Wilde Rosen: Roman (German Edition)
Plastikplane unter das Ruder, während Ivan und Jed behutsam an den Seilen zogen.
Nach langem Grummeln und Fluchen rief Debra von drinnen, daß sie das schwarze Plastik durch die Lücke zwischen den Planken sehen könne. »Ich glaube, es hat geklappt!« verkündete sie.
»Ja!« Jethro schlug mit seiner Handfläche auf Mays. »Es hat funktioniert. Du bist brillant, May!«
»Es wird natürlich nicht ewig halten«, sagte sie.
Jethro schüttelte den Kopf. »Nein. Morgen früh schmier’ ich es mit Schnellzement zu.«
»Du solltest dir selbst den Gefallen tun, das Boot in die Werft zu geben«, bemerkte Ivan, der allein lebte.
»Und du bezahlst die Rechnung?« erkundigte Jethro sich mit nachsichtigem Sarkasmus.
»Entschuldige«, sagte Ivan ein bißchen beschämt. »Aber ich kann euch auf der Titan aufnehmen, wenn ihr wollt.«
May war plötzlich furchtbar müde. »Ich denke, ich geh’ nach Hause und seh’ nach, wie Harriet mit den Kindern zurechtkommt.«
»Ich komme mit«, sagte Debra. »Danke, Ivan. Wir wären dankbar für einen Platz zum Schlafen.«
Harriet, Juno und Spike schliefen alle tief und fest in Mays Bett. Debra nahm Spike auf, folgte aber Mays Vorschlag und ließ Juno liegen.
»Ich bring’ sie morgen früh rüber«, sagte May. »Ich glaube, Harriet muß zum Kunstunterricht, also wecken wir sie jetzt lieber nicht. Ich werd’ auf der Bank schlafen.«
Nach all der Aktivität fand sie mühelos in den Schlaf. »Müllsäcke«, murmelte sie, ehe sie davondriftete. »Ich muß welche besorgen. Sonst redet Sally nie wieder ein Wort mit mir.«
Hundert Meilen entfernt bereitete Sally sich darauf vor, James’ Einladung zu folgen und sein Bett zu teilen. Ich dachte schon, du würdest niemals fragen, dachte sie und war im Begriff, etwas Ähnliches, wenn auch weniger Unverblümtes zu sagen, als James fortfuhr: »Ich werde wunderbar zurechtkommen in Ihrem Zimmer.«
»Aber ...«
»Seien Sie unbesorgt. Ich bin nicht der Verführertyp.« Er zeigte dieses Lächeln, das bei Sally jedesmal einen Herzstillstand auszulösen drohte.
Sie spürte Tränen der Enttäuschung und Verlegenheit in ihrer Kehle. Sie hatte offenbar doch von Anfang an recht gehabt: Er wollte sie einfach nicht.
»Aber ich kann Sie doch nicht aus Ihrem Bett vertreiben. Sie haben mich nicht einmal eingeladen ...«
»Wirklich, es macht mir gar nichts aus. Hab’ ich Ihnen eigentlich das Bad gezeigt?«
Sally hatte unten eine Toilette gefunden, in der es nur so wimmelte von alten Reitstiefeln und tellergroßen Spinnen. Sie schüttelte den Kopf.
»Dacht ich’s mir. Es ist so furchtbar, daß ich für gewöhnlich vermeide, es jemandem zu zeigen, solange er oder sie noch flüchten könnte.« Er legte ihr für einen allzu kurzen Moment die Hand auf die Schulter. »Arme Sally. Sie lernen das Landleben wirklich von seiner harten Seite kennen.«
Sally trottete hinter ihm die Stufen hinauf. Es wäre weder hart noch kalt, wenn du mich nur in die Arme nehmen wolltest, sagte sie lautlos zu seinem Rücken. Und mit in dein Bett. Das war doch mal wieder typisch. Wenn sie einem Mann begegnete, den sie wirklich wollte, und zwar nur aus den richtigen Gründen, nicht aus den falschen, waren all ihre Verführungstechniken wirkungslos.
Sie hatte Sex nicht vermißt, seit Piers aus ihrem Leben verschwunden war. Und obwohl sie James wollte, war es vor allem die Sicherheit, die er verkörperte, nach der sie sich verzehrte. Sie wollte seine Arme um sich spüren, stark und tröstlich, er sollte sie an seine breite Brust drücken. Sie wollte, daß er sie sicher und warm hielt.
Das Badezimmer war zugig und trostlos und hatte große Ähnlichkeit mit dem in Onkel Joshuas Wohnung. Nur die Ritzen zwischen Fensterscheiben und -rahmen verhinderten, daß der Geruch überwältigend wurde. Die Toilettenbrille hatte einen Sprung, und die Schüssel war voller Grünspan, aber man hätte es nur gründlich putzen, anstreichen und vielleicht ein Holzregal aufhängen müssen, um es in ein authentisches Landhausbadezimmer zu verwandeln.
»Wenigstens gibt es jede Menge heißes Wasser«, bemerkte James. »Lassen Sie sich ein richtig heißes Bad ein, das wärmt Sie auf.«
Also hatte er ihr Zittern bemerkt. »Hm.«
»Und während Sie baden, lege ich eine Wärmflasche in Ihr Bett. Wenn ich mal dazu komme, will ich hier einen Radiator installieren, der vom Rayburn gespeist wird. Es wäre gar nicht so schwierig ...«
»Sie haben nur so viel anderes zu tun«, beendete Sally den Satz.
James
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