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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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ehrlich, um zu lügen. Sie setzte ihre Tasse ab und fühlte, wie ihre Wangen glühten. »Nein, das ist er nicht«, gab sie zu. »Es verwirrt mich nur so schrecklich. Manchmal hasse ich ihn, und dennoch, bei anderen Gelegenheiten…« Sie zuckte hilflos die Achseln.
    Quentin nickte bedächtig und setzte seine eigene Tasse ab. Er nahm ihre Hände in seine und sagte ernst: »Sie sollen wissen, daß Sie auf mich zählen können, Juliana, in jeder Hinsicht. Ich habe einen gewissen Einfluß auf meinen Bruder, obwohl es oft so erscheinen mag, als ließe er sich von niemandem etwas sagen.«
    Der Ausdruck seiner grauen Augen war ruhig und ohne jeden Falsch, als er sie anblickte, und sie lächelte dankbar, von unermeßlichem Trost erfüllt. Zum ersten Mal in ihrem Leben bekundete ihr jemand seine aufrichtige Freundschaft.
    Ein erneutes Klopfen an der Tür unterbrach den Augenblick angespannten Schweigens, und der Butler erschien. »Lady Melton und Lady Lydia sind gekommen, Madam«, verkündete er. »Ich habe mir erlaubt, die Damen in den Salon zu führen.«
    »Danke, Catlett«, übernahm Quentin das Steuer. »Lady Edgecombe wird sofort herunterkommen… keine Sorge«, sagte er mit einem raschen Lächeln zu Juliana, als der Butler den Raum verließ. »Ich werde Ihnen bei der Tortur Gesellschaft leisten.«
    »Wird es denn eine Tortur sein?« Juliana betrachtete prüfend ihr Spiegelbild und strich sich mit nervöser Hand ein paar Locken aus der Stirn.
    »Uberhaupt nicht. Lydia ist der netteste und liebenswürdigste Mensch auf der Welt, und Lady Melton kann man auch nicht als schlimmen Drachen bezeichnen.«
    »Der Herzog scheint wenig erpicht, Lady Lydia zu heiraten«, sagte Juliana beiläufig, während sie eine Fingerspitze mit der Zunge anfeuchtete und ihre Augenbrauen glättete. »Er hat mir gesagt, es wäre eine Vernunftehe.« Sie erhaschte einen Blick auf Quentins Gesicht im Spiegel seitlich von ihnen, und ihr Herz machte einen Satz, als sie den Ausdruck von unsäglicher Niedergeschlagenheit in seinen Augen sah. Dann hatte er sich schon abgewandt und öffnete die Tür, um sie für sie aufzuhalten. Plötzlich erinnerte sie sich wieder lebhaft an seine demonstrative Gleichgültigkeit im Theater, eine Gleichgültigkeit, mit der er offensichtlich eine starke innere Anspannung hatte kaschieren wollen.
    Aber dies war nicht der richtige Moment, sich mit Rätseln zu befassen. Juliana entschied, später gründlich darüber nachzudenken, und bereitete sich auf ihren ersten gesellschaftlichen Auftritt als Lady Edgecombe vor. Doch erst als sie die Halle in Richtung Salon durchquerte, ging ihr siedendheiß auf, daß sie keine Geschichte hatte, um ihre Eheschließung mit dem Viscount zu erklären. Wer war sie angeblich? Woher kam sie? Hatte der Herzog den Meltons irgend etwas über sie erzählt? Und wenn ja, was?
    Panik kroch in ihr hoch, abrupt blieb sie mitten in der Halle stehen und hielt Quentin an seinem schwarzen Seidenärmel fest. »Wer bin ich?« flüsterte sie.
    Er runzelte verwirrt die Stirn, dann glätteten sich seine Brauen wieder, als er begriff, was sie meinte. »Eine entfernte Cousine der Courtneys aus York. Hat Tarquin Ihnen denn nicht gesagt… aber nein, natürlich nicht!« Entrüstet schüttelte er den Kopf.
    »Ich könnte ihm den Hals umdrehen!« zischte Juliana wütend. »Er ist wirklich der rücksichtsloseste, unausstehlichste, niederträchtigste…«
    »Meine liebe Juliana!« Die sanfte Stimme des Herzogs ertönte plötzlich auf der Treppe hinter ihr. »Könnte es sein, daß es möglicherweise um meine Person geht?« Seine Augen glitzerten amüsiert.
    Sie wirbelte zu ihm herum und verfing sich prompt mit einem Schuhabsatz im Saum ihres Kleides. Ein häßliches, reißendes Geräusch war zu hören. »Verdammt und zugenäht!« rief sie erglühend. »Jetzt sehen Sie nur, was Sie angerichtet haben!«
    »Geh hinauf und bitte Henny, den Riß für dich zu flicken«, schlug Tarquin gelassen vor. »Quentin und ich werden solange deine Gäste unterhalten, bis du repariert bist!«
    Juliana raffte ihre Röcke und bedachte ihn mit einem, wie sie hoffte, zutiefst verächtlichen Blick. Aber er lächelte unbeirrt und zwickte sie leicht in die Nase, als sie an ihm vorbei zur Treppe stürmte – mit einem beklagenswerten Mangel an Würde streckte sie ihm die Zunge heraus. Das belustigte Gelächter der beiden Männer folgte ihr die Stufen hinauf.
    Als sie zwanzig Minuten später den Salon betrat, eilte Tarquin mit liebenswürdiger Miene

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