Wilde Rosen: Roman (German Edition)
Großvater mir erzählt, er will dich finanziell unterstützen. Mit einer ziemlich beachtlichen Summe.«
Das war schon wieder ein Schock. »Aber wieso? Und warum sagt er das dir und nicht mir?«
»Letzteres ist eine Frage von Stolz. Mit dir darüber zu sprechen, hätte es vielleicht notwendig gemacht, Worte wie ›Fehler‹ und ›Entschuldigung‹ zu gebrauchen. Es ist das Geld, das er deiner Mutter zugedacht hatte, wenn sie nicht ausgerissen wäre und geheiratet hätte. Er hat es angelegt, offenbar sehr erfolgreich.«
»Aber ich sehe immer noch nicht ein, warum. Ich meine, sie sind nicht gerade arm, aber mit den Schulgebühren für Matthew und so weiter schwimmen sie auch nicht im Geld.«
»Ich glaube, er will versuchen, ein bißchen Familienzusammenhalt zurückzugewinnen, den er aufs Spiel gesetzt hat. Er weiß, er hat zwei Generationen verloren. Das hier ist seine Art, die dritte festzuhalten.«
»Verstehe.«
»Es wird genug sein, um deine Miete und Lebenshaltungskosten für mindestens zwei Jahre zu bestreiten. Das Geld für Farben und Leinwand wirst du verdienen müssen. Du könntest die Gruppe weiter unterrichten. Du bist gut genug, um Klassen besser als sie alle, mit Ausnahme von Elizabeth.« Er leerte seine Tasse und sah mißfällig auf die Kaffeepresse. Harriet verstand den Hinweis, stand auf und füllte den Kessel.
Als sie beide Becher wieder gefüllt hatte und ihm gegenüber Platz nahm, steckte er die Hand in die Tasche. »Da fällt mir ein, ich sollte dir das hier geben.« Er zog eine Visitenkarte hervor und drückte sie ihr in die Finger.
»Was ist das? Wer ist Paul J. Mark?«
Leo zuckte zusammen, und dann fiel ihm wieder ein, daß Harriet den größten Teil ihres Lebens fernab von der Kunstwelt verbracht hatte.
»Er ist der einflußreichste Galerist in London. Er ist bereit, nächsten Herbst deine Bilder auszustellen.«
Harriet war entsetzt. »Aber wie kann er das? Er kennt meine Arbeiten doch gar nicht! Hast du sie ihm etwa gezeigt?«
Leo schüttelte den Kopf. »Den Mist wollte ich ihm nicht zeigen. Ich hab’ ihm nur versichert – und hier und da hat mein Wort noch Geltung – daß du eine der herausragendsten Nachwuchskünstlerinnen dieses Landes sein wirst. Und wenn er dich haben wolle, solle er lieber früher als später zugreifen.«
Harriet legte ihren Kaffeelöffel beiseite. »Aber ... Entschuldige, wenn ich so schwer von Begriff bin, aber wenn meine Arbeiten jetzt Mist sind, werden sie nächsten Herbst nicht so viel besser sein. Ich brauche noch Jahre.«
»Nein. Ich bin sicher, du wirst feststellen, daß deine Arbeiten sich jetzt schnell entwickeln. Jetzt da mit Matthew alles geregelt ist und du nicht mehr auf die Mildtätigkeit deiner Großeltern angewiesen bist, wird dein wahres Potential sich zeigen.«
Harriet seufzte. »Ich bete zu Gott, daß du recht hast.«
»Ich habe recht«, erwiderte Leo.
Ein Teil von Harriet schäumte über vor Glück. Sie hatte Talent, Leo war wirklich überzeugt davon. Aber ein anderer, schlichterer Teil von ihr sehnte sich nach ihm. Zugegeben, in anderer Weise, als es ihn nach ihr verlangte, aber wenn sie bereit war, sich mit Sex als Ersatz für Liebe zufriedenzugeben, warum sollte er dann Einwände haben? Und wenn sie sich jetzt nicht nahm, was sie kriegen konnte, würde sie vielleicht nie wieder die Chance bekommen.
»Leo.« Sie versuchte, entschieden und sachlich zu klingen. »Du sagst, du willst mich. Und du weißt vermutlich, wie ich für dich empfinde.« Sie hielt inne. Er hätte aufstehen, sie in die Arme schließen und in sein Schlafzimmer tragen sollen, aber er rührte sich nicht, sah sie einfach nur an. »Gibt es irgendeinen Grund, warum ... Ich meine, wir sind doch beide erwachsen ...« Sie brachte es nicht fertig, ihn rundheraus zu bitten, mit ihr ins Bett zu gehen, aber inzwischen hatte er doch wohl hoffentlich verstanden, was sie andeuten wollte.
Das hatte er allerdings, aber er ließ seine Gelegenheit verstreichen. »Ich habe dich sehr gern, Harriet. Möglicherweise empfinde ich für dich mehr, als ich je für irgendwen empfunden habe. Jedenfalls habe ich dich zu gern, um dich in eine Position zu bringen, wo man dir nachsagen könnte, dein Weg zum Erfolg habe durch mein Bett geführt.«
»Aber niemand müßte erfahren ...«
»Wenn irgendwer auch nur eine Andeutung machte, würdest du so rot wie ein Turner-Sonnenuntergang, das weißt du genau. Mein Ruf ist nicht der allerbeste. Ich will nicht, daß der deine besudelt wird.«
Es
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