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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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ich dich herunterhebe«, bemerkte Tarquin, als er Zeuge ihrer ängstlichen Sicherheitsmaßnahmen wurde. Er packte sie um die Taille, hob sie mit Schwung herunter und hielt sie weiterhin umfaßt, bis sie mit beiden Füßen fest auf dem Straßenpflaster stand.
    Seine Hände an ihrer Taille waren hart und warm, und er hielt sie einen Augenblick länger als unbedingt nötig. Juliana fühlte, wie die alte Verwirrung mit einem Schlag zurückkehrte, doch im nächsten Moment führte Tarquin sie bereits die Stufen hinauf zu der Eingangstür, die von einem dienernden Lakaien aufgehalten wurde, und hinein in die Halle. Er reichte dem Kammerherrn seine Karte und bedeutete Juliana mit einer Geste, das gleiche zu tun. Der Bedienstete führte sie unter einer erneuten Verbeugung in den Empfangssalon.
    Nachdem Juliana wieder im Besitz ihrer Sinne war, blickte sie sich interessiert um. Die Möbel waren altmodisch und schwer und zum größten Teil von dunklen Bezügen verhüllt. Die Vorhänge verdeckten halb die hohen Fenster, so daß das Zimmer in einem matten Dämmerlicht lag.
    »Lady Melton hält die Trauerzeit strengstens ein«, beantwortete Tarquin ihre unausgesprochene Frage. Er nahm eine Prise Schnupftabak und lehnte sich an den Kaminsims, während seine Augen, plötzlich undurchdringlich, auf Juliana ruhten.
    »Lucy hat heute morgen einen Brief von ihren Freundinnen bekommen?«
    Juliana zuckte erschrocken zusammen, und eine schuldbewußte Röte stieg in ihre Wangen. Hatte er den Brief in seiner gesamten Länge gelesen? Dazu konnte er doch gar nicht die Zeit gehabt haben. Aber wenn doch, dann würde er von dem geplanten Treffen am Mittwoch vormittag wissen. Und auch ihre Teilnahme ahnen. »Haben Sie etwas dagegen?« Sie flüchtete sich in eine herausfordernde, wütende Haltung in der Hoffnung, daß Zorn ihr plötzliches Erröten erklären würde.
    »Überhaupt nicht. Sollte ich das?« Er fuhr fort, sie mit diesem schwer zu deutenden Blick zu mustern.
    »Ich wüßte auch nicht, warum Sie etwas dagegen haben sollten. Aber da Sie nicht erlauben wollen, daß ihre Freundinnen sie persönlich besuchen, war ich mir nicht sicher, ob ein nicht standesgemäßes Stück Papier überhaupt durch Ihre Tür gelangen dürfte.«
    Tarquins Erwiderung erstarb auf seinen Lippen, als der Lakai in diesem Moment zurückkehrte. Ihre Ladyschaft und Lady Lydia würden sich freuen, Seine Gnaden und Lady Edgecombe im Wohnzimmer der Familie zu empfangen.
    Das Wohnzimmer war kaum weniger düster als der Empfangssalon, obwohl hier eine Atmosphäre des Bewohntseins herrschte. Auch hier fanden sich dunkle Vorhänge und Sesselbezüge, die Bilder an den Wänden trugen sämtlich einen schwarzen Trauerflor, und in den Vasen fehlten die Blumen.
    Lady Melton reichte Juliana mit einem huldvollen Kopfnicken die Hand und begrüßte den Herzog in gemessener Liebenswürdigkeit. Lydia erhob sich und drückte Juliana mit einem warmen Lächeln die Hand, bevor sie in einen Knicks vor dem Herzog versank. Er zog sie mit einem freundlichen Wort der Begrüßung auf die Füße und hob ihre Hand an seine Lippen.
    Quentin, der neben Lydia auf dem Sofa gesessen hatte, stand auf, um Juliana mit einem brüderlichen Kuß auf die Wange zu begrüßen.
    »Quentin, ich wußte gar nicht, daß du die Absicht hattest, Lady Melton heute morgen deine Aufwartung zu machen«, sagte Tarquin erstaunt.
    Juliana spürte augenblicklich, wie sich Lady Lydia neben ihr leicht versteifte, doch Quentin erklärte leichthin, er sei zufällig vorbeigekommen und habe gedacht, er würde eine Predigt mit Lady Melton diskutieren; aber er sei ohnehin gerade im Begriff, sich zu verabschieden. Er verbeugte sich vor Ihrer Ladyschaft, bevor er Lydia die Hand küßte. »Ich darf nicht vergessen, Ihnen das Gartenbuch mitzubringen, wenn ich das nächste Mal in der Nähe bin. Der Kräutergarten aus dem vierzehnten Jahrhundert ist wirklich sehr interessant.«
    »Danke, Lord Quentin. Ich freue mich schon darauf.« Sie ließ ihre Hand einen Moment länger als nötig in seiner ruhen, dann zog sie sie langsam zurück, wobei ihre Finger seine zärtlich streiften.
    Juliana warf einen verstohlenen Blick auf Tarquin. Es schien, als bemerke er nichts davon, als wäre seine Aufmerksamkeit ganz auf seine Gastgeberin konzentriert. Sie zog skeptisch eine Braue hoch und erinnerte sich an die häufig gemurmelte Äußerung ihres alten Kindermädchens, daß keiner so blind ist wie jene, die nicht sehen
wollen
. Aber natürlich würde der

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