Wilde Pferde in Gefahr
Peggy war nicht sicher, ob er mit »Mistkerl« den Rancher oder Buddy Miller meinte. Wahrscheinlich beide, überlegte sie. Buddy Miller wohnte zusammen mit Ron Baxter und Santiago in einer Bretterbude auf der Ranch von James Rockwell.
Die Ranch lag ungefähr zehn Meilen nördlich von Wadsworth in einem weiten und fruchtbaren Tal, das bis zum Truckee River reichte. Über der Schotterstraße, die gleich hinter der Stadt vom Highway abzweigte und durch eine trockene, mit Salbei und Greasewood bewachsene Hügellandschaft führte, spannte sich ein weiter Himmel, so blau und klar, wie man ihn selbst über Nevada nur selten antraf. Sanftes Licht überzog die fernen Berggipfel mit einem goldenen Schleier.
Noch vor dem Frühstück hatte sich Peggy um die Pferde gekümmert und Charlie hatte die Überrestedes niedergebrannten Stalls untersucht. Nur noch ein Haufen schwelender Asche war von dem Gebäude übrig geblieben. Er hatte den Sheriff angerufen und einen verschlafenen Deputy am Hörer gehabt, der seine Anzeige aufgenommen und versprochen hatte, seinem Chef darüber zu berichten und die nötigen Schritte einzuleiten. Charlie hatte ihm erzählt, dass Peggy den Mustangjäger beobachtet hatte, und die Antwort des Deputy war dieselbe gewesen, die er Peggy prophezeit hatte. »Aber wir tun, was in unserer Macht steht, Sir. Wir melden uns, okay?«
Natürlich würden sie sich niemals melden. Allenfalls würden sie ihm nach einigen Wochen einen formellen Brief zusenden, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass man die Anzeige aus Mangel an Beweisen zu den Akten gelegt hatte.
Auf den letzten Meilen, jenseits eines lang gestreckten Hügelkamms, der die Weiden der Rockwell Ranch wie ein Damm gegen die Wüstenebene schützte, wurde das Land fruchtbarer. Zu beiden Seiten eines schmalen Flusses, der weiter westlich in den Truckee River mündete, erstreckte sich knöcheltiefes Gras, ein wogender grüner Teppich, der bis zu den fernen Bergen reichte. Auf den Hängen standen die Fichten dicht gedrängt, am Ufer wuchsen Cottonwood- und Wacholder-Bäume. In den Tälern weideten Rinder, stämmige Herefords, wie sie von den Schlachthöfen bevorzugt und besonders gut bezahlt wurden, vor einem abgelegenenLine Camp war ein Cowboy dabei, sein Pferd zu satteln, und blickte neugierig zu ihnen herüber. Vielleicht kannte er den Pick-up-Truck der Johnstons.
Das Haupthaus der Ranch lag im Schatten eines gewaltigen Felsmassivs, ein zweistöckiges Gebäude aus Baumstämmen mit einem dunklen Giebeldach und einer Veranda, die sich um das gesamte Erdgeschoss zog. Umgeben war es von einer riesigen Scheune, einem Stall, der Unterkunft für die Cowboys und zwei Bretterhütten. In einer der Hütten wohnten die Mustangjäger. Ihr Pick-up und der große Truck, in dem sie die Pferde transportierten, standen vor dem Haus.
Charlie steuerte den Wagen an den Hütten vorbei und lenkte ihn auf den Ranchhof. Ein schwarzer Hund lief ihnen bellend entgegen. Sie parkten vor dem Eingang zum Haupthaus und stiegen aus, warteten ungeduldig, bis die Tür aufging und James Rockwell auf der Veranda erschien. Er sah wie der Vater in »Bonanza« aus, einer Fernsehserie, die Peggy im letzten Winter verfolgt hatte. Sie hatte die kalte Jahreszeit in einem Motel verbracht, dessen Besitzer zu ihren Fans gehört und ihr einen Sonderpreis gemacht hatten. Fernsehen war eine tolle Erfindung, glaubte sie, sogar die Monroe hatte sie bewundern können, und Bilder von einem großen Rodeo waren auch zu sehen gewesen. Vielleicht würde man ihren Ritt zeigen, wenn sie in Vegas gegen Dixie Malone gewann.
»Annie … Charlie … was wollen Sie hier?«, fragteRockwell barsch. Obwohl er noch keine fünfzig war, war sein Haar weiß und sein Gesicht von vielen Falten durchzogen. Von seinem Mund war nur ein schmaler Strich zu sehen. Er richtete seine blauen Augen auf Peggy. »Sie sind diese Rodeo-Reiterin, nicht wahr?«
»Peggy Corbett«, stellte sie sich vor. »Und Sie sind dieser Rancher.«
Der Rancher überhörte die spitze Bemerkung. »Was gibt’s?«
»Jemand hat unseren Stall niedergebrannt«, erwiderte Charlie. Er lehnte mit beiden Ellbogen auf der offenen Fahrertür. »Und wir sind ziemlich sicher, dass es einer Ihrer Männer war. Buddy Miller. Peggy hat ihn erkannt. Heute Nacht, muss so gegen elf gewesen sein. Er hatte einen Behälter mit Benzin dabei. Er hat den Stall abgefackelt, obwohl eine Stute und ihr Fohlen in den Boxen standen. Wenn Peggy nicht ihr Leben riskiert hätte, wären sie im
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