Wilde Flammen
Hand fühlen.
»Sonst noch was?« Sie gab sich alle Mühe, gelangweilt zu klingen.
Einen langen Augenblick war nur das Rauschen des Regens zu hören. »Ja«, sagte Keane schlieÃlich. »Es gibt da etwas, worüber ich mir endlich klar werden muss.«
Jos Reflexe waren schnell, aber sie stand zu dicht bei ihm, als dass sie ihm hätte ausweichen können. Und er war ebenfalls schnell. Ihr Protest wurde von seinen Lippen höchst wirkungsvoll erstickt.
Natürlich hatte Jo sich schon vorher fest an einen männlichen Körper gepresst gefühlt â schlieÃlich trainierte sie oft genug mit den Akrobaten. Doch noch nie hatte sie derartige Empfindungen dabei verspürt. Mit jeder Faser ihres Seins fühlte sie Keane, seinen schlanken Körper, seine starken Arme, deren Kraft sie anfangs so unterschätzt hatte. Am intensivsten jedoch spürte sie seinen Mund auf ihren Lippen. An diesem Kuss war nichts Sanftes, nichts Zögerliches. Dieser Kuss eroberte ihren Mund und verlangte nach mehr, bevor sie ihre Reaktion überdenken konnte.
Jo vergaà den Regen. Sie vergaà die Kälte. Stattdessen verspürte sie eine innere Wärme, die sich in ihrem ganzen Körper ausbreitete. Sie vergaà sich selbst, oder besser die Frau, für die sie sich stets gehalten hatte. Durch Keanes Berührung erwachte eine neue, eine ganz andere Frau in ihr.
Als er sich schlieÃlich von ihr löste, blieb sie mit geschlossenen Augen stehen und lauschte auf den Nachhall dieser Erfahrung, die ihren ganzen Körper vibrieren lieÃ.
»Küssen kann ein gefährlicher Zeitvertreib sein, Jo.« Wieder beugte Keane den Kopf zu ihr hinab und küsste sie hart und fordernd. »Aber mit Gefahr kennen Sie sich ja aus, nicht wahr? Doch wie mutig sind Sie eigentlich ohne Ihre Raubkatzen?«
Plötzlich schlug ihr das Herz bis in den Hals. Ihre Knie wollten nachgeben, ein Schauer kroch ihr über den Rücken. Jo kannte dieses Gefühl. So fühlte sie sich, wenn sie eine gefährliche Situation mit einem der Löwen glimpflich überstanden hatte, wenn die Krise gemeistert war und sie auÃer Gefahr war. Erst dann überkam sie die Angst. Jetzt schaute sie in Keanes bernsteinfarbene Augen und erschauerte.
»Ihnen ist kalt.« Seine Worte klangen brüsk. »Kein Wunder. Gehen wir in meinen Wohnwagen. Ich mache uns schnell einen Kaffee.«
»Nein!« Ihr Protest kam impulsiv und mit erschreckender Heftigkeit. Im Moment war sie verletzlich, und sie besaà nicht genügend Erfahrung, um ihn abwehren zu können. Jetzt mit ihm allein zu sein wäre viel zu gefährlich.
Keane schob sie ein Stück von sich weg, ohne sie dabei loszulassen. »Was hier gerade passiert ist, ist rein persönlich. Mit dem Zirkus hat das nichts zu tun. Ich bin der festen Ãberzeugung, dass Privatleben und Geschäft strikt voneinander getrennt werden müssen, wenn ein Mann und eine Frau miteinander schlafen. Sie sind äuÃerst begehrenswert, Jolivette, und ich bin gewöhnt, mir zu nehmen, was ich will. Auf die eine oder andere Art.«
Seine Worte fachten lodernden Zorn in ihr an. Sie stemmte die Arme in die Hüften, und ihre Augen funkelten. »Niemand nimmt mich, weder auf die eine noch auf die andere Art«, sagte sie voller Verachtung. »Wenn ich mit einem Mann schlafe, dann nur weil ich es will.«
»Selbstverständlich.« Keane nickte zustimmend. »Wir beide werden wissen, wann die Zeit dafür gekommen ist. Natürlich wäre heute Abend kein schlechter Zeitpunkt. Aber ich bin der Meinung, wir sollten uns vorher erst noch etwas besser kennenlernen.«
Die Empörung raubte Jo schier den Atem. »Also, so etwas ungeheuerlich Arrogantes, so etwas Unerhörtes â¦Â«
»Und Ehrliches«, ergänzte Keane lässig. »Im Moment jedoch haben wir Geschäftliches zu besprechen. Auch wenn ich Küsse im Regen sehr romantisch finde, so ziehe ich für ein geschäftliches Gespräch doch eher eine trockene Umgebung vor.« Er hob abwehrend eine Hand, als sie etwas sagen wollte. »Der Kuss war eine Sache zwischen einem Mann und einer Frau. Die Unterredung ist eine Sache zwischen dem Zirkusbesitzer und einer unter Vertrag stehenden Artistin. Ist das so weit klar?«
Jo holte tief Luft, um ihre Stimme ruhig zu halten. »Glasklar«, antwortete sie und folgte ihm ohne ein weiteres Wort über die morastige Wiese.
Bei Keanes
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