Wilde Magie - Wilde Magie - Fever / Wild Rain
darin, ihre Angst zu verbergen. Die Katze war schwer verletzt, und daher gefährlicher als sonst. Als Rio ihr das Tier auf den Schoß legte, nach ihren Händen griff, und dann erst die eine und dann die andere auf die tiefen Bisswunden drückte, wurde Rachaels Mund trocken. Sie hatte einen fünfzig Pfund schweren Leoparden im Bett und presste gerade ihre Hände auf seinen blutgetränkten Hals.
Rio zündete die Laterne an und brachte seine medizinische Ausrüstung ans Bett, dann kniete er sich neben dem Kopf der Katze hin. »Halt still, Fritz«, murmelte er. »Ich weiß, es tut weh, aber wir flicken dich wieder zusammen.« Ohne einen Blick für Rachael verarztete er das Tier mit sanften Händen, dabei sorgfältig und überaus geschickt.
Sein Kopf war gesenkt, und das dunkle Haar fiel ihm ins Gesicht. Auf seiner Haut glänzten Blut und Schweiß und er roch nach Wildnis und nassem Fell. Sein Gesicht hätte aus Holz geschnitzt sein können, so ausdruckslos blieb es bei der Versorgung der Katze. »Die Bisswunden sind fast genauso tief wie die an deinem Bein. Bei dir habe ich sie
offen gelassen und nur die Schnittwunden vernäht. Und mit Fritz kann ich auch nichts anderes machen. Am besten säubere ich die Verletzungen gut, gebe ihm Antibiotika und dann bleibt nur zu hoffen, dass es keine Abszesse gibt. Falls doch, muss ich Drainagen legen.«
Während Rio damit beschäftigt war, die Wunde auszuwaschen, öffnete Fritz das Maul, entblößte seine langen, unheimlichen Fangzähne und brüllte fürchterlich. Rachael holte tief Luft und konzentrierte sich auf Rio, mehr auf sein Gesicht als auf seine Hände, sonst würde sie beim Anblick der Katzenzähne womöglich auch noch zu brüllen anfangen.
Franz, der aufgeregt und ängstlich hin- und herlief, antwortete Fritz und sprang ohne Vorwarnung plötzlich aufs Bett. Fast hätte er Rachael die Beine gebrochen. Der durchdringende Schmerz ließ ihren Atem stocken und entrang ihr einen kurzen, erstickten Aufschrei. Einen Moment lang drehte sich das Zimmer, und ihr wurde schwarz vor Augen.
»Rachael!« Rios scharfe, herrische Stimme rief sie zurück. Mit einem Arm fegte er Franz vom Bett. »Verdammt, bleib unten«, fauchte er drohend.
Zu Rachaels Überraschung lagen ihre Hände immer noch auf Fritz’ Wunden. Kopfschüttelnd drückte sie wieder fester zu. »Tut mir leid, ich habe nicht damit gerechnet, dass er aufs Bett springt.«
»Du machst das wunderbar«, sagte Rio. »Kannst du noch?«
»Wenn du noch kannst«, erwiderte Rachael.
Da schaute er sie mit seinen ausdrucksstarken grünen Augen an, und in ihren dunklen Tiefen entdeckte Rachael etwas, das sie nicht richtig deuten konnte. Sein Blick saugte
sich an ihrem Gesicht fest, als könnte er allein aus ihrem Anblick Kraft schöpfen. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder der Katze zu.
Rachael atmete ganz langsam aus und kämpfte darum, den Brechreiz zu unterdrücken, den der pochende Schmerz in ihrem Bein auslöste. Sie hätte alles getan, um diesen Ausdruck in Rios Gesicht noch einmal zu sehen. Sie hatten sich ausgetauscht. Sich verständigt. Sie lauschte dem Klang seiner Stimme, wie er leise und beruhigend auf die Katze einredete, während er die tiefen Wunden versorgte. Sie ertappte sich dabei, dass sie dem Tier mit der freien Hand übers Fell strich, als es zusammenzuckte, doch es ließ Rios Behandlung still über sich ergehen.
Rachael wartete, bis Rio sich der zweiten Bisswunde zuwandte. »Wie ist das passiert?«
»Im Wald war ein großer gefleckter Leopard, ein Männchen. Er hat Fritz angegriffen. Zum Glück hat er ihn wieder losgelassen, ehe die Luftröhre durch war.«
Rachael musterte die tiefen hässlichen Kratzer auf Rios Körper. »Du hast dich mit einem Leoparden angelegt, weil er versucht hat, dein Haustier zu töten?«
Ein ungeduldiger Ausdruck glitt über Rios Gesicht. »Ich hab dir doch erklärt, dass Fritz und Franz keine Haustiere sind. Sie sind meine Freunde. Nicht ich habe Fritz gerettet, sondern er hat versucht, mich zu beschützen, und sich dabei selbst in Gefahr gebracht.«
Rachael beugte sich über das Tier in ihrem Schoß und begutachtete das zerfetzte Ohr. »Das hier ist also Fritz?«
Rio nickte, arbeitete aber konzentriert weiter. »Diese Wunde ist nicht so tief wie die andere. Ich gebe ihm etwas gegen die Entzündung. Der Leopard hat ihn absichtlich attackiert.«
»Warum denn?«, fragte Rachael, ohne ihn dabei anzuschauen. In seiner Wut, weil der Leopard die unterlegene kleine Katze
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