Wilde Pferde in Gefahr
er sie gewarnt hatte, war schon das Äußerste gewesen, das er gewagt hatte. Immerhin hatte ihre erhöhte Aufmerksamkeit dazu geführt, dass sie rechtzeitig beim Stall gewesen war und die beiden Pferde gerettet hatte.
»Einen wie Rockwell kann man nicht ändern«, sagte Annie, als sie auf den Highway bogen. »Der ist sturer als einer seiner Bullen. Um sein Ziel zu erreichen, würde er sich auch mit dem Teufel einlassen und ihm einen guten Preis bezahlen.«
Charlie überholte einen Traktor und schien in Gedanken versunken. »Manchmal frage ich mich, ob es die Sache wirklich wert ist, Annie. Du arbeitest Tag und Nacht, um dieses neue Gesetz durchzubringen, ohne dass die hohen Herren in Washington etwas unternehmen, und machst dich beinahe kaputt dabei, und alles, was wir dafür bekommen, sind die Beschimpfungen und der Spott einiger Leute und ein abgebrannter Stall. Hast du schon mal daran gedacht, aufzugeben?«
»Niemals!«, riefen Peggy und Annie gleichzeitig.
»Niemals«, wiederholte Annie etwas leiser, »dieses Gesetz ist meine Lebensaufgabe. Ich könnte es nicht ertragen, wenn die grausame Jagd mit Flugzeugen und Trucks weitergehen würde. Wir stehen kurz vor dem Durchbruch, Charlie. Hast du die Briefe der Kinder gelesen? Mit welcher Begeisterung sie mich unterstützen? Was meinst du, wie viele Briefe sie an die Kongressabgeordneten geschrieben haben? Wie viele Zeitungen darauf angesprungen sind? Wir bekommen immer mehr Hilfe. Es kann nicht mehr lange dauern, Charlie. Nach der Sommerpause geht das Gesetz durch. Du musst daran glauben.«
»Wenn ich sehe, worauf du alles verzichtest, fällt esmir manchmal schwer. Die Mustangjäger haben eine starke Lobby, auch in Washington. Erwarte nicht zu viel vom Kongress. Ich möchte nicht, dass du irgendwann enttäuscht wirst, Annie.«
»Wir schaffen es, Charlie. Gemeinsam schaffen wir es.«
Bei der heimatlichen Ranch angekommen stieg Peggy aus.
»Ich hab noch was in der Stadt zu erledigen«, sagte Charlie. »Du weißt schon, wegen der Adoption. Ich komme heute Abend mit Annie zurück. Sag Donna, dass wir sie lieb haben.«
»Mach ich, Charlie. Bis zum Abend.«
Den Vormittag verbrachten Peggy und Donna mit den Pferden. Sie ritten am Flussufer entlang, genossen die Morgensonne und kehrten kurz vor Mittag auf die Ranch zurück. Während des Mittagessens, es gab Cheese-Maccaroni, klingelte das Telefon. Tante Martha ging dran. »Charlie? Nein, der ist nicht hier. Der ist in Reno, irgendwas besorgen. Annie auch nicht … nein. Peggy? Ja, einen Augenblick …« Sie hielt ihr den Hörer hin. »Für dich, Peggy. Lura Tularski.«
»Ja?«, meldete Peggy sich.
»Lura Tularski vom Journal «, erwiderte die Journalistin. »Gut, dass ich Sie erwische. Ich habe einen Artikel über Sie geschrieben. ›Wenn einer die hübsche Texanerin schlagen kann, dann Peggy Corbett aus Billings, Montana.‹ Stimmt doch, oder? Charlie deutete an, dassSie sich für das Rodeo in Las Vegas melden wollen. Das wäre natürlich eine Riesensache …«
»Das stimmt … aber ob ich Dixie schlagen kann, weiß ich nicht.«
»Machen Sie mir keinen Kummer. Wenn Sie gegen die Texanerin gewinnen, bekomme ich eine Doppelseite. Das wäre fast so schön wie ein Exklusiv-Interview mit Elvis Presley.« Luras Stimme wurde ernst. »Aber deswegen rufe ich nicht an. Kann sein, dass jemand mithört, aber das ist mir inzwischen egal. Ich hab schon versucht Annie zu erreichen. Sie ist nicht im Büro. Ich nehme an, sie ist mit Charlie unterwegs. Aber Sie sollten es vielleicht auch wissen: Heute Nachmittag soll angeblich eine Mustangjagd stattfinden. Nördlich von Wadsworth im Horseshoe Canyon. Eine ziemlich abgelegene Schlucht. Von der Rockwell-Ranch kommt man mit dem Auto hin, aber wie ich Annie kenne, reitet sie lieber. Es gibt da einen alten Indianerpfad. Am Truckee River entlang nach Osten und durch die schwarzen Felsen bis zur Schlucht. Sagen Sie ihr Bescheid, wenn Sie nach Hause kommt? Ich weiß nicht, ob meine Quelle zuverlässig ist, ein junger Mann, der noch nie zuvor bei mir angerufen hat, aber wer weiß?«
»Das mache ich gerne«, versprach Peggy. »Vielleicht klappt es ja diesmal.« Sie verabschiedete sich von der Journalistin und legte den Hörer auf. Marty, schoss es ihr durch den Kopf, der Anrufer muss Marty gewesen sein.
Natürlich hatte sie längst beschlossen, selbst in dieSchlucht zu reiten. »Ich muss euch leider verlassen«, sagte sie zu Tante Martha und Donna. »Du kümmerst dich um das Fohlen,
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