Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
Vom Netzwerk:
eine auf Abwege geratene Bedienstete, die man wegen irgendeiner kleinen Sünde in ihrer Dachkammer eingesperrt hatte. Niemand würde sich in die Angelegenheiten eines fremden Haushalts einmischen.
    Niedergeschlagen ließ sich Juliana auf die Chaiselongue fallen und kaute an einem Fingernagel, die Brauen zu einem grimmigen Strich zusammengezogen. Im Grunde hatte sie es sich selbst zuzuschreiben, daß sie in diese prekäre Lage geraten war, weil sie blindlings einem freundlich erscheinenden Gesicht vertraut hatte. Und schuld daran war wieder mal ihre verdammte Unbeholfenheit. Schlimm, wie sie immer wieder sozusagen über ihre eigenen Füße fiel und Hals über Kopf in eine hässliche Geschichte hineinstolperte! Dennoch gab es vorläufig nichts, was sie dagegen unternehmen konnte, bis sich jemand dazu herabließe, ihr Verschiedenes zu erklären, und sie das volle Ausmaß der Klemme begriffe, in der sie steckte.
    Der Vormittag verging quälend langsam, und es wurde früher Nachmittag, bis sich der Schlüssel im Schloss endlich erneut drehte und die Tür aufging, um das wortkarge Hausmädchen hereinzulassen.
    »Mistress erwartet Sie in dem kleinen Salon, Miss.« Sie knickste. »Wenn Sie bitte mitkommen würden…«
    »Es wird aber auch langsam Zeit«, knirschte Juliana verärgert und stürmte an dem Mädchen vorbei, das hinter ihr herrannte und sich dann an ihr vorbeizwängte, um sie den Korridor entlangzuführen und eine Treppe hinunter zu einer Doppeltür am unteren Absatz der Haupttreppe.
    Das Dienstmädchen riß die Tür auf und verkündete mit schriller Stimme: »Die junge Miss ist hier, Ma'am.«
    Eine verbindlich lächelnde Mistress Dennison erhob sich aus ihrem Sessel. »Meine Liebe, ich bitte vielmals um Entschuldigung für die verschlossene Tür«, sagte sie, während sie mit ausgebreiteten Armen auf Juliana zukam. »Aber nach Ihrer kleinen Eskapade heute morgen hatte ich große Angst, Sie würden davonlaufen, bevor ich eine Chance hätte, Ihnen die Dinge zu erklären. Und jetzt sagen Sie, daß Sie mir verziehen haben, ja?« Sie nahm die Hände des jungen Mädchens in ihre und strahlte sie an.
    Juliana konnte keinerlei Verrat in den großen blauen Augen entdecken oder einen hinterhältigen Unterton aus der glatten, sanften Stimme heraushören. Aber sie entzog der Frau ihre Hände mit einer entschiedenen, wenn auch nicht unhöflichen Geste, und sagte: »Madam, es fällt mir schwer, etwas zu verzeihen, was ich nicht verstehe. Hätten Sie mich gebeten, im Haus zu bleiben, dann wäre ich Ihrem Wunsch selbstverständlich nachgekommen, nachdem Sie mich gestern mit derartiger Freundlichkeit behandelten.«
    Elizabeth schaute fragend auf. »Ist das wirklich wahr?« Dann nickte sie. »Ja, ich glaube schon. Ich fürchte, das Leben in der Großstadt macht einen furchtbar mißtrauisch. Man vergißt, wie aufrichtig und unverdorben die jungen Mädchen vom Lande im allgemeinen sind.«
    Sie setzte sich auf eine samtüberzogene Chaiselongue und klopfte einladend auf den Platz neben sich. «Bitte, kommen Sie, meine Liebe. Ich habe Ihnen einen Vorschlag zu unterbreiten.«
    »Einen Vorschlag?« Juliana nahm Platz. »Am liebsten würde ich mir meinen Lebensunterhalt verdienen, Madam, wie ich gestern bereits erklärte. Wenn Sie Arbeit für mich haben, dann bin ich Ihnen wirklich sehr dankbar.«
    »Nun, ich weiß nicht, ob Sie meinen Vorschlag direkt als Arbeit bezeichnen würden«, erwiderte die Dame mit einem nachdenklichen kleinen Stirnrunzeln. »Aber… doch, ich denke schon, daß es in gewisser Weise Arbeit ist.«
    Juliana blickte sich in dem Raum um. Er war kleiner und intimer als der Salon im Erdgeschoß, und seine üppigen, eleganten Möbel schienen förmlich zu den sinnlichen Freuden des Müßiggangs einzuladen.
    »Madam, ist dieses Etablissement ein Bordell?« Die Frage bedurfte eigentlich nur noch einer Bestätigung, denn sie hatte die Antwort darauf bereits während ihrer langen Stunden des Eingesperrtseins erraten.
    »Aber nicht doch!« Mistress Dennison richtete sich kerzengerade auf ihrer Chaiselongue auf und sah sichtlich gekränkt aus. »Wir haben nur höchst vornehme und handverlesene Gäste in unseren Salons, und unsere jungen Damen bewegen sich in den besten Kreisen der Gesellschaft.«
    »Ich verstehe«, erwiderte Juliana trocken. »Also dann ein erstklassiges Bordell.«
    Mistress Dennisons Miene verlor einen guten Teil ihrer Liebenswürdigkeit. »Nun seien Sie nicht töricht und kindisch, Mädchen. Sie haben kaum

Weitere Kostenlose Bücher