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Wilde Wellen

Wilde Wellen

Titel: Wilde Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sadlo
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konnte er sagen? Dass es ihm leid täte. Er wusste, das war nicht genug.
    Â»Ich werde alles in Ordnung bringen.«
    Wieso war es nur so schwer, die Wahrheit zu sagen? Wieso war es immer viel einfacher zu lügen? Aber war es das wirklich? War die Lüge nicht nur einen Moment lang der einfachere Weg? Um sich dann wie ein schwerer dunkler Schatten über alles zu legen? Als er mit ihr geschlafen hatte in jener Nacht, die sie als so wundersam und einzigartig erlebt hatte, hatte er da nicht daran gedacht, dass Sara in Paris war und glaubte, dass er ihr treu war? Hatte er nicht daran gedacht, wie es sein würde, ihr in die Augen sehen zu müssen? Hatte er nicht in dem Moment, als er Sara mit Marie betrogen hatte, auch Marie mit Sara betrogen? Die fiese Stimme in ihrem Ohr, die flüsterte: »… und was war mit Thomas?«, wollte sie überhören. Doch die Stimme wollte nicht verstummen. Sie hatte nicht an Thomas gedacht. Hatte nicht daran gedacht, dass sie ihn betrog. Hatte nicht daran gedacht, wie es sein würde, wenn sie ihm wieder gegenüberstehen würde. Er war in jenem Moment aus ihrem Leben ausgeblendet gewesen, so als hätte es ihn nie gegeben. War das nicht noch gemeiner?
    Â»Bring mich nach Hause.«
    Sie wollte raus aus dieser Situation. Wollte aufhören zu grübeln, wollte diesen Gedanken entfliehen, die am Ende darauf hinauslaufen würden, dass sie nicht besser war als der Mann, dem sie vorwarf, ein Lügner zu sein. Und nach dem sie sich so sehnte.
    Die Fahrt auf dem Motorrad mit Paul war eine Qual für Marie. Aber gleichzeitig hoffte sie, dass sie nie aufhören würde. Sie spürte durch Pauls Lederjacke sein Herz klopfen, sie fühlte seine Wärme. Roch den Duft seines herben Rasierwassers. Der Nebel hatte nichts Bedrohliches. Im Gegenteil, es war Marie, als schütze er sie vor der Realität. Einfach so weiterfahren. Immer nur weiter. Um dann am Ende der Nacht in einem anderen Leben anzukommen.
    Der Kuss, mit dem sie sich von Paul verabschiedete, als sie schließlich doch Michels Haus erreichten, war anders, als sie es geplant hatte. In dem Moment, als sie Paul einen leichten, unverbindlichen Kuss auf die Wange drücken wollte, wandte er ihr das Gesicht zu. Und es geschah. Ihre Lippen berührten die seinen. Und es riss ihr den Boden unter den Füßen weg. Paul, der ebenso überrascht war über die elektrisierende Wirkung des Kusses, griff ohne nachzudenken nach ihr. Zog sie an sich. Meine Güte, es stimmte doch alles. Es war doch so, wie es sein sollte. Mit einem leisen, glückseligen Seufzer ergab sich Marie ihrer Sehnsucht. Jetzt und hier war es gut. Alles andere würden sie regeln. Und danach würde es keine Probleme mehr geben.
    Der Nebel lichtete sich in dem Moment, als Caspar um die Ecke bog. Er war auf dem Weg zu Michel, wo er Marie anzutreffen hoffte. Sie hatte ihn angerufen und ihm dafür gedankt, dass er sie auf der Yacht seines Vaters hatte wohnen lassen. Das sei sehr nett von ihm gewesen. Aber jetzt sei sie wieder bei ihrem Vater. Und sie würde wohl noch ein paar Tage bleiben. Sie war einfach gegangen. Hatte ihn mit seinem Champagner und den in Schokolade getauchten Erdbeeren, die er extra als Nachtisch noch besorgt hatte, auf der Yacht zurückgelassen. Und mit seiner schmerzenden Sehnsucht. Er war noch nicht wieder ganz klar im Kopf, als er vor Michels Haus ankam. Vielleicht sollte er noch warten, bis er mit ihr redete. Es war wahrscheinlich ein Fehler, wenn sie ihn so sah. Er hatte den Champagner allein getrunken und die noch mehr als halb volle Flasche Wodka, die er in der Bar gefunden hatte, mit ein paar seiner Pillen hinterhergeschüttet. Nur so konnte er den Schmerz, den dieses Messer verursachte, das in sein Herz gebohrt worden war, einigermaßen ertragen. Aber er musste sie sehen. Er musste ihr Lächeln sehen. Ihre Stimme hören. Dieses Lachen, das ihm so gefiel. Alles würde gut sein, wenn sie bei ihm wäre.
    Aber sie war nicht bei ihm. Unter dem vom Nebel noch verwaschenen gelben Licht der Straßenlaterne sah er Marie in den Armen eines anderen. Marie! Er ging keuchend in die Knie, versuchte krampfhaft, sich irgendwie an der Mauer festzuhalten. Das konnte nicht sein. Sie gehörte ihm. Wieso stand sie da und küsste diesen Fremden?
    Â»Marie!« Sie blieb stehen, bevor sie Michels Haus erreichte. Aus dem Dämmerlicht tauchte Caspar auf. Er war blass. Sein Blick flackerte, als

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