Wilde Chrysantheme
Gefühl, etwas gefunden zu haben, das es zu hegen und zu pflegen galt. Es war ein seltsamer, phantastischer Gedanke, und er rätselte, woher er auf einmal gekommen war. Außer daß er sich damals, bei Pamela, ebenso freudig und vertrauensvoll hingegeben hatte und bitter enttäuscht worden war. Juliana sollte keine solche Enttäuschung durch ihn erfahren.
Sie regte sich in seinen Armen und erwachte. Mit einem kleinen behaglichen Schnaufer schmiegte sie sich noch fester an ihn. »Wie lange habe ich geschlafen?«
»Ungefähr fünf Minuten.« Er ließ seine Hand an ihrem Rücken hinuntergleiten und tätschelte ihren Hintern, bevor er sich aus ihrer Umarmung löste und vom Bett glitt. »Wein,
Mignonne?«
»Ja, bitte.« Juliana streckte sich träge und setzte sich auf. Blut haftete an der schlanken, cremeweißen Länge ihres Schenkels. Sie sprang mit einem kleinen Ausruf des Erschreckens vom Bett. »Wir hätten die Tagesdecke zurückschlagen müssen.«
Tarquin wandte sich mit einem Glas Wein in der Hand vom Tisch ab. Über ihre Besorgnis lächelte er, als sie die schwere Damastdecke auf Flecken untersuchte. Er stellte das Glas wieder ab und füllte statt dessen die Schüssel auf dem Waschtisch mit warmem Wasser aus dem Krug. »Komm, laß dich ein bißchen säubern«, sagte er einladend, als er einen Waschlappen auswrang.
Juliana kam zögernd auf ihn zu, unversehens schüchtern. Sie streckte die Hand aus, um ihm den Waschlappen abzunehmen, aber er sagte zärtlich: »Laß mich das für dich tun.«
Sanft schob er ihre Schenkel auseinander, und Juliana überließ sich seinen geschickten, intimen Aufmerksamkeiten. Ihre Verlegenheit schwand abrupt, als ihr aufging, daß er es genoß, was er mit ihr tat. Daß er die notwendige Säuberung in ein köstlich erregendes Ritual verwandelte.
Ihre Lider wurden schwer, und in ihrem Schoß züngelten erneut kleine Flämmchen des Verlangens, als er sich wieder aufrichtete und den Waschlappen in die Schüssel zurückwarf. »Das war doch nicht so schlimm, nicht wahr?« neckte er und küßte sie auf den Mund.
»Ich fühle mich ganz seltsam«, erwiderte Juliana aufrichtig. »Als hätte mir jemand den Boden unter den Füßen weggezogen.«
»Vielleicht wird dich ein leichtes Abendessen wieder auf die Beine bringen.« Tarquin öffnete den Kleiderschrank und nahm einen Herrenhausmantel aus Samt heraus. Er schlüpfte hinein und hob dann Julianas Morgenrock vom Fußboden auf. »Hier, zieh ihn für eine Weile wieder über.«
Juliana schlüpfte in das duftige Stück. »Für eine Weile« klang ausgesprochen vielversprechend. Vage fragte sie sich, wie lange sein eigener Mantel bereits in diesem Kleiderschrank gehangen hatte. Genauso vage überlegte sie, ob er ihn selbst dort hatte aufhängen lassen. Sie nahm das Glas Wein, das er ihr reichte.
Nach Hummer und Spargelsalat stand ihr nicht der Sinn, sie knabberte jedoch eine kandierte Frucht, während sie an ihrem Wein nippte und ihm beim Essen zuschaute.
»Ich nehme an, wir sollten uns mit der Trauungszeremonie möglichst beeilen«, sagte sie nach einem Moment. »Falls ich empfangen habe, könnte es etwas peinlich werden, ein Kind zu erklären, das sich zu früh bemerkbar macht.«
Tarquin blickte mit einem unwirschen Stirnrunzeln von seinem Teller auf. »Es ist wirklich nicht nötig, daß wir das heute abend diskutieren, Juliana.«
»Aber das ist doch wohl der Zweck der Übung gewesen…« Sie wußte selbst nicht, warum sie ausgerechnet jetzt damit anfing. Aber sie konnte sich anscheinend nicht zurückhalten. »Ich bitte um Verzeihung, Mylord.« Sie deutete einen Knicks an: »Es war sehr ungeschickt von mir, das Thema zu berühren. Sicher liegt es daran, weil ich so unerfahren in der Kunst bin, Männer zu erfreuen. Wenn ich mich etwas mehr an das Leben in einem Bordell gewöhnt habe, werde ich Sie bestimmt nicht wieder beleidigen, das versichere ich Ihnen.«
Der Herzog starrte sie einen Moment lang schweigend an, dann schmunzelte er. »Was für ein provozierendes Kind du doch bist«, meinte er. »Hier, nimm dir noch eine Leckerei.« Er reichte ihr den Korb.
Juliana zögerte, dann griff sie mit einem Achselzucken nach einer kandierten Muschel und setzte sich auf die Chaiselongue.
Tarquin nickte beifällig, bevor er sich wieder seinem Hummer widmete. »Zufälligerweise bin ich ebenfalls der Ansicht, daß die Trauungszeremonie so schnell wie möglich über die Bühne gehen sollte«, bemerkte er nach einer Weile, während er sich den Mund mit
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