Wilde Magie - Wilde Magie - Fever / Wild Rain
dass eine solche Spezies existiert? Und wenn ja, warum sollte einer von ihnen hinter dir her sein? Oder hinter mir?«
»Ich stehe auf einer Abschussliste, Rachael. Ich bin den Banditen ein paar Mal in die Quere gekommen und hab ihnen ihre Beute wieder abgejagt. Das hat sie eine Stange Geld gekostet. So etwas mögen sie nicht, und deshalb wollen sie mich gerne tot sehen.« Er zuckte die Schultern,
tätschelte den Nebelparder und streckte sich müde. »Halte ihn noch ein paar Minuten, bis ich ihm ein Lager bereitet habe.«
»Und dadurch, dass ich hergekommen bin, ist es für dich noch gefährlicher geworden, nicht wahr?«
»Eine Abschussliste ist eine Abschussliste, Rachael. Ich schätze, schlimmer kann es nicht werden, wenn man erst einmal draufsteht. Aber hier im Wald werden sie mich nicht kriegen. Sie sind eher am Fluss zu Hause als im Landesinnern. Und ich habe ein paar Freunde, dir mir notfalls helfen würden. Ich kenne alle Einheimischen, und sie kennen mich. Ich würde es erfahren, wenn die Banditen in den Wald kämen.« Rio löschte das Licht, und das Zimmer versank in Dunkelheit.
»Nicht, wenn einer dieser Leopardenmenschen mit ihnen zusammenarbeitet«, mutmaßte Rachael und blinzelte, um sich an den Lichtwechsel zu gewöhnen. Der Mond bemühte sich tapfer, trotz der Wolken und der dichten Baumkronen Licht zu spenden, doch er war weit weg und verbreitete nicht mehr als einen Schimmer. »Und falls es diese Spezies wirklich gibt, warum hat man sie dann nicht längst entdeckt? Dazu müsste sie hochintelligent sein.«
»Und kühl kalkulierend im Augenblick der Gefahr - listig, umsichtig. Diese Art müsste ihre Toten bis auf den letzten Rest verbrennen. Dazu die Überreste derjenigen aufspüren, die eines natürlichen Todes gestorben sind. Sich verbünden, um die Toten zurückzuholen, die von Jägern erlegt worden sind. Ihr Gemeinwesen müsste hoch entwickelt sein, denn alle wären aufeinander angewiesen. Sie müssten ganz besondere Fähigkeiten haben und sehr verschwiegen sein.«
»So wie du.« Rachael bekam das Bild, wie sein Gesicht
sich veränderte und wie er sich mit den Fängen und Zähnen eines voll ausgewachsenen Leoparden auf sie stürzte, nicht mehr aus dem Kopf.
Rio trat wieder ans Bett, baute sich in voller Größe vor ihr auf und ließ seine leuchtend grünen Augen über ihr Gesicht wandern. »So wie ich«, stimmte er zu. Dann beugte er sich herab, nahm ohne jede Anstrengung den fünfzig Pfund schweren Nebelparder auf den Arm und drückte ihn an die Brust.
Rachaels Finger krallten sich in die Bettdecke. War es möglich? War ihre Fantasie überreizt oder konnte Rio sich in einen Leoparden verwandeln? Rachael betrachtete ihn genauer, wie er neben der Katze hockte. Er hatte blutige Kratzer auf dem Rücken und an den Seiten, seine kräftigen Oberschenkel waren aufgeschürft und in seinem Nacken entdeckte sie eine weitere Wunde. Es war ihr egal, was genau er war. Es kümmerte sie nicht, wo er doch gerade die verletzte Katze streichelte und ihr leise Trost zuflüsterte.
Rachael schluckte den dicken Angstkloß herunter, der ihr das Atmen erschwert hatte. »Du blutest, Rio. Komm her. Wie schwer bist du verletzt?«
Rio stand auf und drehte sich zu Rachael um. Echte Besorgnis lag in ihrer Stimme und den abgründigen dunklen Augen. Ihr Mitgefühl rührte ihn irgendwo tief im Innern, an einer Stelle, die er zu vergessen suchte. Sie brachte seine Selbstbeherrschung ins Wanken, und das war gefährlicher, als sie es sich vorstellen konnte. Rio zuckte die Achseln. »Das ist keine große Sache, nur ein paar Kratzer.«
Rachael beobachtete ihn, während er auf nackten Füßen durchs Zimmer ging. Sein normalerweise anmutiger und geschmeidiger Gang wirkte etwas steifer als sonst. Die
Kratzer sahen tief und böse aus, und ihrer Meinung nach hatte er wohl mehr als eine tiefe Wunde. »Du sorgst stets für alles und jeden, ehe du dich mal um dich selbst kümmerst. Du hast mit diesem Leoparden gekämpft, oder? Du hattest nicht mal ein Gewehr dabei. Und wahrscheinlich auch kein Messer. Was hast du denn gemacht? Ihn mit bloßen Händen angegriffen?«
Rio zog den Verbandskasten hervor und begann, das brennende Desinfektionsmittel in die blutigen Wunden zu gießen. Rachael seufzte leise, sie kam sich so hilflos vor. Er sah müde und mürrisch aus, und die Wunden mussten höllisch wehtun. Er hatte nicht auf ihre Fragen geantwortet, doch sie wusste, dass sie richtig geraten hatte. Er hatte sich einen wilden Kampf mit
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