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Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Titel: Wilde Rosen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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und Sally entdeckte ein schwarzes Samthaarband und Perlenohrstecker. Es brauchte nicht viel Phantasie, um sich das fehlende Hermès-Tuch um ihren Kopf vorzustellen.
    Die junge Frau trat ein, ohne anzuklopfen, und kam geradewegs in die Küche.
    »James? Ah! Du meine Güte! Tut mir leid. James hat gar nicht erwähnt ...« Sie hatte strahlend blaue Augen.
    Sally lächelte scheu. »Ich bin Sally. Eine ... ähm ... Freundin.«
    Die Frau nahm Sallys Kleidung in Augenschein, und anders als die Männer zog sie ein paar Schlüsse. »Sie bräuchten ein Paar Jeans. Wollen Sie welche borgen?«
    »O ja, das wäre wunderbar. Ich hab’ ein bißchen überstürzt gepackt.«
    »Verstehe. Ich bin Lucy, James’ Schwester.«
    »Hätten Sie gern eine Tasse Kaffee?«
    Lucy war offenbar mehr als nur ein bißchen irritiert, daß eine Fremde ihr in dieser Küche, die sie als ihr Territorium betrachtete, einen Kaffee anbot, aber sie nickte. »Gern. Ich hole nur schnell die Kinder aus dem Wagen. Ich wollte eigentlich gar nicht bleiben.«
    Aber jetzt mußt du herausfinden, was in aller Welt dein kleiner Bruder hier angeschleppt hat und wie du ihn retten kannst, dachte Sally düster.
    Mit ein bißchen Glück würde James von seiner Kuh-Visite zurücksein, ehe Lucy mit ihrem Nachwuchs wieder hereinkam, aber das Glück hatte heute morgen anscheinend Wichtigeres zu tun. Lucy marschierte mit entschlossener Miene in die Küche, gefolgt von zwei verwirrten Kindern. »Das ist Gina«, verkündete Lucy und schob ein kleines Mädchen mit krausen blonden Haaren, blauen Augen und wunderbar rosigen Bäckchen nach vorn. »Und dies hier Augustus.« Augustus sah seiner Schwester fast zum Verwechseln ähnlich, nur waren seine Haare kürzer. Zwillinge lagen offenbar in der Familie.
    »Sie sind Zwillinge«, erklärte Lucy für den Fall, daß Sally diese Tatsache entgangen sein könnte. »Und wir wehren uns mit allen Mitteln dagegen, daß die Leute Augustus ›Gus‹ nennen, aber sie tun es ständig.« Lucy sah Sally vorwurfsvoll an, als hätte sie schon Gus zu ihm gesagt.
    »Oh.«
    »Setzt euch«, sagte Lucy zu Gina und Augustus. »Dann hol’ ich euch was zu trinken.«
    Sally kochte Lucy einen Kaffee, während diese einen Karton Orangensaft öffnete und ihn für die Kleinen stark verdünnte. Dann holte sie eine Plätzchendose aus dem Schrank und gab jedem einen trockenen Vollkornkeks. Sally war beeindruckt. Diese Kinder würden als Erwachsene ebenso schlank sein wie ihre Mutter. Bleibt zu hoffen, daß sie nicht ihre Neigung zu geplatzten Äderchen geerbt haben, dachte Sally gehässig. Das Leben an der frischen Luft konnte der Haut Furchtbares antun. Vielleicht sollte sie Lucy beiseite nehmen und sie über wirksame Gesichtspflege beraten.
    Lucy setzte sich und trank an ihrem Kaffee. »Wissen Sie, wo James ist?«
    Sally ließ sich ihr gegenüber nieder. »Er sieht mit irgend jemand namens Dave nach einer kranken Kuh.«
    Lucy tat Dave mit einer Handbewegung als bedeutungslos ab. »Ich bin gekommen, um zu hören, ob James einen Brief bekommen hat.«
    Sally zuckte die Schultern. »Ich habe keine Ahnung. Ich bin gerade erst aufgestanden.«
    »Natürlich. Nun, ich habe jedenfalls Post bekommen, und die Neuigkeiten sind nicht gut.«
    »Oh?« Was sagte man, um Mitgefühl und Interesse auszudrücken, ohne neugierig zu erscheinen?
    »Tja. Von Tante Sophie. Furchtbare alte Schachtel.« Lucy mochte auf dem Lande leben, aber sie sprach reinstes Londoner Yuppie-Englisch, wie jemand, der am Sloane Square aufgewachsen ist. »Die einzige in der Familie, die ein bißchen Geld hat.« Sie betrachtete Sally. »James hat keinen Penny, wissen Sie.«
    Das wußte Sally in der Tat, aber sie hatte den Eindruck, Lucy würde ihre Kenntnis von James’ finanzieller Lage nicht gutheißen, darum lächelte sie nur und sagte: »Oh?«
    Lucy nickte. »Wir hatten zwei Onkel, auch Zwillinge. Sie haßten einander. Der eine wohnte in London – in einem furchtbaren Schweinestall, wie ich höre. Der andere lebte hier. Und jeder war wild entschlossen, daß der andere nichts von seinem Geld bekommen sollte.«
    »Oh.« Sally fragte sich, ob es eine One-Woman-Show gab, wo die Frau auf der Bühne saß und auf tausenderlei verschiedene Weise immer nur »Oh« sagte. Die Rolle wäre ihr offenbar auf den Leib geschrieben.
    »Was dazu geführt hat, daß diese Farm viel zu wenig Kapital hat.« Lucy leerte ihren Becher mit einem leicht angewiderten Ausdruck. »Ich gehe lieber und suche James«, sagte sie

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