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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Freundinnen zu treffen, dann hätte ich mich nicht allein in die Russell Street begeben müssen. Sie haben das Recht, sich zu weigern, die Mädchen unter Ihrem Dach zu empfangen, aber Sie haben kein Recht, mich daran zu hindern, sie unter ihrem zu besuchen.«
    »Wir haben einen Vertrag«, erinnerte Tarquin sie. »Und eine der Klauseln lautet, daß du dich geziemend zu benehmen hast, wie es sich für die Viscountess Edgecombe gehört. Mit Freudenmädchen zu verkehren ist
kein
passendes Benehmen. Durch die Straßen zu ziehen, wenn man wie ein wandelnder Heuschober aussieht, widerspricht ebenfalls den Regeln. Deshalb wirst du es in Zukunft unterlassen.«
    Juliana wandte sich von ihrem Spiegelbild ab. Es verlieh den Argumenten des Herzogs zuviel Nachdruck. Trotzdem würde sie nicht klein beigeben und auf ihr Recht verzichten, ihre Freunde selbst auszuwählen. Aber dies zu sagen hätte im Moment wohl wenig Sinn. »Sie sprechen von einem Vertrag, Mylord. Kann es denn ein echter Vertrag sein, wenn die eine Seite durch Erpressung dazu gezwungen wurde, ihn zu unterzeichnen?«
    »Du hast ihn unterzeichnet im Einverständnis mit meinem Schutz, der Sicherheit und dem Komfort meines Hauses, mit der Zusicherung deines Unterhalts. Ich muß schon sagen, das ist wirklich eine seltsame Art von Erpressung.« Seine Stimme klang eisig.
    »Und wenn ich ihn nicht unterzeichnet hätte, dann hätten Sie mich verraten«, schleuderte sie ihm bitter entgegen.
    »Habe ich das jemals gesagt?«
    Ihr Mund öffnete sich erstaunt. »Nein, aber… aber Ihre Worte ließen darauf schließen!«
    Er zuckte die Achseln. »Wie du meine Worte zu interpretieren beliebst, ist nicht meine Sache.«
    »Wie können Sie so etwas sagen?« Sie starrte ihn ungläubig an. »Was sind Sie doch für ein betrügerisches, aalglattes Individuum! Ach, gehen Sie doch und lassen Sie mich in Ruhe!« Mit einer zornigen Bewegung kehrte sie ihm den Rücken zu, als sie versuchte, erneute Tränen zurückzudrängen.
    Tarquin betrachtete ihren Rücken in stirnrunzelndem Schweigen, während er sich nachdenklich mit den Fingerspitzen über die Lippen strich. Niemals hätte er sie der Polizei ausgeliefert, aber das hatte Juliana natürlich nicht wissen können. Dagegen war ihr durch sein Eingreifen ein erbärmliches Leben auf den Straßen erspart geblieben und wahrscheinlich auch ein früherer elender Tod. Die Tatsache, daß er dies auch in seinem eigenen Interesse bewerkstelligt hatte, änderte nichts an jener Wahrheit. Warum konnte sie die Situation nicht einfach akzeptieren? Er verstand beim besten Willen nicht, was sie gegen ihr derzeitiges Leben einzuwenden hatte. Sie war sicher vor ihrem Ehemann und dennoch bis ans Ende ihrer Tage gut versorgt. Weshalb bereitete es ihr nur ein solches Vergnügen, ihm bei jeder Gelegenheit zu trotzen? Wenn er geahnt hätte, daß sie ihm derart viel Arger bereiten würde, als er sie durch Mistress Dennisons Guckloch beobachtet hatte, dann wäre ihm sicher ein anderes Werkzeug lieber gewesen, um Lucien zu kontrollieren.
    »Gehen Sie endlich!« wiederholte Juliana giftig. »Sie haben gesagt, was Sie zu sagen hatten. Und es gibt keinen Anlaß zur Schadenfreude.«
    Schadenfreude!
Tarquin hätte beinahe laut gelacht. Wenn jemand schadenfroh sein könnte, dann war es Juliana. Er machte auf dem Absatz kehrt und überließ sie ihren brennenden Tränen.

22. Kapitel
    »Es sieht so aus, als kennten Sie Lady Lydia schon ein ganzes Leben lang«, bemerkte Juliana mehrere Tage später zu Lord Quentin, als er in ihren Salon zurückkehrte, nachdem er ihre Gäste zu ihren Kutschen hinausbegleitet hatte.
    »Wie kommen Sie darauf?« Er trat an das Fenster, das auf den Garten hinausging, damit sie sein Gesicht nicht sehen konnte.
    »Ach, nur so. Ich habe den Eindruck, daß Sie sehr ungezwungen miteinander umgehen. Wie richtig alte Freunde!« Sie füllte mit betont unbeteiligter Miene ihrer beider Kaffeetassen nach.
    In den letzten paar Tagen war Lady Lydia ein häufiger Gast bei Lady Edgecombe gewesen. Irgendwie fielen ihre Besuche jedesmal mit Lord Quentins scheinbar zufälliger Anwesenheit in Julianas Salon zusammen. Lady Lydia kam natürlich nie allein; sie hatte immer eine Freundin oder Bekannte ihrer Mutter im Schlepptau, eine Dame, die darauf brannte, der frischgebackenen jungen Ehefrau einen Höflichkeitsbesuch abzustatten. Aber es war klar, zumindest für Juliana, daß diese Anstandsdamen lediglich zur Tarnung dienten. Hinter ihrem Rücken konnten Lady Lydia und

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