seine wertvolle Errungenschaft aus den Fingern zu gleiten drohte, wenn er nichts dagegen unternahm. Der Neuankömmling wirbelte bei dem Geräusch zu ihm herum, und George zuckte zusammen unter dem durchbohrenden Blick des Fremden, so kalt und tödlich wie eine Pfeilspitze. George senkte unterwürfig die Augen, als er sich angesichts dieser fremden, aber unbestreitbaren Übermacht geschlagen gab.
    Tarquin drehte sich wieder zu Juliana um. Er streckte die Arme aus und hob sie von dem Tisch. Dann entfernte er das Seil um ihren Hals und warf es in die Menge.
    Der Ausdruck seiner Augen war noch immer der gleiche wie in dem Moment, als er Lucien angestarrt hatte, gnadenlos, aber er berührte ihr Haar und strich ihr sanft eine Strähne aus der Stirn. Seine langen Finger bewegten sich flüchtig über das Rund ihrer Wange. »Bist du verletzt?«
    Sie schüttelte den Kopf. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauch, doch es gelang ihr zu gestehen: »Nur mein Stolz!«
    Überraschung leuchtete in seinen Augen auf und milderte die unerbittliche Strenge seines Blicks. Jede andere Frau wäre unter diesen Umständen in Tränen und Hysterie ausgebrochen. Aber Juliana war einzigartig. »Kannst du laufen?«
    Ihre Knie zitterten unkontrollierbar, doch sein eindringlicher, prüfender Blick hatte etwas an sich, was ihr die Kraft gab zu sagen: »Natürlich«, obwohl sie sich haltsuchend an seinen Arm klammerte. Irgendwie schaffte sie es, einen Fuß vor den anderen zu setzen, während die Zuschauer weiter zurückwichen, um ihnen Platz zu machen. Und dann waren sie draußen auf der Straße. Der Morgen dämmerte bereits, und eine seltsame Stille hatte sich über den Platz gesenkt. Ein paar Betrunkene lagen schnarchend unter den Kolonnaden, zwei

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