Wilde Rosen: Roman (German Edition)
dann werde ich es uns richtig schön weihnachtlich machen.«
Zusammen gingen sie zurück in die Küche. Sally war nicht so optimistisch, wie sie sich anhörte. Vielleicht hatte Lucy ja recht, und zwei Tage waren wirklich nicht genug, um hier irgend etwas zu bewirken.
»Sie sind wunderbar, aber leider unrealistisch«, sagte James. »Ich hätte nicht zulassen sollen, daß Tante Sophie herkommt. Oder Sie. Ihr werdet alle beide Rheuma bekommen und euch zu Tode frieren.«
»Ich kann nicht sagen, wie es mit Tante Sophie steht«, erwiderte Sally. »Aber ich habe Thermounterwäsche. Die Kälte birgt keine Schrecken für mich.«
James lachte. »Vielleicht ist es das, was ich der alten Schreckschraube zu Weihnachten besorgen sollte. Lange Unterhosen.«
»Soll das heißen, Sie haben Ihr noch kein Geschenk gekauft?« Sally liebte Weihnachtseinkäufe und fing immer schon im November damit an.
James zuckte die Schultern und lächelte so zerknirscht, daß Sally es vollkommen unmöglich fand, ihm böse zu sein.
»Weihnachten ist jedes Jahr, wissen Sie. Immer etwa um diese Zeit.«
»Ich weiß. Ich habe keine akzeptable Entschuldigung, außer daß ich nie weiß, was ich kaufen soll, und ich schaffe es immer, genau das Falsche auszusuchen. Meine Schwestern haben mir verboten, ihnen noch irgendwo anders Geschenke zu kaufen als bei Marks and Spencer’s, weil sie sie da umtauschen können.«
Sallys weiches Herz zog sich schmerzlich zusammen.
»Und hier im Ort gibt es keine Filiale, ich muß bis nach Cheltenham oder Gloucester fahren. Dazu hatte ich dieses Jahr einfach keine Zeit.«
Im Geiste schrieb Sally »James’ Geschenke kaufen« auf ihre Liste.
»Ich muß morgen in die Stadt. Wenn Sie nicht mitfahren können, wird Lucy mich bestimmt fahren. Dann besorge ich Ihre Geschenke.« Und ich werde vier knallrosa Badekugeln kaufen, die du mir schenken kannst, und dann werden deine Schwestern glauben, du hättest das Geschenk selbst ausgesucht, fügte sie in Gedanken hinzu.
»Sally, Sie sind wirklich ein Goldstück.«
Sally sah ihn unverwandt an. Dann nimm mich doch in die Arme, dachte sie eindringlich. Aber sie war nicht einmal wirklich enttäuscht, als er es nicht tat. Vermutlich nannte er seine Kühe auch »Goldstück«, und sie konnte geduldig sein.
Sie hätte furchtbar gern ein Weihnachtsgeschenk von ihm gehabt. Die Gewißheit, daß sie keines bekommen würde, gab ihr ein seltsam hohles Gefühl. Und sie hatte ein Vermögen für den kleinen irischen Wolfshund aus Silber ausgegeben. Sie hatte ihn bei einem Antiquitätenhändler entdeckt, und obwohl sie ihn sich überhaupt nicht leisten konnte und sich Geld vom Geschäftskonto würde leihen müssen, um über den Januar zu kommen, hatte sie doch nicht widerstehen können. Jetzt konnte sie ihn James natürlich nicht schenken. Sie mußte etwas anderes besorgen. Wieder Geld ausgeben.
Na ja, sie hatte schon Kleinigkeiten für seine Schwestern und die Kinder und eine Schachtel Taschentücher für Tante Sophie. Sie würde James einfach auch Taschentücher schenken.
»Möchten Sie einen heißen Schlummertrunk mit nach oben nehmen?« bot James an. »Es ist eisig in den Schlafzimmern, fürchte ich.«
»Gern«, sagte Sally und unterdrückte ein Seufzen. Sie hätte lieber etwas ganz anderes mit ins Bett genommen, um die Kälte zu vertreiben.
Kapitel 24
A lso dann«, sagte Hugh. »Fertig?« Er legte eine Hand unter Mays Hinterteil und schob mit mehr Kraft als Feingefühl, aber schließlich fand sie mit dem Fuß Halt in einer Mauerritze, ertastete mit der Hand einen Eisenring und hievte sich nach oben auf die Mauer in einen Wald aus Buddlejas. Leicht keuchend wandte sie sich zu Hugh um, der immer noch auf dem Kabinendach stand.
»Ich bin oben. Aber was wird mit dir?« fragte sie.
»Gib mir deine Hand. Jetzt halt dich irgendwo fest. Achtung, es geht los.«
Für einen Moment glaubte May, der Arm werde ihr ausgerissen und ihre Finger zu Brei zerquetscht, als Hugh halb sprang, halb kletterte, aber dann saß er schon neben ihr. Für jemanden, der seine Tage in einem Büro verbrachte, war er wirklich bemerkenswert athletisch.
Sie massierte ihre Hand.
»Auf dem Rückweg wird es einfacher, du kannst einfach springen«, bemerkte Hugh ein bißchen außer Atem. »Mußt du wirklich all dieses Zeug mitnehmen?« Kritisch beäugte er ihre zwei Koffer, den Pappkarton und die zahllosen Plastiktüten, die sie schon vom Boot hier heraufgehievt hatten.
»Es ist Weihnachten«, belehrte May ihn.
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