Wilde Magie - Wilde Magie - Fever / Wild Rain
aus, sondern noch viel älter.
»Mein Enkel ist todkrank. Ohne dein Blut ist er nicht mehr zu retten. Keiner außer dir hat seine seltene Blutgruppe. Wenn du ihm nicht hilfst, wird er sterben. Ich habe meinen erstgeborenen Sohn an die Wilderer verloren. Er war kinderlos. Mein zweiter Sohn ist mit seiner Gefährtin bei einem Unfall gestorben. Außer meinem Enkel habe ich keine Familie mehr. Ich will ihn nicht verlieren. Ihn nicht aus Stolz oder Sturheit opfern. Und auch nicht wegen irgendeinem antiquierten Gesetz. Ich bitte dich, ihn zu retten.«
»Wo ist er?«
»Er liegt in dem kleinen Krankenhaus im Dorf.«
»Ich breche sofort auf, Ältester. Allein bin ich schneller. Wird man es mir erlauben zu helfen?«
»Joshua war sicher, dass du kommst.« Delgrotto nickte bestätigend. »Sie warten auf dich, halten ihn mit Infusionen am Leben. Das Blut, das du für dich gelagert hast, haben wir schon verbraucht.« Mit tränenfeuchten Augen schaute er auf seine bebenden Hände. »Ich allein bin dafür verantwortlich, dass wir es gestohlen haben, sonst niemand. Ohne die Konserven wäre er gestorben. Aber das alles reicht nur, um ihn so lange am Leben zu halten, bis du kommst.«
»Du hast das Blut nicht gestohlen, Ältester, ich gäbe es jederzeit gern her, um das Leben eines Kindes zu retten.« Rio fasste Rachael an den Schultern. »Du bist hier, wenn ich wiederkomme.« Das war eine Feststellung. Ein Befehl.
»Versprochen.« Sie küsste ihn auf die Mundwinkel und das Kinn, legte den Mund an sein Ohr und flüsterte leise: »Du bist ein guter Mensch, Rio.«
»Ich komme nach, sobald ich mich etwas ausgeruht habe«, sagte Delgrotto.
»Schlafen Sie ein wenig, Ältester. Ich bin bald zurück«, erwiderte Rio. Er ging auf die Veranda und zog sich unterdessen bereits das Hemd aus. Rachael humpelte hinter ihm her. »Soll ich mitkommen?«
»Nein, allein bin ich viel schneller. Ich möchte, dass du dein Bein ein paar Tage schonst. Ich komme so schnell wie möglich wieder.« Rio stopfte das Hemd und die Jeans in einen kleinen Rucksack, den er sich um den Hals band.
»Sehr clever.« Rachael begriff, dass hier alle mit leichtem Gepäck unterwegs waren, selbst der Älteste. »Viel Glück, Rio.«
»Pass auf dich auf, Rachael.« Er zog ihren Kopf zu sich heran und küsste sie stürmisch und gleichzeitig sanft. Sie spürte, wie Fell aus seiner Haut wuchs, wie seine Hände zu riesigen Pranken wurden, und staunte über die Präzision, mit der er sich verwandeln konnte.
Sie blinzelte, als der schwarze Leopard im Dschungel verschwand. »Großartig. Lass mich nur hier, um die Gäste zu unterhalten.« Rachael holte tief Luft und ging wieder ins Haus. Zu ihrer Erleichterung war der alte Mann bereits in einen unruhigen Schlaf gefallen. Sie hüllte ihn in eine dünne Decke und setzte sich mit den Nebelpardern auf die Veranda.
Der Rhythmus des Dschungels änderte sich mit den Tageszeiten. Die morgendliche Aktivität war ganz anders als die Ruhe am Nachmittag. Rachael las ein Buch und lauschte dem ständigen Schnattern im Wald, gab sich große Mühe herauszufinden, welcher Vogel welches Lied sang und wie die verschiedenen Affenarten schrien.
Als die Sonne unterging, hörte sie den Ältesten aufwachen. Sie zwang sich, wieder ins Haus zu gehen und so freundlich und zuvorkommend wie möglich zu sein. »Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen.«
»Bitte verzeihen Sie meine Unhöflichkeit. Ich bin ein alter Mann, und so weit zu reisen, hat mich mehr Kraft gekostet, als mir bewusst war.«
»Das kann ich mir vorstellen. Rio war auch sehr müde, als er gestern Nacht nach Hause kam. Schließlich hatte er Joshua den ganzen Weg getragen. Ohne Essen, Trinken oder ärztliche Hilfe.«
Mit unbewegter Miene schaute der Älteste sie an. »Touché, meine Liebe.«
Rachael öffnete die Gemüsekiste und knallte den Inhalt
auf den Tisch. »Ich bin nicht Ihre Liebe. Das wollen wir gleich mal klarstellen. Möchten Sie etwas essen? Ich habe noch kein Abendbrot gehabt, und Rio würde es nicht gerne sehen, wenn ich Sie hungern lasse.«
»Selbstverständlich würde es mich freuen, eine Mahlzeit mit Ihnen zu teilen. Aber Sie sollten nicht auf den Beinen sein. Ich bringe eine recht passable Suppe zustande, soll ich nicht kochen?«
Rachael zögerte, sie war nicht sicher, ob sie ihn in Rios Haus schalten und walten lassen durfte. Doch selbst angesichts ihres Misstrauens blieb der Älteste ungerührt.
Er nahm ihr die Entscheidung ab, indem er einfach die Vorräte im
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