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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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fein vergoldet, die Teppiche dick geknüpft, die Draperien und Polster aus smaragdgrünem Samt. Ein muffiger Geruch nach kaltem Tabak und Wein hing in der Luft und kämpfte mit dem Duft der frischen Rosen und der Schalen mit getrockneten Blüten, die auf jeder freien Fläche im Raum verteilt waren.
    Juliana konnte einen Lakaien und ein Hausmädchen ausmachen, die die Möbel im Salon staubwischten, doch abgesehen von dieser Aktivität schien eine eigenartige Stille über dem Haus zu liegen. Es wirkt wie eine Bühnendekoration, dachte sie. Alles ist bereit und wartet nur noch auf die Schauspieler. Die Atmosphäre war ganz und gar nicht wie in einem Privathaus, eher wie in einem Hotel.
    Mit einem verwirrten Stirnrunzeln wandte Juliana sich ab und strebte auf das Dienstmädchen zu, das den Fußboden polierte. Sie hatte jedoch noch keine drei Schritte getan, als plötzlich eine ruhige, aber von großer Autorität erfüllte Stimme hinter ihr sagte: »Und was glauben Sie, wo Sie hingehen, Missy?«
    Sie wirbelte herum, verblüfft und erschrocken, weil sie keinerlei Schritte hinter sich gehört hatte. Ein stämmiger Mann in roter Livree mit einer gepuderten Perücke, beeindruckenden Goldtressen und Epauletten auf seinem Rock und einer schweren goldenen Uhrkette quer über seiner massigen Brust musterte sie von Kopf bis Fuß, die Hände in die Hüften gestützt.
    »Ich bin im Begriff, einen Spaziergang zu machen«, erwiderte Juliana, wobei sie unbewusst das Kinn vorreckte und ihr Gegenüber mit herausforderndem Blick begutachtete. »Falls Sie das irgend etwas angeht.«
    Ein seltsamer kleiner Laut kam aus dem Mund des Dienstmädchens, das wenige Meter entfernt noch immer auf den Knien lag und eifrig schrubbte. Juliana warf ihr einen schnellen Blick zu, doch das Mädchen hielt den Kopf gesenkt und schien jetzt sogar noch mehr Anstrengung auf seine Arbeit zu verwenden. Juliana wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem livrierten Butler zu – oder zumindest nahm sie an, daß er ein solcher sein müsse.
    Er musterte sie mit einem Ausdruck der Ungläubigkeit. »Es scheint, als müßten Sie noch eine Menge über dieses Etablissement lernen, Missy«, erklärte er. »Und Lektion Nummer eins lautet: Mein Name ist Garston.
Mr.
Garston für Sie oder auch schlicht und einfach
Sir.
Und übrigens: Alles, was Sie tun, geht mich etwas an.«
    Ihre Augen sprühten grünes Feuer vor Zorn. »Mein guter Mann, die einzige Person, die das Recht hat, mich über mein Tun und Lassen in diesem Haus auszufragen, ist Mistress Dennison. So, wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden, ich möchte einen Spaziergang machen.« Sie versuchte, an ihm vorbei zur Tür zu gelangen, doch er bewegte seine massige Gestalt mit verblüffender Schnelligkeit, um ihr den Weg zu versperren.
    »Die Tür ist geschlossen, Mädchen.« Er klang eher amüsiert als verärgert über ihren Trotz.
    »Das ist sie nicht!« gab sie aufgebracht zurück. »Die Tür steht weit offen zur Straße.«
    »Die Tür ist für die Damen dieses Hauses so lange verschlossen, wie ich es sage«, erwiderte er stoisch, während er die Arme vor der Brust verschränkte und sie mit einem nachsichtigen Lächeln betrachtete.
    Seltsam. Wie soll ich das verstehen? dachte Juliana und starrte zu ihm auf, für den Augenblick sprachlos vor Verwirrung. Während sie noch ihre Gedanken zu ordnen versuchte, ertönte plötzlich schallendes Gelächter von der offenen Tür her, als zwei junge Frauen die Halle betraten, gefolgt von einem Lakaien. Sie waren in Abendkleidung und trugen Dominokittel über ihren weiten Reifröcken sowie schwarze Halbmasken vor den Augen.
    »Allmächtiger, das war vielleicht eine Nacht!« verkündete eine von ihnen, während sie heftig ihren Fächer betätigte. »Ein verdammt eifriges Paar von Schwertkämpfern, das kannst du mir glauben, Lilly!«
    Die andere Frau brach erneut in schallendes Gelächter aus und nahm ihre Maske ab. »Dieser Lord Bingley, das könnte ich schwören, hätte mich doch glatt noch eine weitere volle Stunde 'rangenommen, wenn ich nicht vor Erschöpfung beinahe ohnmächtig geworden wäre…
    Oh, Mr. Garston, seien Sie doch so gut und schicken Sie mir ein Bad mit Kräutersalz auf mein Zimmer, ja? Ich hab's wirklich dringend nötig.«
    »Sofort, Miss Lilly.« Er verbeugte sich. »Ich nehme an, Sie und Miss Emma hatten eine gute Nacht. Mr. und Mistress Dennison werden höchst erfreut sein, das zu hören.«
    »Gott ja, soweit ganz gut, Mr. Garston.« Miss Emma gähnte.

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