Wilde Magie - Wilde Magie - Fever / Wild Rain
dass sie aussterben. Der Bestand verringert sich bereits mit alarmierender Geschwindigkeit. Wenn diese Spezies erst einmal verschwunden ist, können wir sie nie wieder zum Leben erwecken. Wir sind es ihnen, uns selbst und unseren Kindern schuldig, diese Art zu schützen.«
Maggie nickte. »Mit Biotopen kenne ich mich aus und weiß, dass ihre Erhaltung wichtig ist, Brandt, aber wenn dieses Anliegen meine Eltern schon vor Jahren das Leben gekostet hat, nehme ich an, dass das Ganze heute noch viel gefährlicher ist.«
»Gefahr spielt keine Rolle. Sie ist Teil unseres Lebens. Wir sind die Hüter des Waldes. Das ist nun einmal unsere Pflicht, und die haben wir auch stets gern erfüllt. Deine Eltern dachten genauso, und ihre Eltern ebenso.« Brandts goldene Augen glitten über Maggie hinweg. Sie blickten finster drein. »Es gibt nicht mehr viele von uns, die das weiterführen, wofür deine Eltern so hart gearbeitet haben,
Maggie. Das ist dein Erbe.« Da er ihre zunehmende Nervosität bemerkte, stand er ganz langsam auf, um sie nicht zu erschrecken. »Was ist los?«
»Mich juckt’s.« Maggie biss sich auf die Unterlippe. »Glauben Sie, ich habe mir einen Parasiten eingefangen? Es fühlt sich so komisch an, als ob sich unter meiner Haut etwas bewegte.« Sie schaute ihm direkt ins Gesicht und bemerkte das blitzartige Aufleuchten seiner Augen. Also hatte er eine Erklärung. Seine Miene wirkte unschuldig, doch er wusste mehr als er zugab. Herausfordernd streckte Maggie das Kinn vor. »Sie könnten es mir sagen, nicht wahr, Brandt? Sie wissen, was mit mir los ist.« Maggie ging um den Tresen herum, um ihn zwischen sich und Brandt zu bringen, nur so fühlte sie sich sicher.
»Hast du Angst vor mir, Maggie?«, fragte Brandt leise.
Sein Tonfall traf sie bis ins Mark. Es war das zweite Mal, dass er ihr diese Frage stellte. Die Stille des Hauses breitete sich zwischen ihnen aus. Von draußen hörte man den Wald, wie er vor Leben vibrierte. »Sollte ich?«
»Nein«, erwiderte Brandt rasch. Der Blick seiner goldenen Augen war wieder so intensiv, dass er sich in ihre Haut zu brennen schien. Sie brandmarkte. »Hab keine Angst vor mir. Ich habe geschworen, in erster Linie dich zu beschützen - vor allem anderen, noch vor dem Wald und den Tieren des Waldes. Hab niemals Angst vor mir, Maggie.«
»Warum? Warum haben Sie geschworen, mich zu beschützen, Brandt?« Die Leidenschaft, mit der er sprach, beunruhigte sie. Sosehr er auch versuchte, zivilisiert zu wirken, sie sah stets den Jäger in ihm. Sie sah das Raubtier. Für kurze Zeit mochte es ihm gelingen, seine wilde Natur zu zügeln, doch nicht in ihrer Gegenwart, nicht wenn sie
beide allein waren. Sie war nervös und irritiert. Woher kannte sie ihn bloß? Warum durchschaute sie ihn? Ihr war, als ob sie den Halt unter den Füßen verlor.
4
Die Stille dehnte sich aus, bis Maggie am liebsten geschrien hätte. Sie war so aufgewühlt, als ob sich etwas Ungezähmtes in ihr aufbäumte. Dabei wurde sie sich so vieler Dinge bewusst: Da war der weitläufige Raum, die völlige Isolation. Die Tatsache, dass nur wenige Menschen wussten, wo sie sich befand. Maggie war allein im Regenwald mit einem Mann, der ihr an Körperkraft weit überlegen war.
Brandt machte noch einen Schritt auf sie zu, und Maggie reagierte instinktiv. Ansatzlos sprang sie in hohem Bogen auf den Tisch auf der anderen Seite des Raums. Und landete geduckt auf allen vieren. Federleicht. Lautlos. Die Zähne gefletscht. Die Nadeln, die ihr Haar zurückgehalten hatten, landeten klappernd auf dem Boden, und der schwere Zopf fiel auf ihren Rücken. Maggie brauchte einige Augenblicke, um in die Realität zurückzufinden und zu begreifen, was sie getan hatte.
Ein leiser Seufzer der Verzweiflung entfuhr ihr, als sie die Entfernung abschätzte, die den Tresen von dem Tisch trennte, auf dem sie hockte. Es war unmöglich, sie mit einem einzigen Satz zu überbrücken. Zumindest für einen Menschen.
»Maggie.« Brandt sagte nur ihren Namen. Mehr nicht. Seine Stimme war beruhigend. Sanft. Geradezu zärtlich.
Er wusste, was mit ihr geschah - sie konnte es im flüssigen Gold seiner Augen lesen.
»Raus jetzt«, schleuderte sie ihm angstschlotternd entgegen. Sie sprang vom Tisch und rannte aus der Küche, die Treppe hinauf in ihr Schlafzimmer. Sie musste weg, so schnell wie möglich. Sicher war etwas in dem Fruchtsaft gewesen, irgendetwas, das diese Verwandlung in ihr ausgelöst hatte. Was auch geschehen war, sie würde dahin
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