Wilde Chrysantheme
ganzen Körper, ihre Brustspitzen drängten sich gegen das spitzenbesetzte Mieder ihres Kleides, und sie musste den Drang bekämpfen, die Lider vor jenem trägen und dennoch so eigenartig durchdringenden Blick der stahlgrauen Augen zu senken.
»Selbstverständlich«, erwiderte er und trank einen Schluck Wein. »Aber zuerst möchte ich Ihnen eine Frage stellen. Sind Sie noch Jungfrau?«
Juliana fühlte, wie alle Farbe aus ihrem Gesicht wich. Sie starrte ihr Gegenüber ungläubig an. »Was geht
Sie
das an?«
»Es geht mich in der Tat eine ganze Menge an«, sagte der Herzog ruhig. »Ob ich Ihnen meinen Vorschlag unterbreite oder nicht, hängt ganz von Ihrer Antwort ab.«
»Ich denke nicht daran, eine solche Frage zu beantworten«, erklärte Juliana zutiefst empört.
»Meine Liebe, Sie müssen. Wenn Sie sich die Peinlichkeit einer Untersuchung ersparen wollen«, fuhr er unbeirrt fort. »Mistress Dennison wird die Antwort auf ihre Weise herausfinden, wenn Sie es mir nicht sagen wollen.«
Juliana schüttelte den Kopf, sprachlos vor Wut und Entrüstung.
Der Herzog erhob sich von seinem Sessel und trat auf das Sofa zu. Er beugte sich über Juliana, nahm ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und hob ihr Gesicht empor, während er ihr unverwandt in die Augen sah. »Juliana, Sie haben Mistress Dennison erzählt, daß Ihr Ehemann gestorben wäre, bevor die Ehe vollzogen wurde. Ist das die Wahrheit?«
»Warum sollte ich so etwas sagen, wenn es nicht stimmt?« Irgendwie gelang es ihr immer noch, hart und unnachgiebig zu klingen, selbst als sie ihm die gewünschte Antwort lieferte, weil sie wußte, daß ihr keine andere Wahl blieb.
Er hielt ihr Kinn einen Moment lang schweigend fest, während sie ihn finster anfunkelte und wünschte, sie hätte ein Messer. Grimmig malte sie sich aus, wie sie es ihm in die Brust stieß, als er so dicht vor ihr stand, daß sie den Duft seiner Haut riechen konnte und einen schwachen Hauch der getrockneten Lavendelblüten, die zweifellos in kleinen Beuteln zwischen seiner frisch gewaschenen Leibwäsche lagen.
Schließlich nickte er knapp und gab ihr Kinn wieder frei. »Ich glaube Ihnen.«
»Oh, Sie erweisen mir wirklich zuviel der Ehre, Sir!« zischte Juliana mit zornbebender Stimme. Blitzschnell sprang sie auf die Füße und rammte ihm mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, ihre Faust in den Bauch.
Der Herzog krümmte sich mit einem schmerzerfüllten Japsen vornüber, doch als sie herumwirbelte, um aus dem Salon zu fliehen, packte er sie am Handgelenk und hielt sie fest, obwohl er noch immer mühsam nach Luft rang.
Juliana wehrte sich verbissen, um ihr Handgelenk aus seinem stahlharten Griff zu befreien. Sie hob einen Fuß, um ihn gegen das Schienbein zu treten, aber er wich ihr geschickt aus und schwang sie rasch seitwärts, so daß ihr Fuß nur seinen Schenkel streifte.
»Halten Sie still!« stieß er keuchend zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Großer Gott im Himmel, Mädchen!« Er riß hart an ihrem Handgelenk, und schließlich gab sie ihren erbitterten Kampf auf.
Langsam richtete Tarquin sich wieder auf, als der Schmerz in seiner Magengrube verebbte und er wieder atmen konnte. »Haar, so rotglühend wie die Feuer der Hölle, geht offensichtlich mit einem teuflischen Temperament einher«, ächzte er, und zu Julianas Erstaunen verzogen sich seine Lippen zu einem reumütigen Lächeln, obwohl er ihr Handgelenk weiterhin fest umklammert hielt. »Ich werde mir das in Zukunft immer wieder in Erinnerung rufen müssen.«
»Was wollen Sie von mir?« begehrte Juliana auf. Ein überwältigendes Gefühl von Hilflosigkeit ergriff sie und drohte, ihr allen Mut zu nehmen, doch noch während sie sich dagegen wehrte, erkannte sie die Sinnlosigkeit ihres Kampfes.
»Ganz einfach, Kind. Ich möchte, daß Sie meinen Cousin, Viscount Edgecombe, heiraten.« Er ließ ihr Handgelenk los, als er dies sagte, und zog dann ruhig seinen verrutschten Überzieher wieder gerade sowie die in Unordnung geratenen Spitzenmanschetten seines Hemds.
»Sie wollen, daß ich
was
tue?«
»Ich glaube, Sie haben mich gehört.« Er schlenderte zur Anrichte, um sein Weinglas nachzufüllen. »Möchten Sie noch etwas Champagner?«
Juliana schüttelte stumm den Kopf. Sie hatte den Inhalt ihres Glases noch kaum angerührt. »Das verstehe ich nicht.«
Der Herzog wandte sich ihr erneut zu und nippte nachdenklich an seinem Wein. »Ich brauche eine Ehefrau für meinen Cousin, Lucien. Eine Ehefrau, die ein Kind
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