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Wilde Flucht

Wilde Flucht

Titel: Wilde Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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dornigen Büschen hingen. Alle Cheyenne – die alten Männer und Frauen, ihre Enkelkinder und Töchter und ihre wenigen kampffähigen Beschützer – waren, wie die Geschichte berichtet, die Schlucht irgendwie nacheinander bis zum Zulauf des Twelve Sleep River abgestiegen, hatten den Fluss durchwatet und waren auf der anderen Seite wieder hinaufgeklettert und so geflohen. Die Zeltstangen waren irgendwann in der Nacht im Canyon gelassen worden und dienten den Pawnee nun als schlimmer Beweis dafür, dass das Unbegreifliche geschehen war: Sie hatten nicht nur den Vorteil der Überraschung, sondern auch die Pferde und die Cheyenne verloren.
    Die Pawnee versuchten nicht einmal, sie zu verfolgen. Sie bewunderten ihr Entkommen und empfanden eine gewisse Ehrfurcht angesichts der Entschlossenheit von Menschen, denen eine solche Flucht gelungen war. Dass die Cheyenne mitten in der Nacht aufgebrochen waren, ihr Leben riskiert, ihre Pferde getötet und sich auch noch erfolgreich davongemacht hatten, überstieg alles, was den Pawnee je untergekommen war. Es heißt, dieser Respekt habe sie die Pferde wenden und zurück nach Fort Laramie reiten lassen. Auf Pawnee erhielt der Canyon – grob übersetzt – den Namen » Ort, an dem die Cheyenne uns entkamen«. Soldaten, die die Geschichte hörten und damals gegen die Cheyenne, die sie kaum als Menschen ansahen, Krieg führten, gaben der geologischen Besonderheit den Namen Savage Run, was sich vielleicht am ehesten mit » wilde Flucht« übersetzen lässt, doch keiner von ihnen hat den genauen Ort des Geschehens gefunden. Die Legende von Savage Run wurde weitererzählt. Schließlich behaupteten weiße Wapitijäger, den Übergang gefunden zu haben. Ein Historiker schrieb anschaulich genug darüber, um Interesse zu wecken, und daher rührten auch die Bestrebungen, den Ort zum Nationaldenkmal zu erklären. Doch von einigen indianischen Jagdführern und den eben erwähnten Wapitijägern abgesehen, wusste kaum jemand, wo genau Auf- und Abstieg durch die Schlucht lagen.
    Joe sah Maxine an, und die Labradorhündin blickte aus großen braunen Augen zurück. Ein Labrador vergibt alles. Joe wünschte, er könnte das auch.
    Er hätte den ungewöhnlichen Hass gern in den Griff bekommen, den er auf den Anwalt und Hobbyrancher Jim Finotta empfand. Doch er wollte diesem Mistkerl unbedingt heimleuchten.

5
    Drei Tage später trank Joe Pickett gemütlich Kaffee und wartete darauf, dass Marybeth von ihrem Morgenspaziergang mit der Zeitung zurückkam. Sie ging jeden Tag spazieren – auch wenn die Stürme ihr im Winter den Schnee direkt ins Gesicht bliesen – und war inzwischen stark genug, um wieder Ballen von fünfundzwanzig Kilo vom Heuboden auf die Tenne zu werfen. Die regelmäßige Bewegung, sagte sie, habe ihr geholfen, nach ihrer Schussverletzung Gleichgewicht und Kraft zurückzuerlangen, und sie verzichtete keinen Morgen darauf. Sie war stolz, nun alle Pflichten in den Ställen erledigen zu können, wo sie in Teilzeit unter anderem Pferde mit anderthalb Metern Schulterhöhe sattelte und sie in der Rundkoppel traben und galoppieren ließ. Wenn sie zu ihrer zweiten Teilzeitstelle in der Stadtbücherei des Twelve Sleep County kam, roch sie oft nach Pferd. Es war ein guter Geruch, fand Joe und war froh, dass Marybeth sich dessen nicht schämte. Ihre beiden Beschäftigungen boten ihr genug Flexibilität, um sich morgens bis zur Abfahrt des Schulbusses um ihre Kinder zu kümmern und auch bei deren Rückkehr zu Hause zu sein.
    » Warum hast du mir nicht erzählt, dass der in den Bergen Getötete Stewie Woods war?«, rief sie Joe entgegen, als sie in die Küche kam. Sie hatte die Zeitung von Saddlestring in der Hand.
    Joe hatte gerade den Kaffeebecher zum Mund geführt, und Sheridan, Lucy und April hatten mit verschlafenen Augen in ihren Schlafanzügen dagesessen und geistesabwesend ihre Frühstückscornflakes gegessen. Nun sahen sie alle Marybeth an; Joe hatte den Eindruck, die Mädchen blickten drein wie auf frischer Tat bei einem Verbrechen ertappt.
    » Wie konntest du mir das verschweigen, Joe Pickett?«, fragte sie wütend, und ihre Stimme wurde mit jedem Wort lauter. Joe hatte sich nicht gerührt und hielt den Kaffeebecher weiter an den Lippen. Was immer er jetzt antworten würde, wäre falsch – das wusste er.
    » Barnum hat angerufen und gesagt, das Opfer heiße Allan Stewart Woods«, erwiderte er schwach. » Ich bin einfach nicht darauf gekommen, dass es sich um Stewie Woods handelt.«
    Ihr

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