Wilde Rosen: Roman (German Edition)
müssen Ihre Bücher durchsehen.«
May betrachtete sie. Sie war nicht wirklich ängstlich, aber irgend etwas an ihnen gefiel ihr nicht.
»Es tut mir leid, aber ich würde lieber warten, bis eine meiner Partnerinnen wieder zu Hause ...«
»Das ist nicht nötig. Es dauert nicht lange.«
Und ehe May ihre Absichten durchschaut hatte, wurde ihr die Tür aus der Hand gerissen, und die Männer traten in ihren Salon, stolperten über Smartiesrollen und Weihnachtspapier. Sie öffnete den Mund, um zu protestieren, aber ehe sie etwas sagen konnte, grinste der Wortführer sie an.
»Könnten Sie uns zwei Tassen Tee machen, Schätzchen? Mit Milch, zwei Stück Zucker. Danke schön.«
May zog sich in die Kombüse zurück, um ihre Gedanken zu ordnen. Würden Bösewichte sie losschicken, um ihnen Tee zu kochen? Bestimmt nicht. Ihre Grammatik war schlecht und ihre Manieren noch schlimmer, aber waren sie bedrohlich? Bedrohlich oder nicht, jetzt waren sie drinnen, und sie konnte sie nicht hinauswerfen. Sie kochte den Tee und schimpfte sich paranoid.
Die beiden untersetzten Männer füllten den Wohnraum beinah vollständig. May bot ihnen einen Platz an, und sie setzten sich umständlich. Wenn es zum Schlimmsten kam, konnte sie zum Heck fliehen, fuhr es May durch den Kopf. Durch die Luke zum Maschinenraum und ins Freie. Die Männer würden in dem engen Durchgang zwischen ihrer Koje und der Tür steckenbleiben. Selbst in aufgeräumten Verhältnissen paßten nur dünne Leute hindurch. Jetzt war der Raum durch Sallys schwarze Plastiksäcke noch weiter beengt. Aber warum dachte sie an so etwas? Sie brachte den Männern ihren Tee. »Also, was genau wollen Sie?«
Der mit der Sprechrolle holte ein Klemmbrett aus seinem Aktenkoffer. »Ich möchte Ihnen nur ein paar Fragen stellen. Wo wohnen Ihre Partnerinnen, Miss Bliss und Miss Devonshire?«
»Hier.«
»Hausen« wäre wohl eher das richtige Wort gewesen als »wohnen«, dachte May.
Der Mann machte verständlicherweise ein ungläubiges Gesicht. »Haben Sie ihre Adressen?«
»Sie haben keine Adressen. Sie wohnen hier.«
»Und wo sind sie jetzt?«
»Weggefahren. Es ist Weihnachten.«
»Und haben Sie die Adressen, wo sie sich derzeit aufhalten?«
»Nein. Und wenn ich sie hätte, würde ich sie Ihnen nicht geben. Warum wollen Sie das wissen? Wenn das hier eine geschäftliche Sache ist, was haben ihre Urlaubsadressen dann damit zu tun?«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Es gibt keinen Grund, so mißtrauisch zu sein. Wenn wir gebeten werden, eine neue Firma zu überprüfen, machen wir das gründlich. Wir wollen keine bedauernswerten Fehler machen.«
»Sie sagen, Sie wurden gebeten, uns zu überprüfen. Von wem?«
Der Stumme hatte einen Motivteller abgenommen, den May an der Kajütenwand aufgehängt hatte. Der Sprecher sah zu ihm hinüber und nickte, ehe er den Kopf schüttelte. »Vertrauliche Informationen, Miss. Und wir brauchen diese Adressen.«
Bitte, lieber Gott, mach, daß sie von Versteckte Kamera sind. Mach, daß die ganze Geschichte nur ein blöder Streich ist. Aber sie wußte, das war es nicht. Es war echt. In ihrem ganzen Leben hatte sie sich noch nicht so allein gefühlt.
Sie gab sich große Mühe, entgegenkommend zu wirken. »Ich will Ihnen wirklich keine Informationen vorenthalten, aber sie sind beide über die Feiertage verreist, und ich weiß die Adressen nicht.«
»Also sind Sie allein verantwortlich, solange sie weg sind?«
May nickte und wünschte, sie wäre auch gestern schon gefahren.
»Kann ich Ihre Gewerbeanmeldung sehen?«
Mays Hände wurden feucht. Sie hatten doch alles getan, was vorgeschrieben war, oder? Aber sie war nicht ganz sicher. »Welche Gewerbeanmeldung?«
Der Mann sah sie an, als sei sie taub oder blöd, und tauschte noch einen, beinah triumphalen Blick mit seinem schweigsamen Gefährten. »Sie haben Ihre Firma doch bei der Stadtverwaltung angemeldet, oder?«
Mays Mund wurde trocken. Sollte sie sagen, sie habe keine Unterlagen darüber? Oder sollte sie sagen, sie seien irgendwo anders?
»Ich glaube, die Papiere sind noch bei unserem Steuerberater.« Das klang gut. Aber nur für einen Augenblick.
»Seine Adresse wissen Sie aber, nehme ich an?« Die Hand hielt den Kugelschreiber einsatzbereit, er wartete auf Namen und Anschrift.
»Ich bin nicht sicher. Ich kümmere mich nicht um die Buchführung. Das macht Miss Devonshire.« Verzeih mir, Harriet. Du bist nicht hier, und ich bin verzweifelt.
»Aber Sie führen die Firma doch von hier
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