Wilde Chrysantheme
Decke eingefangen war.
George bellte zornig, hielt sie noch immer umklammert, aber nicht mehr ganz so fest wie vorher. Juliana verstärkte ihre Anstrengungen, sich zu befreien. Sie hatte keine Ahnung, was um sie herum vorging, aber es sah wie eine geringfügige Chance aus, ihrem Peiniger zu entkommen.
Auf einmal erschlafften Georges Arme, und sie stürzte kopfüber von seinem Schoß auf den Boden der Kutsche. Hastig rollte sie sich auf Hände und Knie und rappelte sich hoch, warf die Decke von sich und kam hochrot, atemlos und in Schweiß gebadet zum Vorschein… um George bewußtlos und in sich zusammengesunken in den Polstern der Kutsche lehnen zu sehen – neben ihm Ted, seine Hand noch zur Faust geballt, während er Juliana mit unverhüllter Mißbilligung betrachtete.
»Ich habe, weiß der Himmel, Dringenderes zu tun, als auf der Suche nach Ihnen durch die ganze Stadt zu hetzen«, knurrte er, bevor er die Tür aufschwang und zum Kutschbock hinaufrief: »He… Kutscher! Helfen Sie mir mal, diesen Kerl loszuwerden.«
Der Kutscher erschien in der offenen Tür. Er musterte den bewußtlosen George zweifelnd. »Und wer wird mir den Fahrpreis bezahlen?«
Ted gab keine Antwort. Er packte George an den Schultern und hievte ihn von der Sitzbank. »Hier, nehmen Sie seine Beine.«
Der Kutscher gehorchte. Eine kleine Menschenmenge hatte sich bereits um sie versammelt, aber niemand schien sonderlich betroffen, als die beiden Männer George aus der Kutsche wuchteten und ihn gegen die Wand einer Taverne lehnten.
»So, das hätten wir«, sagte Ted und wischte sich die Hände ab. »Und jetzt in die Albermarle Street, Kutscher.«
»Also zahlen Sie den Fahrpreis von dem Brocken da zusammen mit Ihrem?« fragte der Mann mißtrauisch.
»Keine Sorge, Sie werden Ihr Geld schon bekommen«, erwiderte Ted ungeduldig, als er sich mit einer für einen so großen, kräftigen Mann erstaunlichen Behendigkeit in die Kutsche schwang. Juliana schoß der Gedanke durch den Kopf, daß der Plumps, den sie vorhin gehört hatte, von Teds Überraschungsangriff auf die Droschke hergerührt haben musste.
»Soll mir recht sein.« Der Kutscher kletterte frohgemut pfeifend zurück auf den Bock. »Joe Hogg fährt überallhin, tut alles, das ist mein Motto. Solange der Lohn stimmt, versteht sich. Dienst am Kunden ist selbstverständlich für mich!«
Juliana trat die stinkende Pferdedecke unter den Sitz. Vermutlich hatte der gefällige Kutscher sie George geliehen. Nach dem, was sie seit ihrer Ankunft in London auf den Großstadtstraßen beobachtet hatte, wunderte es sie nicht, daß George sie so ungehindert hatte entführen können.
Ted ließ sich in eine Ecke der Droschke sinken und musterte sie in verdrießlichem Schweigen.
»Woher haben Sie gewußt, wo Sie nach mir suchen sollten?« fragte Juliana zögernd.
»Seine Gnaden hatte so eine Ahnung.«
Dann hatte Tarquin den Brief also doch gelesen. Aber warum hatte er nichts gesagt… sie nicht daran gehindert, Ted zu entwischen? Aber vielleicht war sie Ted gar nicht entwischt. »Sind Sie mir den ganzen Morgen über gefolgt?«
Ted grunzte bejahend.
»Dann war George also niemals wirklich eine Gefahr für mich«, sagte Julia nachdenklich, während ihre Erleichterung von Zorn verdrängt wurde. Ted hatte sie absichtlich in Georges Hinterhalt tappen lassen!
Ted sparte sich die Antwort. Die Droschke hielt vor dem Haus in der Albermarle Street, und Juliana sprang vor ihrem Beschützer auf das Pflaster. Sie überließ es ihm, mit dem Kutscher zu verhandeln, und marschierte die Treppe hinauf und in die Halle.
»Wo ist Seine Gnaden, Catlett?«
»Hier.« Der Herzog antwortete von der Tür zur Bibliothek, noch bevor Catlett irgend etwas begriff. Seine grauen Augen waren so kalt wie ein Winterhimmel, sein Mund eine schmale, angespannte Linie. »Lassen Sie uns Ihr Schlafgemach aufsuchen, Lady Edgecombe.« Er bedeutete ihr mit einer Geste, vor ihm die Treppe hinaufzugehen.
Juliana zögerte, dann gab sie nach, als ihre Vernunft ihr sagte, daß es nicht ratsam wäre, ihrem eigenen Zorn in Anwesenheit des Butlers freien Lauf zu lassen. Der Herzog mochte vielleicht glauben, er hätte Grund, wütend auf sie zu sein, aber sie wollte ihm ebenfalls gehörig den Marsch blasen.
Sie erklomm die Treppe und warf die Tür zu ihrem Schlafzimmer auf, dann wirbelte sie herum, um ihn zu konfrontieren, als er hinter ihr den Raum betrat. Kaum im Gemach, packte er sie an den Schultern und schüttelte sie wütend, noch bevor sie
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