Wilde Saat
Comp a ny …«
»Ein Jammer«, meinte Doro. »Dann verdienst du ja nichts daran.« Der Mann rieb sich das stoppelbärtige Kinn. »Wie hoch ist dein Angebot?« Er pflegte sein mageres S a lair durch Geschäfte mit wilden Händlern wie Doro, die nicht der Company angehörten, aufzubessern. Vor allem mit D o ro. Es war ein gefährliches Geschäft, aber England war weit, und so leicht ließ Daly sich nicht fassen.
»Augenblick«, sagte Doro, dann wechselte er die Spr a che. »Anyanwu, ist dieser Junge allein? Oder sind noch andere Mitglieder deiner Familie dabei?«
»Er ist allein. Die anderen sind schon fort.«
»Wann?«
Anyanwu wechselte einige rasche Worte mit ihrem E n kelsohn, dann blickte sie Doro an. »Die letzten von ihnen wurden vor einigen Tagen an weiße Mä n ner verkauft.«
Doro stieß einen Seufzer aus. Er kam zu spät. Die Ve r wandten dieses Jungen waren verloren – so wie die B e wohner des Saatdorfes, nach dem Doro hatte schauen wo l len. Er drehte sich um und machte Daly ein Angebot für den Jungen. Ein Angebot, bei dem der Sklavenhändler sich die Lippen leckte. Er gab den Jungen ohne weiteren Wide r stand ab. Ein Ersatz für ihn war leicht zu finden.
»Nehmt ihm die Ketten ab!« befahl Doro.
Daly winkte einem seiner Männer, und der Mann befre i te den Jungen von seinen Fesseln.
»Ich schicke dir einen meiner Leute mit dem Geld«, ve r sprach Doro.
Daly schüttelte den Kopf und verließ den Schatten des Schutzdaches. »Ich werde mit dir gehen«, erklä r te er. »Es ist ja nicht weit. Deine Leute könnten auf dich schießen, wenn sie dich in dieser Gestalt erblicken und nur in Begle i tung von zwei anderen Schwarzen, die sie nicht kennen.«
Doro lachte und war einverstanden. Er wollte sowieso noch mit dem Händler über das verwüstete Saatdorf spr e chen. »Hast du Angst, ich könnte dich übers Ohr hauen?« fragte er. »Nach all der Zeit?«
Daly lächelte, streifte den Jungen, der neben Anyanwu ging, mit einem flüchtigen Blick. »Es wäre ein leichtes für dich, mich übers Ohr zu hauen«, sa g te er. »Du könntest mich sogar berauben, wenn du wolltest. Trot z dem zahlst du mir immer einen guten Preis. Wa r um?«
»Vielleicht, weil du klug genug bist, zu akzeptieren, was du nicht verstehst.«
»Dich?«
»Ja, mich. Was glaubst du, wer ich bin?«
»Ich halte dich für den Teufel persönlich.«
Doro lachte. Er ließ seinen Leuten immer die Freiheit, zu sagen, was sie dachten – solange jedenfalls, wie sie schwiegen, wenn er ihnen den Mund verbot. Und solange sie ihm gehorchten, wenn er ihnen e i nen Befehl gab. Daly hatte lange genug mit ihm zu tun gehabt, um das zu wissen. »Wer bist du denn?« fragte er den Händler. »Hiob?«
»Nein.« Daly schüttelte traurig den Kopf. »Hiob war ein stärkerer Mann.«
Doro blieb stehen und blickte ihn an. »Du bist z u frieden mit deinem Leben«, stellte er fest.
Daly sah zur Seite. Er scheute davor zurück, dem Blick zu begegnen, der ihn aus den Augen des Körpers traf, den Doro trug. Doro ging weiter, und Daly folgte ihm. Er wü r de Doro zu dessen Schiff folgen, und wenn Doro ihm das Geld für den jungen Sklaven aushändigen wollte, würde Daly sich weigern, es anzunehmen. Der Junge sollte ein Geschenk sein. Daly hatte noch nie eine Bezahlung aus Doros Hand angenommen. Aber er hatte immer seine G e sellschaft gesucht.
»Warum folgt das weiße Tier uns?« fragte Anyanwus Enkelsohn so laut, daß Doro es hören mußte. »Was hat er jetzt noch mit uns zu tun?«
»Mein Master muß ihm noch den Kaufpreis für dich zahlen«, antwortete Anyanwu. Sie hatte sich bei dem Ju n gen als entfernte Verwandte seiner Mutter ausgegeben. »Und außerdem arbeitet der Mann für ihn«, setzte sie hi n zu.
»Wenn der Weiße ein Sklave ist, weshalb muß man ihn dann bezahlen?«
Doro übernahm die Beantwortung dieser Frage selbst: »Weil ich das so will, Okoye. Ein Mann kann mit seinen Sklaven machen, was ihm beliebt.«
»Schickst du deine Sklaven aus, damit sie unsere Fam i lien töten und uns von zu Hause verschleppen?«
»Nein«, erklärte Doro. »Meine Leute kaufen und ve r kaufen die Sklaven nur.« Aber das war nur so, wenn Daly sich an seine Anweisungen hielt. Und das würde Doro bald wissen.
»Dann haben sie andere, die unsere Dörfer überfallen. Für mich ist das kein Unterschied!«
»Was ich meinen Leuten erlaube, ist meine Sache«, sa g te Doro.
»Aber sie …«
Abrupt blieb Doro stehen. Er fuhr herum und sah den Jungen an, der erschreckt
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