Wilde Rosen: Roman (German Edition)
nicht getan?«
»Wozu, wenn du doch so oder so ja gesagt hättest?«
»Kommandierst du Hugh genauso herum wie mich?«
»Nein«, sagte May, alle Euphorie war ganz plötzlich verpufft.
Kapitel 31
W enn Harriet zu Leo ging, tat sie es immer mit gemischten Gefühlen. Ihre Empfindungen für ihn in Kombination mit seinem Scharfblick führten dazu, daß sie sich in seiner Gesellschaft oft unwohl fühlte. Aber die Aussicht auf ein paar Stunden Stille, nur unterbrochen von Staubsauger und Kaffeemühle, beides Lärmquellen, die sie selbst kontrollierte, schien paradiesisch. Sie hatte festgestellt, daß sie nicht für ein Leben auf einer Baustelle geschaffen war, ganz im Gegensatz zu May.
»Hi«, sagte Leo, der gerade in der Diele war, als sie die Tür aufschloß. »Wie geht’s dir? Hast du Matthew mitgebracht?«
Harriet schüttelte den Kopf, verblüfft, daß er ihren Zeitplan behalten hatte. »Er kommt übermorgen. Aber ich weiß noch nicht so recht, wie wir ihn unterbringen sollen. Das Boot ist ein Irrenhaus im Moment.«
»Wie kommt das?«
Harriet erzählte äußerst anschaulich und detailfreudig.
»Du kannst ihn hierherbringen, wenn du willst.«
Von dem Augenblick an, da sie eingetreten war, hatte Harriet gemerkt, daß irgend etwas an ihm seltsam war. Er war viel zu gesprächig für neun Uhr morgens. Dieses großzügige Angebot bestätigte ihren Verdacht.
»Tut mir leid, ich weiß nicht, was du meinst.«
Leo legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Komm mit in die Küche. Ich muß mit dir reden.«
Er führte sie zu einem Stuhl und machte sich daran, Kaffee zu kochen. Das beunruhigte sie weiter.
»Ich wußte gar nicht, daß du das kannst«, bemerkte sie, als er das Sieb der Kaffeepresse herunterdrückte.
Er lächelte und schenkte Kaffee in die einzige Tasse ohne Klippe. »Zucker?«
»Nein, danke.«
Er rührte bedächtig in seinem Kaffee und spannte sie weiter auf die Folter. Schließlich sagte er: »Ich meinte eigentlich, ihr beide könnt herkommen, Matthew und du. Ich gehe fort.«
Harriets Herz sank, wie eine Münze in tiefem Wasser, langsam, aber unaufhaltsam.
»Oh.«
Leo nickte. »Aus verschiedenen Gründen. Der wichtigste ist meine Arbeit.«
»Oh.«
»Finanziell stehe ich auf einmal sehr viel besser da.«
»Hast du in der Lotterie gewonnen?«
Er schüttelte den Kopf. »Viel besser. Meine Exfrau hat wieder geheiratet, was meine monatlichen Fixkosten enorm senkt. Und ich habe mich entschlossen, ein, zwei Bilder zu verkaufen.«
Harriet hatte nur die nebulöseste Vorstellung, was seine Bilder wert waren, aber so wie er sich anhörte, war es offenbar viel.
»Ich habe sie vor Jahren einem amerikanischen Museum geliehen«, fuhr er fort. »Sie wollten sie kaufen, aber ich hatte das Gefühl, ich würde nie wieder etwas so Gutes malen, also wollte ich sie nicht abgeben.« Er betrachtete sie mit einem Blick, den man bei jedem anderen verliebt genannt hätte. »Aber das sehe ich heute anders. Und das bedeutet, ich habe endlich mal ein bißchen Geld. Ein Freund hat mir angeboten, in seinem Haus in Spanien zu wohnen. Genaugenommen ist es wohl mehr eine Höhle als ein Haus. Aber ich kann preiswert dort wohnen und malen, ohne Ablenkungen, bis ich genug Material für eine neue Ausstellung habe.«
Harriet trank einen Schluck Kaffee, weil ihr Mund sich staubtrocken anfühlte. »Verstehe.«
»Hier gibt es zahllose Dinge, die mich ablenken, Harriet.«
»Natürlich.«
»Nicht zuletzt die Tatsache, daß ich nicht weiß, wie lange ich dich noch mit dem Staubsauger durch meine Wohnung flitzen sehen kann, ohne dich zu verführen.«
Ihr Herz schlingerte. Er ging fort, deswegen wollte er sie nicht verführen. Es konnte doch nicht so schwer sein, ihn umzustimmen. »Und? Warum tust du’s nicht? Ich meine, ich hätte keine Einwände. Keine stichhaltigen.«
Leo lächelte. »Vielleicht nicht, aber ich bin nicht völlig unmoralisch, und ich muß auch an deine Arbeit denken.«
»Leo, ich habe keine Arbeit in dem Sinne. Ich bin nur eine ...«
»Du hast ein unglaubliches Talent. Und jetzt, da du nicht mehr pausenlos mit der Sorge um deinen Sohn beschäftigt bist, könnte es sich wirklich entwickeln. Wenn du genug Zeit und Platz hast, um ihm eine Chance zu geben. Und darum möchte ich, daß du hier wohnst, solange ich weg bin, und von früh bis spät malst.«
»Das kann ich mir nicht leisten.«
»Du brauchst mir nicht die Hypothekenraten für die Wohnung zu zahlen. Ich vermiete sie dir billig. Außerdem hat dein
Weitere Kostenlose Bücher