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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Stoff ihres Morgenmantels zu ergießen.
    »Ich sehe wie eine jungfräuliche Schäferin aus«, murmelte sie. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund ließ der Gedanke ihre Augen aufleuchten und verstärkte noch die Erregung, die in ihrem Bauch kribbelte.
    »Ganz die Unschuld«, stimmte Bella zu. »Ich schätze, das ist es wohl, wonach es Seine Gnaden heute abend gelüstet.«
    »Geben die Gentlemen ihre speziellen Vorlieben immer schon vorher zu erkennen?«
    »Nicht immer.« Bella machte sich daran, den Frisiertisch aufzuräumen. »Manchmal müssen sich die Damen ganz schnell umziehen, wenn ein Gentleman plötzlich was anderes will. Ich helfe ihnen dann immer. Ich und Minnie.« Sie sammelte Waschschüssel, Wasserkrug, Waschlappen und Handtuch ein. »Die Sachen hier sollen schnell runter, Miss. Und dann bringe ich die Erfrischungen.«
    Juliana trat ans Fenster, nachdem die Zofe hinaus geeilt war. Die Dämmerung senkte sich herab, und die schwüle, unbewegte Luft trug deutlich den Lärm des wilden Treibens auf dem Marktplatz zu ihr herüber. Musik war über das allgemeine Stimmengewirr hinweg zu hören, das Trillern einer Querflöte und der dumpfe Rhythmus von Trommeln. In der Straße unter ihrem Fenster saß ein blinder Harfenspieler auf einer Kiste und entlockte den Saiten eine wehmütige Melodie, während einige Schritte weiter ein Schuhputzer mit seinem schrillen Singsang potentielle Kunden anzulocken versuchte.
    Juliana hielt nach dem Herzog von Redmayne Ausschau. Doch noch während sie die Straße entlangspähte, fragte sie sich, ob er nicht vielleicht schon im Haus war. Der Türklopfer war im Laufe der letzten Stunde häufig ertönt, und die gewohnten abendlichen Geräusche erfüllten das Haus. Eilige Schritte, Gekicher, gedämpftes Geflüster war vor ihrer Zimmertür zu hören, als die Mädchen in ihre Kammern zurückkehrten, um kleinere Reparaturen vor dem Spiegel auszuführen. Juliana hatte noch keine männliche Stimme gehört, doch vermutlich saßen die Herren beim Tee im Salon und machten Konversation, als wäre dieses Haus in der Russell Street ein ganz normaler, kultivierter Club.
    »So, da wären wir wieder.« Bella schwankte unter dem Gewicht eines vollbeladenen Tabletts zur Tür herein. Auf ihren Fersen folgte ein Lakai, der ein Tablett mit Flaschen und Gläsern trug. Er stellte seine Last auf einem niedrigen Tisch vor dem Kamin ab und vermied es sorgsam, Juliana in ihrem verführerischen Gewand anzusehen. Vermutlich ist dies eine Regel des Hauses, dachte sie. Er wandte sich ab und ging hinaus, wieder ohne ein Wort oder einen Blick in ihre Richtung, und Bella begann, Teller und Schüsseln auf dem Tisch zu verteilen.
    »Also, Seine Gnaden hat eine besondere Vorliebe für roten Bordeaux«, erklärte sie. »Es ist der richtige Jahrgang, sagt Mr. Garston, deshalb brauchen wir uns darüber nicht weiter den Kopf zu zerbrechen. Hier ist Limonade für Sie. Die Mädchen trinken gewöhnlich nichts, wenn sie einen Gentleman bei sich haben. Aber hier ist noch ein zweites Weinglas, falls der Herzog will, daß Sie mit ihm anstoßen.« Sie ließ ihren Blick prüfend über den Tisch schweifen, während sie sich mit der Zunge über ihre Lippen fuhr. »Also, hier sind Hummerpastetchen und ein kleiner Salat aus Spargelspitzen, mit ein wenig Ol und Essig angerichtet.«
    Juliana machte sich nicht sonderlich viel aus Spargel, und von Hummer bekam sie einen Ausschlag, aber natürlich waren ihre eigenen Wünsche in diesem Fall nicht von Bedeutung. Auf dem Tisch stand außerdem eine Schale mit frischen Erdbeeren und bunte Leckereien, die sie unter anderen Umständen sicherlich verlockt hätten; an diesem Abend war sie jedoch viel zu nervös und aufgeregt, um auch nur einen Gedanken an Essen zu verschwenden.
    »So, haben wir jetzt alles?« Bella zählte an ihren Fingern ab, ob sie auch an das ganze Zubehör gedacht hatte. »Im Krug auf dem Waschtisch ist frisches warmes Wasser. Soll ich das Bett aufdecken, oder wollen Sie das später tun, Miss? Es ist so schwer zu beurteilen, was jeweils am besten paßt. Manche Gentlemen haben es gern, wenn man ihnen das Gefühl vermittelt, daß sie nach allen Regeln der Kunst verführt werden; sie wollen nicht in den Raum kommen und sehen, daß schon alles bereit ist. Andere wiederum verschwenden nicht gerne ihre Zeit und kommen lieber gleich zur Sache.«
    »Lassen Sie es, wie es ist«, erwiderte Juliana. Sie wußte, daß sie es nicht ertragen würde, neben einem aufgeschlagenen Bett zu sitzen und

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