Wilde Pferde in Gefahr
der auf der Veranda stand, und blickte zum Himmel empor. In der klaren Luft wirkten der halbe Mond und die unzähligen Sterne zum Greifen nahe, als würde das Weltall die Sterne über diesem weiten Land verstreuen. Vom Fluss drang das leise Rauschen des Wassers zu ihr herauf, und im kniehohen Ufergras zirpten die Grillen. Ein Eichhörnchen huschte keine zwei Schritte von ihr entfernt durchs Gras und kletterte auf einen Baum.
Von der Koppel drang das leise Wiehern eines Pferdes herüber. Dusty, dachte sie, er muss sich erst an die ungewohnte Umgebung gewöhnen. Sie stand auf, öffnete das Fliegengitter und hörte erneut sein Wiehern, diesmal etwas schriller und hektischer. Bei einem anderen Pferd hätte sie den Unterschied gar nicht bemerkt, doch Dusty kannte sie seit vielen Jahren. Sie hatte das Pferd vom Vater ihrer Freundin, einem wohlhabenden Rancher, gekauft und in Raten abgestottert. Seitdemwaren Dusty und sie unzertrennlich. Sie kannte seine Eigenarten, seine Launen, erkannte schon an seinem Schnauben, wenn etwas nicht in Ordnung war.
Irgendetwas stimmte nicht auf der Koppel. Ein unruhiger Hengst, der die Stuten verunsicherte. Ein offenes Gatter. Ein Gewitter, das über die Berge in ihre Richtung zog. Vielleicht gab es ein Problem mit dem mutterlosen Fohlen?
Sie holte ihre braune Lederjacke, die sie an den Haken neben der Tür gehängt hatte, schlüpfte hinein und lief über den schmalen Pfad zum Haus hinauf. Das Licht war erloschen. Durch das geöffnete Fenster der Johnstons hörte sie Charlie laut schnarchen. Hopalong blickte schläfrig unter der Veranda hervor, als sie vorbeikam.
Über die holprige Schotterstraße lief sie zur Koppel. Das Gatter war verschlossen, das Fohlen schlief allein im Gras. Nur Dusty und ein anderer Wallach standen in der Nähe des Zaunes und blickten nervös zum Stall hinüber.
»Dusty! Was ist denn los?«, rief sie verwundert.
Sie kletterte auf die mittlere Sprosse des Zauns und beugte sich zu ihm hinüber. Freundschaftlich tätschelte sie seinen Hals. »Musst dich wohl erst damit abfinden, dass du jetzt Gesellschaft hast, was? Kein Grund, sich aufzuregen, glaub mir.«
Doch Dusty gab keine Ruhe, lief die paar Schritte zum Gatter, das dem Stall am nächsten lag, undwieherte nervös. Gleich darauf kehrte er zurück. Ein wildes Tier, vermutete Peggy, es sollte Berglöwen in der Gegend geben.
Aber warum lief ihr Pferd ständig Richtung Stall?
Sie sprang vom Zaun und ging langsam weiter, erkannte plötzlich, dass einer der Torflügel des Pferdestalls offen stand. Hatte Charlie vergessen ihn zu schließen? Versteckte sich eine Raubkatze im Stall? Nein, dann würden die Pferde in ihrer Panik längst in den Boxen lärmen.
Sie überlegte kurz, ob sie Charlie wecken sollte, entschied sich dagegen und ging mutig auf den Stall zu. Was sollte schon groß passiert sein? Wenn sich kein wildes Tier im Stall aufhielt, konnte nur der Wind an der Unruhe der Pferde schuld sein. Er hatte in der letzten halben Stunde aufgefrischt, trieb über das Gras und verfing sich pfeifend im Stall. »Seit wann bist du so ein Angsthase?«, rief sie Dusty zu. »Jetzt fürchtest du dich schon vor dem Wind!«
Der Wallach schnaubte unwillig, als wollte er sie warnen.
Peggy blieb zögernd vor dem Stall stehen und drehte sich zu ihm um. Vielleicht war es ja doch nicht der Wind, schoss es ihr durch den Kopf. Sie steckte vorsichtig ihren Kopf in den Stall, zuckte erschrocken zurück, als eines der Pferde in den Boxen ausschlug und mit beiden Hinterhufen die hölzerne Rückwand traf. Schrilles Wiehern hallte durch den Stall.
Gleichzeitig ging die Hintertür auf, und vor dem helleren Hintergrund zeichneten sich für den Bruchteil einer Sekunde die Umrisse eines Mannes ab. Dann klappte die Tür wieder zu und vor Peggy lag tiefe Dunkelheit.
Ohne zu überlegen, rannte sie aus dem Stall und um das Gebäude herum. Sie hatte sich nicht getäuscht. Ein Mann lief quer über die Weide, hatte schon einen großen Vorsprung und hielt auf das Wäldchen am Fluss zu.
»Hey, Mister!«, rief sie. »Was wollten Sie im Stall? Wollten Sie ein Pferd stehlen? Wenn wir Sie noch mal erwischen, rufen wir die Polizei, verstanden?«
Der Mann drehte sich nicht mal um und verschwand in dem Wäldchen.
Peggy kehrte nachdenklich zur Koppel zurück. Das Licht im Haupthaus brannte wieder und Charlie kam ihr mit einer Schrotflinte entgegen. In seiner Unterwäsche wirkte er ein wenig lächerlich, aber ihr war nicht nach Lachen zumute.
»Da war
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