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Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Titel: Wilde Rosen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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hatten sie Unmengen immergrüner Zweige geschnitten und zu ausladenden Sträußen arrangiert, die gemeinsam mit den wiederentdeckten Vorhängen jede unansehnliche Ecke, jede feuchte Stelle an den Wänden oder abgeblätterte Tapete verdeckten. Liz war untröstlich, daß sie nicht da sein würde, wenn Tante Sophie eintraf, aber sie hatte jedes Zimmer fotografiert.
    »Ich hätte auch ›Vorher‹-Fotos machen sollen«, sagte sie bedauernd.
    »Ich darf nur nicht dran denken, wie es am Dreikönigstag aussehen wird, alles vertrocknet und rieselnd«, erwiderte Sally.
    Sie hatte nicht niedergeschlagen klingen wollen, aber Liz lächelte ihr aufmunternd zu. »Es wird alles wie am Schnürchen klappen, glauben Sie mir. Und am Weihnachtstag werde ich hier sein und Sie moralisch unterstützen. Das gute an Weihnachten ist, man kann schon beim Frühstück anfangen zu trinken, ohne daß irgendwer einen schief anguckt.«
    »Aber wenn ich das tue, verliere ich bestimmt meinen Ablaufplan, und alles geht drunter und drüber.«
    Liz seufzte. »Machen Sie sich keine Sorgen. James wird dafür sorgen, daß Lucy leicht angetrunken ist, und niemand sonst wird sich über irgend etwas aufregen.«
    »Aber ich werde niemals all die Cousinen und Cousins auseinanderhalten.«
    »Und wenn schon. Lächeln Sie und lassen Sie die Flaschen herumwandern.«
    Sally zitterte in ihrem kurzen Samtkleid, obwohl es lange Ärmel hatte und das Haus zum ersten Mal seit seiner Erbauung warm war. In allen drei offenen Kaminen brannte ein lebhaftes Feuer, die Kerzen und Öllampen gaben eine erstaunliche Wärme ab. Es waren die Nerven, nicht Kälte, die sie zittern ließen. Lampenfieber, dachte sie. Ich habe das Bühnenbild kreiert, meinen Text gelernt, und jetzt warte ich darauf, daß der Vorhang sich hebt. Kein Wunder, daß ich zittere.
    James lehnte am Kaminsims und sah einfach umwerfend aus in seinem sauberen weißen Hemd, V-Ausschnittpullover, olivgrünen Cordhosen und den auf Hochglanz polierten, wenn auch etwas klobigen Schuhen. Bislang hatte Sally immer elegant gekleidete Männer gemocht, Smoking, italienische Anzüge und Kaschmir. Aber James, fand sie, sah selbst in ausgebeultem Pullover, verdreckten Cordhosen und Gummistiefeln wunderbar aus, der Montur, die er heute den ganzen Tag getragen hatte. Seine göttliche Figur und sein freundliches Wesen machten jeden Schick vollkommen überflüssig. Er hatte Sally allerdings auf ihr hartnäckiges Drängen hin gestattet, ihm einen ihrer Seidenschals umzubinden. James weigerte sich, vor dem Weihnachtsdinner eine Krawatte zu tragen.
    Sally stieß einen tiefen, zittrigen Seufzer aus und wollte gerade noch mal einen Blick in den Ofen werfen, als sie draußen einen Wagen hörten, Autotüren schlugen zu, und Stimmen beschwerten sich über die unbeschnittene Hecke, die es fast unmöglich machte, den Pfad zur Vordertür entlangzugehen.
    »Das ist nur, weil wir die Vordertür so gut wie nie benutzen«, murmelte James. »Ich hätte Dave bitten sollen, die Hecke zurückzuschneiden.«
    »Ich hab’ dran gedacht«, flüsterte Sally, die erwogen hatte, die Hecke für ihre Weihnachtsdekoration zu plündern, »aber frisch geschnittener Buchsbaum riecht nach Katzenpipi, darum haben wir es lieber sein lassen.«
    James warf ihr einen verwirrten Blick zu und ging dann zur Tür, von wo ein gebieterisches Klopfen ertönte. Lucy führte die Prozession an, beladen mit einer Hutschachtel und einer Gobelintasche, die aus einem alten Wandteppich genäht zu sein schien. Ihr folgte eine winzige alte Dame, die von Kopf bis Fuß in Pelz gehüllt war. Sie schien kaum größer als eins zwanzig und hatte sehr weißes Haar, und das war alles, was Sally von ihr sah, ehe die zierliche Gestalt in James’ Umarmung verschwand, so daß man um die kalziumarmen Knochen fürchten konnte.
    »James, mein Lieber! Laß mich runter! Ich will das Haus ansehen! Es ist wunderschön! Wie hast du das nur gemacht?«
    »Nicht ich. Sally. Laß mich euch bekannt machen.«
    Sally wäre am liebsten zurück in die Küche geschlichen, aber James hatte sie schon bei der Hand genommen und zerrte sie ins Rampenlicht.
    »Tante Sophie, das ist Sally Bliss. Sally, dies ist meine Lieblingstante, Lady Caswell.«
    Eine winzige, behandschuhte Klaue streckte sich Sally entgegen. Sie ergriff sie, rang den Impuls nieder zu knicksen und stellte fest, daß die Klaue üppig mit Ringen geschmückt war, die sich schmerzhaft in ihre Finger drückten.
    »Sehr angenehm, meine Liebe. Ich bin froh,

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