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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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gehört?« fragte der Fuhrmann, während er in seine Tasche griff, um seine Tonpfeife hervorzuholen. Der Korb blieb trotz seiner Bewegungen fest auf seinem Kopf. Er rieb Feuerstein an Zunder und zündete den stinkenden Tabak an.
    Der Kutscher hörte kaum hin. Er blickte sich noch immer hektisch nach allen Richtungen um und versuchte sich darüber klarzuwerden, was er als nächstes tun sollte.
    »Eine Gruppe von Edelnutten ist gestern in Cocksedges Schokoladenstube von den Bütteln verhaftet worden«, fuhr der mitteilsame Fuhrmann fort, während er gemächlich seine Pfeife paffte. »Haben einen Aufruhr angezettelt… behauptet jedenfalls die alte Puffmutter. Sie hat was gegen die Mädchen in der Hand gehabt, darauf gehe ich jede Wette ein. Hat den bösen Blick, die Alte, ich täusch' mich da nicht!«
    Langsam dämmerte es dem Kutscher. Er erinnerte sich wieder an die Szene, die er kurz nach Mitternacht beobachtet hatte. Der Anblick des flammenden Rotschopfes war ihm im Gedächtnis haftengeblieben. »Was sagst du da?« fragte er beklommen. Arglos wiederholte der Fuhrmann seine Bemerkungen. »Sie haben die Mädchen Richter Fielding vorgeführt, soweit ich gehört habe, aber…« Verwundert starrte er dem Kutscher nach, der plötzlich zu seinem Fahrzeug und den unruhig mit den Hufen scharrenden Pferden zurückhetzte.
    Der Mann kletterte hastig auf den Bock, ließ mit einem lauten Ruf der Ermunterung seine Peitsche knallen; die Pferde machten einen Satz vorwärts und fielen fast augenblicklich in einen schnellen Trab, während die Kutsche schaukelnd und schwankend hinterherrumpelte. Sie streiften einen Gemüsestand, und der Besitzer rannte laut fluchend hinter ihnen her. Gerade noch rechtzeitig wurde ein Kind von einer zornigen Frau unter den stampfenden Hufen weggezogen. Ein magerer Straßenköter flitzte zwischen die Räder der Kutsche und tauchte wie durch ein Wunder unverletzt auf der anderen Seite wieder auf.
    Draußen vor dem Haus des Richters in der Bow Street brachte der Kutscher die schwitzenden Pferde zum Stehen, kletterte mit zitternden Knien vom Bock und rannte die Stufen hinauf, um heftig den Türklopfer zu betätigen. Der Lakai, der die Tür öffnete, war zuerst ziemlich überheblich und wenig hilfreich, bis sein Blick auf das herzogliche Wappen am Wagenschlag fiel. Da war er plötzlich die Liebenswürdigkeit in Person. Ja, vor ungefähr einer Stunde oder so wurde hier eine Gruppe von Huren Sir John vorgeführt. Drei von ihnen seien zu einer längeren Haftstrafe in der Besserungsanstalt Tothill Bridewell verurteilt worden, die anderen kamen wieder frei, nachdem ihre Bordellwirtinnen eine Geldstrafe für sie bezahlt hatten. Und, ja, eine der Frauen, die wohl zu den Rädelsführerinnen gehörte, sei ein hochgewachsener, grünäugiger Rotschopf gewesen. Er erinnere sich vage daran, daß sie ein dunkelgrünes Kleid trug.
    Der Kutscher dankte dem Mann und kehrte zu seiner Kutsche zurück. Seine Welt schien Amok zu laufen. Lady Edgecombe, als Hure verhaftet und in die Besserungsanstalt Tothill Bridewell abtransportiert! Es ergab einfach keinen Sinn. Und dennoch war es die einzig plausible Erklärung für das seltsame Verschwinden Ihrer Ladyschaft.
    Er wendete die Pferde und kutschierte in Richtung Albermarle Street, während sich seine Gedanken förmlich überschlugen. Unter den Bediensteten wurde allgemein gemunkelt, daß etwas faul war an der Art, wie Lady Edgecombe im Hause Einzug gehalten hatte. Die ganze Heirat mit dem Viscount stank zum Himmel. Lady Edgecombe war in dem Schlafgemach direkt neben dem des Herzogs untergebracht, und ihr Ehemann trollte sich von einem Tag auf den anderen aus der Albermarle Street davon.
    Leider würden ihm die Schlußfolgerungen, die er aus all dem zog, nicht das geringste nützen, wenn er sich dem Zorn des Herzogs stellen musste. Er hatte ein flaues Gefühl im Magen, als er in den Stallhof einbog, die Pferde in der Obhut eines Pferdeknechts zurückließ und das Gebäude durch die Hintertür betrat.
    Drinnen herrschte die übliche gedämpfte, aber rege morgendliche Geschäftigkeit, während die Hausmädchen wachsten, polierten, wischten und abstaubten. Die Küche verströmte die köstlichen Düfte von knusprigem Speck und Nierenpudding, und der Stiefeljunge und die Küchenmagd trugen soeben dampfende Schüsseln in den Speiseraum der Bediensteten. Der Kutscher wußte, daß er sich Catlett anvertrauen musste, wenn er mit dem Herzog sprechen wollte. Und er wußte auch, daß er

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