Wilde Rosen: Roman (German Edition)
er das Wort »Liebe« überhaupt in den Mund genommen hatte, war mehr, als sie sich je erträumt hatte. Lucy wäre fuchsteufelswild, wenn sie es wüßte.
Sie sprachen kaum, bis sie zur Farm zurückkamen. Clodagh stand schon an der Hintertür und wartete darauf, eingelassen zu werden, als James sagte: »Sally? Weißt du, was ich gesagt habe ...«
Wie aufs Stichwort öffnete Cousine Veronica in genau diesem Moment die Tür. »Oh, da bist du, James. Ich habe mich schon gefragt, was ich anstellen muß, um hier ein Frühstück zu kriegen.«
Zu Sallys Überraschung erwiderte James kurz angebunden: »Ich zeig’ dir, wo die Pfannen stehen.«
Der zweite Feiertag schleppte sich dahin. Sally sehnte sich danach, mit James allein zu sein, aber Tante Sophie sollte erst nach dem Tee heimfahren und mußte bis dahin unterhalten werden. Am achtundzwanzigsten wollte Sally für ein paar Tage zu ihrer Mutter fahren, also blieb ihnen nur ein Tag zusammen, und Sally konnte es kaum erwarten, daß er endlich begann.
Als Tante Sophie schließlich in Lucys Auto verfrachtet und der letzte Cousin heimgefahren war, eilte James hinaus zum Melken. Sally konnte dem Chaos im Haus nicht gleich ins Auge sehen und beschloß, einen Spaziergang mit Clodagh zu machen. Wenn James zurückkam, konnten sie es sich auf dem Sofa gemütlich machen, ganz allein mit einem großen Feuer und einer Flasche Whiskey, aber bis es so weit war, wollte sie die Sterne betrachten und die Silhouetten der Bäume vor dem nachtblauen Himmel bewundern.
Sie blieb viel länger draußen als beabsichtigt, und im Haus war alles finster. Licht schien vom Stall herüber, und sie wußte, James war noch bei den Tieren.
»Ich verschwinde schnell nach oben und seh’ nach meinem Make-up«, sagte sie Clodagh und gab ihr eine große Scheibe Truthahn. »Dann geh’ ich und hole ihn. Er muß doch bald fertig sein.«
Als sie sich zur Treppe wenden wollte, entdeckte sie den Zettel auf dem Küchentisch.
Deine Mutter hat angerufen. Kannst Du zurückrufen? Irgendwas wegen eines Vorsprechens für »Hill Life« (Was ist das?), wo Du hinfahren sollst, sobald Dein Agent es arrangieren kann. Ich bringe Dich nach London zurück, sobald Du fertig bist. James.
Oh, Gott, wie kann es nur sein, daß nach all den Millionen von Jahren dein Timing immer noch so lausig ist? Warum gibst du mir eine Chance mit dem wunderbarsten Mann der Welt und fünf Minuten später eine Chance auf eine Rolle in der erfolgreichsten Nachmittags-Soap, die es derzeit gibt?
Sie rief ihre Mutter an. Offenbar hatte Sallys Agent seit Tagen versucht, sie zu erreichen, und schließlich die Nummer ihrer Mutter in Erfahrung gebracht. Die Schauspielerin, die die Rolle übernehmen sollte, sei schwanger und müsse von ihrem Jahresvertrag zurücktreten. Die Rolle sei wie maßgeschneidert für Sally, und sie müsse umgehend nach London zurückkommen.
»Liebes, das ist ja so wunderbar! So ein Glücksfall! Endlich wirst du berühmt. Ich freu’ mich ja so für dich! Und James hat versprochen, dich heute abend noch zurückzufahren. Er klingt wirklich sympathisch.«
Als James eine halbe Stunde später hereinkam, saß Sally am Küchentisch.
»Hallo, Sally! Wunderbare Neuigkeiten! Herzlichen Glückwunsch. Gut gemacht. Hast du alles fertig gepackt?«
Sally betrachtete ihn. Was war so wunderbar an den Neuigkeiten, die bedeuteten, daß sie wegmußte, fragte sie sich. Liebte er sie denn nicht? Waren die Nähe und die wunderbare Nacht nichts weiter gewesen als eine Weihnachtsromanze?
»James ..., dieses Vorsprechen ...«
»Ich freu’ mich ja so für dich.«
»Du willst also, daß ich heute abend fahre?«
»Natürlich! Ich finde die Vorstellung grauenvoll, daß du den Rest deiner Tage als Putzfrau arbeiten sollst.«
Sally schloß die Augen. So war das also. Das sagte ihr in aller Deutlichkeit, wo sie stand. »Verstehe.«
»Und Sally ...«
Hoffnung flackerte auf. »Ja?«
»Peter, weißt du noch? Liz’ Mann?«
»Ich weiß, wer Peter ist, James.«
»Also, er hat sich freundlicherweise bereit erklärt, dich nach London zu fahren. Es ist nämlich so ...«
»Eine Kuh ist krank. Du brauchst mir nichts zu erklären.«
James fuhr ihr über die Haare. »Du bist so verständnisvoll.«
»Ja, das bin ich, nicht wahr? Ich geh’ packen.«
»Alles in Ordnung, Sally?« Peter fuhr auf die Autobahn und gab Gas.
»Sicher. Es ist sehr nett von dir, mich zu fahren.«
»Es ist also eine Traumrolle, die man dir anbietet, ja?«
Sally konnte sich
Weitere Kostenlose Bücher