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Wilde Flucht

Wilde Flucht

Titel: Wilde Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Tiere, für die Trophäenjäger fünfzehn- bis zwanzigtausend Dollar bezahlen. » Das ist ein enormes Stück, nicht wahr?«
    Nun war Finotta unvorbereitet erwischt. Doch er fing sich schnell. » Stimmt. Es kommt übrigens von meiner Ranch.«
    » Sieben Enden auf der einen und neun auf der anderen Seite, oder?«
    » Ja.«
    » Wissen Sie, ich glaube, den Bullen zu kennen«, sagte Joe und rieb sich das Kinn. » Ich habe ihn noch nie gesehen, aber viel von ihm gehört. Ein Führer, mit dem ich mich vor einem Jahr unterhalten habe, hat ihn aufgespürt. Er sagte, das Tier habe sieben Enden an der einen und neun an der anderen Seite des Geweihs gehabt und sei das größte Wapiti gewesen, das er je gesehen habe.«
    Finotta musterte Joe und fragte sich offensichtlich, wohin das führen sollte.
    » Er hat einigen Kunden von dem Tier erzählt und durchblicken lassen, es sei stattlicher als alle Bullen, die in den letzten zwanzig Jahren in den Bighorns geschossen wurden. Dieser Führer ist dem Tier ein ganzes Jahr lang gefolgt. Er wusste, wo es äste, wo es schlief und sogar, wo es am Abend Wasser trank.
    Dann war der Bulle plötzlich verschwunden«, fuhr Joe fort. » Das hat dem Führer das Herz gebrochen. Er hat es mir berichtet und gesagt, er sei womöglich gewildert worden, da die Jagdsaison erst in vier Monaten beginne.«
    Finotta reagierte gelassen. » Vielleicht ist das Tier gestorben. Oder es hat das Revier gewechselt. Wildtiere tun das mitunter, wissen Sie.« Er hielt inne. » Vielleicht ist es aber auch explodiert wie zehn meiner Rinder.«
    Joe griff sich einen Stuhl, schob ihn unter den Hirschkopf, trat auf die Sitzfläche, ehe Finotta ihn aufhalten konnte, untersuchte den Kopf und strich über das Geweih. » Da ist noch Bast dran«, stellte er fest.
    Bast ist die weiche, filzartige Schicht, die das jährlich nachwachsende Geweih von Rotwild, Elchen und Wapitis umgibt. Normalerweise werfen die Tiere das Geweih im Winter ab, um im Frühjahr ein neues, in aller Regel noch prächtigeres Geweih zu bekommen. Bis zur Jagdsaison im Herbst ist der Bast komplett abgefegt, dann bekommt das Geweih einen harten Glanz und ist so robust wie polierte Knochen. Joe hatte Fälle gesehen, bei denen sich Bastreste bis Oktober auf dem Geweih gehalten hatten, doch das war selten. Bast auf Finottas Wapitigeweih mochte verdächtig sein, bewies aber nichts.
    Joe stieg vom Stuhl. » Wann genau haben Sie dieses Tier geschossen?«
    Finotta erhob sich rasch und ließ die Handflächen auf die Tischplatte sausen. » Bezichtigen Sie mich etwa der Wilderei?«
    Joe zuckte unschuldig die Achseln. » Ich frage mich nur, wann und wo Sie dieses Tier geschossen haben.«
    Finotta atmete tief ein, und sein Blick wurde hart. » Ich habe es während der Jagdsaison erwischt. Im letzten Herbst. Auf meiner Ranch.« Die letzten Worte stieß er geradezu hervor.
    » Gut«, sagte Joe. » Falls dem so ist, haben Sie sicherlich nichts dagegen, wenn ich das überprüfe. Wir haben letzten Mai im Nationalforst einen großen Hirschbullenkadaver mit abgeschnittenem Kopf gefunden und DNA mitgenommen, die noch in meinem Tiefkühlschrank liegt. Die Wilderer haben nicht mal das Fleisch genommen – das macht diese Straftat meiner Ansicht nach zu einem Verbrechen erster Ordnung, da ein Kopfjäger sie begangen hat. Ich hasse Trophäenjäger, die nur das Geweih nehmen und den Rest liegen lassen. Ganz abgesehen davon, dass es hochgradig illegal ist.«
    Es war vollkommen still im Zimmer. Finotta funkelte Joe böse an und hatte die buschigen Brauen gerunzelt.
    » Deshalb hätte ich gern Ihre Erlaubnis, eine kleine Probe von dieser Trophäe nehmen zu dürfen.«
    » Vergessen Sie’s«, rief Finotta und wirkte beleidigt. » Ich habe für diesen Kopf in Jackson Hole sehr viel Geld bezahlt und erlaube Ihnen nicht, ihn zu beschädigen.«
    Joe zuckte erneut die Achseln. » Ich werde gar nichts beschädigen. Ich spreche nur davon, ein paar Späne am Geweihansatz abzunehmen, und zwar von hinten, damit niemand etwas davon zu sehen bekommt.«
    » Dafür werden Sie einen Gerichtsbeschluss brauchen«, sagte Finotta und war wieder auf festem Boden. » Und ich denke nicht, dass Sie den im Twelve Sleep County bekommen.« Was Finotta nicht sagte, war etwas weithin Bekanntes: dass Richter Hardy Pannock zu Finottas engsten Freunden gehörte und an den Elkhorn Ranches finanziell beteiligt war.
    » Da mögen Sie Recht haben«, räumte Joe ein. Doch Finotta war offensichtlich noch immer verärgert. Die

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