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Wilde Flammen

Wilde Flammen

Titel: Wilde Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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aufgeschnappt. Aber wenn Sie die ganze Zeit unterwegs waren, wie sah es dann mit der Schule aus?«
    Sie hörte die leichte Kritik in seiner Stimme und erwiderte kühl: »Während der Winterpause besuchte ich die Schule, und während der Saison hatte ich einen Privatlehrer. Glauben Sie mir, Herr Anwalt, ich kann lesen und habe außer dem Abc noch eine ganze Menge gelernt. Wahrscheinlich weiß ich mehr über Geografie und Geschichte als Sie, und das aus interessanteren Quellen als Schulbüchern. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass ich mehr von Tieren verstehe als ein Veterinärstudent im Abschlussjahr. Ich spreche fünf Sprachen und …«
    Â»Fünf?«, fragte Keane ungläubig nach.
    Â»Nun, drei fließend«, gestand sie ein. »Bei Griechisch und Russisch habe ich ein paar Schwierigkeiten. Es darf nicht zu schnell gehen, und das kyrillische Alphabet fällt mir noch schwer.«
    Â»Wer hat Ihnen denn das beigebracht?«
    Â»Eine Gruppe von Jongleuren, die eine Zeit lang mit uns gereist sind.« Jo starrte in ihren Kaffee. »Russisch eignet sich für das Training mit den Löwen. Nur wenige Leute hier verstehen diese Sprache, und wenn ich auf Russisch fluche, fühlt sich niemand beleidigt.« Sein lautes Lachen ließ sie zusammenzucken. Mit gerunzelter Stirn schaute sie ihn an. »Was ist denn so amüsant?«, fragte sie leicht pikiert.
    Â»Sie, Jolivette.« Eingeschnappt wollte sie sich aufrappeln, doch er streckte blitzschnell die Hand nach ihr aus und hielt sie fest. »Nein, damit will ich Sie nicht beleidigen, im Gegenteil. Ich finde es nur absolut erstaunlich, wie lässig Sie über Ihre Fähigkeiten reden, mit denen jeder Universitätsprofessor angeben würde.« Mit einem Finger fuhr er sanft über ihr Handgelenk. »Sie faszinieren mich immer wieder aufs Neue. Wenn Sie mich verfluchen, Jolivette, geschieht das dann auch auf Russisch?«
    Â»Schon möglich.«
    Grinsend ließ er die Hand sinken und lehnte sich wieder im Sessel zurück. »Wie alt waren Sie, als Sie zum ersten Mal mit den Löwen aufgetreten sind?«
    Â»Vor Publikum? Siebzehn. Frank hat es mir nicht früher erlaubt. Er war nicht nur der Zirkusbesitzer, sondern auch mein Vormund. Also hatte er sogar in zweifacher Hinsicht über mich zu bestimmen. Meiner Meinung nach wäre ich schon mit fünfzehn so weit gewesen.«
    Â»Wie haben Sie Ihre Eltern verloren?«
    Die Frage kam unerwartet und überrumpelte sie. »Bei einem Brand«, antwortete sie leise. »Ich war sieben.«
    Â»Hier?«
    Sie wusste, seine Frage bezog sich nicht auf die geografische Lage, sondern auf den Zirkus. Jo nippte an ihrem Kaffee, bevor sie antwortete. »Ja.«
    Â»Und sonst haben Sie keine Familie?«
    Â»Der Zirkus ist meine Familie. Ich habe mich nie als Waise gefühlt, dieser Gedanke kam nie auf. Frank war immer da für mich.«
    Â»So?« Sein Lächeln war sarkastisch. »Wie machte er sich denn so als Vater?«
    Jo schaute Keane einen Moment lang schweigend an. War er verbittert? Oder amüsiert? Oder einfach nur neugierig? »Frank hat nie den Platz meines Vaters eingenommen«, sagte sie schließlich leise. »Das hat er auch nicht versucht, keiner von uns beiden wollte das. Wir waren Freunde, sehr enge Freunde. Ich hatte einen Vater, und er hatte ein Kind. Wir haben nicht nach Ersatz gesucht. Sie sehen ihm kaum ähnlich, wissen Sie das eigentlich?«
    Â»Ja, ich weiß.« Er tat es mit einem Schulterzucken ab.
    Â»Er hatte ein unglaublich freundliches Gesicht«, erinnerte sie sich mit einem liebevollen Lächeln. »Voller Lachfalten. Sein dunkles Haar begann gerade die ersten grauen Strähnen zu zeigen, als er …« Sie brach ab, schüttelte den Kopf. »Aber Ihre Stimme ist wie seine. Darf ich jetzt Ihnen eine Frage stellen?«
    Keane betrachtete sie einen Moment lang schweigend, dann nickte er zustimmend. »Schießen Sie los.«
    Â»Warum sind Sie hier? Als ich Ihnen diese Frage vor einigen Tagen stellte, habe ich die Beherrschung verloren. Das tut mir leid. Aber ich möchte es wirklich wissen. Ich möchte Sie verstehen.« Unsicherheit schlich sich in ihre Stimme, weil es so sehr gegen ihre Natur ging, neugierig zu sein. »Es muss doch schwierig für Sie sein, Ihre Kanzlei allein zu lassen, selbst für ein paar Wochen.«
    Keane nahm den letzten Zug von seiner Zigarette, bevor er sie im

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