Wilde Rosen: Roman (German Edition)
Vandalismus, hirnloser Vandalismus, das passiert andauernd. Aber ich gehe jede Wette ein, daß in diesem Fall Schleimbeutel und seine Kumpel dahinterstecken. Und ich wette ebenso, daß es nicht einen einzigen Beweis dafür gibt.«
Hugh schien ihre Argumente abzuwägen. »Also schön. Aber es wird eine Heidenarbeit sein, hier Ordnung zu schaffen. Komm mit zu mir, und wir kümmern uns morgen früh darum. Bei Tageslicht wird alles nur halb so wild aussehen.«
May sah ihn verwundert an. »Bist du verrückt? Ich kann mein Boot nicht in diesem Zustand hier liegenlassen, so wenig wie ich einen verletzten Hund im Straßengraben liegenlassen könnte.«
Hugh seufzte vernehmlich, offenbar der Ansicht, sie sei diejenige, die verrückt geworden war. »Meinetwegen. Was soll ich tun?«
May dachte nach. »Mach Feuer im Ofen. Ich schließe die Batterie an. Wir brauchen erst mal Licht.«
Auf dem Weg zum Maschinenraum legte May einen kleinen Zwischenstop in der Kombüse ein. Hier schien die Verwüstung halbherzig. Die Teller und Tassen, die in den offenen Regalen gestanden hatten, waren zertrümmert, die Scherben lagen in der Spüle und am Boden. Aber sie hatten nicht hinter die Vorhänge der Regale geschaut, wo May ihr besseres Porzellan aufbewahrte. Ihr Schlafzimmer und das Bad waren mehr oder minder unberührt, allerdings war das Badezimmerfenster eingeschlagen.
»Vermutlich sind sie nicht an Sallys Müllsäcken vorbeigekommen«, murmelte sie. Es war eine große Erleichterung, daß wenigstens in einem Zimmer kein Glas unter ihren Schuhen knirschte.
Die Tür zum Maschinenraum war äußerst störrisch. Man mußte sich an exakt der richtigen Stelle mit der Schulter dagegenwerfen, um sie zu öffnen. Drinnen tastete sie nach den Krokodilklemmen und war dankbar, daß Jethro darauf bestanden hatte, daß sie einen der Pole mit Klebeband markierte, damit sie sie auch im Dunkeln unterscheiden konnte. Sie stand auf und schaltete die kleine Neonröhre ein. Alles war, wie es sein sollte.
»Nur gut, daß ich nie dazu gekommen bin, die Tür in Ordnung zu bringen«, murmelte sie. »Vermutlich dachten sie, sie sei abgeschlossen.«
Es bedeutete, daß ihr teures Werkzeug noch da war. Sie fand eine Taschenlampe und fühlte sich schon viel besser, als sie zu Hugh zurückkam.
Er hatte seinen Mantel ausgezogen und hockte vor dem Ofen. May drückte auf den Lichtschalter, aber nichts passierte.
»Die Mistkerle haben die Birnen zertrümmert. Schaffst du’s mit dem Ofen?«
Hugh nickte. »Nachdem ich die Anzünder endlich gefunden habe. Sie hatten sie hinter den Ofen gestopft.«
May mußte unwillkürlich lächeln. »Da bewahre ich sie auf.«
Hugh richtete sich auf. Trotz der Dunkelheit wußte sie, daß er ebenfalls lächelte.
Sie zündeten Kerzen an, und das hob die Stimmung. Obwohl sie jetzt das ganze Ausmaß der Zerstörung erkannten, wußten sie doch wenigstens, womit sie es zu tun hatten. Sie räumten die Bücher zurück auf die Regale. Dann waren die Glasscherben an der Reihe.
»Hast du ein paar alte Zeitungen? Handfeger, Kehrblech? Handschuhe?«
»Keine Handschuhe, fürchte ich. Aber alles andere.«
Sie arbeiteten eine Weile in ungewohnter Eintracht.
»Es waren ziemlich halbherzige Vandalen«, sagte May schließlich in der Küche. »Und das spricht dafür, daß Schleimbeutel sie geschickt hat. Wer so was wirklich aus Spaß macht, hätte sich mehr Mühe mit der Kombüse gegeben.«
»Du hast vermutlich recht«, antwortete Hugh. »Hast du ein paar Müllsäcke?«
May mußte wieder lächeln. »Ja. Die verdanken wir Sally.« Sie holte die schwarzen Plastiksäcke, und er füllte sie mit Scherben. May schlitzte ein paar der Beutel mit dem Küchenmesser auf und tackerte sie vor die Fensteröffnungen.
»Ich weiß nicht, ob ich froh sein soll oder nicht«, sagte May. »Ich meine, wenn Schleimbeutel sie nicht geschickt hätte, wäre mein Boot vielleicht nicht verwüstet worden. Aber wenn Vandalen hier eingebrochen wären, die er nicht geschickt hätte, wäre es wahrscheinlich viel schlimmer geworden.«
Hugh hielt inne, um diese etwas komplexe Logik zu entwirren. Als es ihm nicht gelang, ignorierte er sie und sagte statt dessen: »Auf die eine oder andere Weise werde ich diesem Kerl das Handwerk legen.«
»Du wirst es niemals schaffen, ihn hiermit in Verbindung zu bringen, Hugh. Und ich würde nicht wollen, daß du ...«
»Nur die Ruhe, May. Ich habe nicht die Absicht, ihn aufzusuchen und ihm eins auf die Nase zu geben, so gern ich das auch
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