Wilde Magie - Wilde Magie - Fever / Wild Rain
geschickt. Mein Vater glaubt, dass dieser Mann nach Miss Rachael sucht.«
»Und warum?«, fragte Rachael. »Hat er nach mir gefragt?«
»Mein Vater hatte eine Vision. Er sah diesen Mann mit einer Waffe in der Hand neben Ihnen stehen. Deshalb hat er mich geschickt, um dich zu warnen, Rio.« Kim schaute Rachael an. »An Ihren Augen sehe ich, dass Sie mir nicht glauben, Miss Rachael. Aber zweifeln Sie nicht an den Visionen meines Vaters, nur weil sie so etwas nicht kennen. Er bewahrt unser Volk schon seit vielen Jahren vor Schaden.«
»Er ist ein mächtiger Medizinmann«, fügte Rio hinzu. »Ich werde Rachael nicht erlauben, ein Risiko einzugehen, Kim. Danke für deine Warnung. Du bist lange unterwegs gewesen. Komm herein und trink etwas. Ich kann uns Essen machen.«
Als Kim ins Zimmer trat, fiel sein Blick auf das zerwühlte Bett. Rachael merkte, wie sie rot wurde. Rio verschränkte seine Finger mit ihren, zog ihre Hand an den Mund und knabberte sanft daran, ehe er einen Kuss auf ihre Fingerknöchel drückte. »Hat dieser Mann eine sehr große Gruppe bei sich?«
Kim nickte. »Ja, viele Männer, und alle sind bewaffnet. Warum sollte ein Forschungsteam Waffen dabeihaben? Und wie sind sie so kurz nach der Ankunft an Waffen gekommen? Da muss Geld geflossen sein, viel Geld, sonst wäre das unmöglich. Sie haben genug Vorräte für mehrere
Wochen. Ihre Ausrüstung ist erstklassig. Wer der Mann auch sein mag, er hat viel Geld und keine Skrupel, es auszugeben. Frauen hat er nicht dabei, das ist ein schlechtes Zeichen. Alle Männer in seinem Gefolge sind kampferprobt.«
Rio zog Rachaels Hand an sein Herz, doch sie schaute ihn nicht an. Sie spähte durch die Tür in den Wald, voller Bedauern und Traurigkeit. In ihren Augen schimmerten Tränen. Er drückte ihre Hand fester an die Brust. »Das ändert doch nichts, Rachael.«
»Doch, das ändert alles. Und du weißt es. Du weißt, wer das ist. Ich hätte nie gedacht, dass er so weit gehen würde.« Ihre Stimme klang tränenerstickt.
»Rachael, das hier ist meine Welt. Wenn es sein muss …«
»Nein! Wag es nicht, ihn anzurühren. Komm nicht in seine Nähe.« Ihre Stimme klang entschlossen und abwehrend. »Du hast keine Ahnung, was er für mich aufgegeben hat. Was er in seinem Leben alles aushalten musste. Wehe, du brichst den Stab über ihn.« Rachael riss sich von ihm los, verließ das Haus durch die Tür, ging zum äußersten Ende der Veranda und starrte in den Wald.
15
E s war Rio einfach nicht begreiflich zu machen. Niemand konnte sie verstehen. Sie konnte es sich ja selbst nicht mehr erklären. Verzweiflung übermannte sie. Sie hatte doch immer gewusst, dass sie nicht bei Rio bleiben konnte. Sie hatte ihn gewollt, fast vom ersten Augenblick an. Doch geplant hatte sie nichts, es war einfach passiert. Rio hatte ihr gezeigt, wie es sein konnte, wenn man einen richtigen Lebenspartner hatte. Einen Seelenverwandten.
Rachael schloss die Augen und gab sich am Rand der Veranda dem beruhigenden Rhythmus des Regens hin. Sog den verführerischen Duft des Waldes ein. Er lockte sie wispernd. Versprach ihr die Freiheit. Bei Rio konnte sie nicht bleiben. Das akzeptierte sie. Sie wollte ihn nicht in Gefahr bringen. Niemand sah, wie wunderbar und gut er war. Wie besorgt um sein Volk, den Wald und die Umwelt. Wie lieb, nett und mitfühlend. Er war ein Schatz, über den sie an diesem wundervollen Ort buchstäblich gestolpert war.
Und alles, was sie ihm bieten konnte, war der Tod. Aufseufzend umklammerte Rachael das Geländer, am liebsten hätte sie geweint vor Kummer. Doch sie wagte es nicht, sich gehenzulassen. Wenn sie erst anfing zu heulen, hörte sie wahrscheinlich nie wieder auf.
Der Lockruf erklang abermals und irgendetwas tief in
ihr antwortete, immer deutlicher. Zunächst bemerkte sie es nicht, erst als der Wind ihr über die Haut strich. Der Ruf der Natur wurde lauter, unaufhaltsam, schwoll an zu einem Dröhnen, das sie nicht mehr überhören konnte. Ihre Sehfähigkeit veränderte sich, wurde schärfer und um bewegte Nebelbilder ergänzt. Um undeutliche rote, gelbe und blaue Felder. Gerüche durchströmten sie und trugen ihr einen Wust von Informationen zu. Sie konnte einzelne Blumen und Früchte, ja sogar Tiere in den Bäumen riechen.
Rachaels Haut juckte derart, dass Rios Hemd ihr zu schwer wurde. Sie streifte es ab und warf es beiseite. Ihre Muskeln dehnten sich bereits. Ihr Rückgrat verbog sich, und sie fiel zu Boden. Während sie auf dem Bauch lag und den
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